Wikinger meiner Traeume - Roman
Rycca of Wolscroft. In der Normandie kam mir ein beunruhigendes Gerücht zu Ohren, das sie betraf, und nun will ich mich vergewissern, dass sie in Sicherheit ist.«
Beunruhigende Gerüchte, die sich um Rycca drehten? Erstaunlich... Dragon unterdrückte ein Grinsen. »Ihr heißt...«
»Thurlow. Und Ihr?«
Jetzt konnte Dragon sein Lächeln nicht länger verhehlen. »Ah, das ist eine lange Geschichte...«
Etwa eine Stunde später blickte Rycca in der großen Halle von der letzten Truhe auf, die sie soeben gepackt hatte. Ihr geliebter Ehemann ging auf sie zu – an der Seite ihres geliebten Bruders. Langsam erhob sie sich. »Th – Th – Thurlow...?«
Sein Gesicht, ihrem eigenen so ähnlich, strahlte vor Freude. »O Rycca, liebste Schwester! Welch ein Segen, dich unversehrt anzutreffen!«
Stürmisch umarmten sie sich, und Dragon, der die Wiedervereinigung der Zwillinge arrangiert hatte, schaute so zufrieden zu, wie es ihm angesichts der heftigen Zärtlichkeiten gelang.
»Das – das verstehe ich nicht«, würgte Rycca hervor. Die Stimme gehorchte ihr kaum. Tränen verengten ihre Kehle und brannten in ihren Augen. Trotzdem lächelte sie überglücklich. »Warum bist du hier?«
»In der Normandie hörte ich, du seist vor der Hochzeit geflohen, zu der dich König Alfred verpflichtet hat.« Vorwurfsvoll schüttelte Thurlow den Kopf. »Was hast du dir bloß dabei gedacht? Dragon ist ein wundervoller Mann. Wieso wolltest du ihn nicht heiraten?«
Über der Schulter ihres Bruders warf sie dem »wundervollen Mann« einen Blick zu, der jeden anderen vernichtet hätte. Dragon hob nur seine Brauen und spielte die gekränkte Unschuld.
»Nun, es war etwas komplizierter, als er dir’s vermutlich erklärt hat«, erwiderte sie.
»Unsinn!«, protestierte Thurlow mit dem arroganten Selbstbewusstsein eines jungen Grünschnabels, der aber sein Herz auf dem rechten Fleck hatte. »So innig ich dich auch liebe – wie wir beide wissen, bist du manchmal ein bisschen impulsiv. Zu meiner maßlosen Erleichterung wird dir das dein Gemahl gewiss austreiben – und gut für dich sorgen.«
Lachend streckte Rycca eine Hand nach Dragon aus, die er sofort ergriff. »So wie ich für ihn sorge, mein Bruder.« Nachdem sie den Mann, den sie über alles liebte, einige Sekunden lang träumerisch betrachtet hatte, wandte sie sich wieder zu Thurlow. »Hat er dir erzählt...?«
»Von unserem Vater? O ja«, bestätigte er seufzend. »Ich werde für seine Seele beten. Zweifellos war sein Tod auf der Reise nach Winchester ein Unfall.«
Obwohl sie sich nicht sicher war und die Wahrheit wohl niemals erfahren würde, nickte sie. Nun, vielleicht hatte Wolscroft in seiner Panik tatsächlich einen Fluchtversuch gewagt. Aber sein tödlicher Sturz von derselben Klippe, die ihr den Weg in die Freiheit geebnet hatte, deutete auf die dunkelsten Seiten seiner Seele hin. War er freiwillig aus dem Leben geschieden?
Wie auch immer – sie hoffte, sein Schöpfer würde ihm Gnade erweisen.
»Und unsere Brüder wurden ins Exil geschickt«, fuhr Thurlow fort, immer noch verblüfft, weil die Familie, die Rycca und ihn selbst jahrelang gepeinigt hatte, einfach verschwunden war.
»Jetzt bist du der Herr von Wolscroft«, betonte sie. »In deiner Obhut werden die Mercier einer glücklichen Zukunft entgegengehen.«
Er nickte, überwältigt von der schweren Verantwortung, die er so plötzlich und unerwartet übernehmen musste, aber fest entschlossen, das Beste daraus zu machen.
Nun wandte sich Rycca von ihrem Bruder ab und eilte zu ihrem Mann. In der Geborgenheit seiner Arme sah sie Wolf und Cymbra die Halle betreten. Der Lord von Sciringesheal trug den kleinen Lion, und alle drei lachten über irgendetwas. Kurz danach gesellten sich auch Krysta und Hawk hinzu, der seinen Sohn Falcon an seine Brust drückte.
Die Sonne glitt hinter einer Wolke hervor, schien durch die hohen Fenster in die Halle und erfüllte sie mit goldenem Glanz. Da gewann Rycca den Eindruck, die Welt würde beinahe stillstehen. Vor ihren Augen schwebte ein Staubkorn, wirbelte und tanzte und enthüllte in seiner Schlichtheit das Wunder eines zeitlosen Moments, von Liebe und Frieden erfüllt.
Dann zog Dragon ihre Hand an die Lippen, und sie spürte den Kuss in der Tiefe ihrer unsterblichen Seele. Die Zeit setzte ihren üblichen Lauf fort und nahm sie beide mit. Doch sie wusste, jener Moment würde für immer in ihrer Erinnerung haften bleiben – unvergänglich.
O ja, die Friedensstifter waren
Weitere Kostenlose Bücher