Wikinger meiner Traeume - Roman
immer gerade zur Hand gewesen war. Würde ihr Ehemann sie genauso behandeln?
»Wozu brauchst du das?« In Ryccas eigenen Ohren klang ihre Stimme laut und schrill.
Als wollte er die Beschaffenheit des Gürtels prüfen, drehte er ihn hin und her. »Ich möchte keine nächtlichen Überraschungen erleben.«
»Überraschungen?«
»Bist du nicht hungrig?« Er kam zu ihr. In dem kleinen Zelt, an Bord des Schiffs, auf dem Meer gab es keinen Ausweg. »Dann streck deinen Arm aus.« Sie musste aufstehen, zumindest einen Schritt zurückweichen, nachdenken... »Warum?«
»Keine Widerworte! Wir ankern vor der Normandie. Glaubst du wirklich, ich würde dir eine Gelegenheit zur Flucht geben.«
Entgeistert blinzelte sie. Was würde er ihr antun? Wollte er sie schlagen, damit sie nicht davonlaufen konnte? »Das – das ist nicht nötig«, stammelte sie.
Dragon sah ihre blicklosen Augen, lauschte den mühsamen Atemzügen. »Rycca...«
Plötzlich straffte sie die Schultern, kehrte zurück aus den Tiefen eines seltsamen Orts, der ihr Geheimnis blieb, und fauchte ihn an: »Das nimmst du nur zum Vorwand, um mir wehzutun! Du verabscheust meinen Vater, mit gutem Grund. Aber er verhielt sich genauso wie du. >Rycca, du bist respektlos. Rycca, schau nicht so aufsässig drein. Rycca, du gehorchst nicht schnell genug... < Immer hatte er irgendetwas an mir auszusetzen. Es sei denn, er war betrunken – dann brauchte er natürlich keinen Vorwand. Betrinkst du dich auch manchmal, Dragon? Muss ich dann das Schlimmste befürchten?«
»Tod und Teufel, Rycca...« Dieser christliche Fluch kam ihm so leicht über die Lippen wie ihr Name. »Lass den Unsinn! Noch nie habe ich eine Frau geschlagen, und ich werde es auch nicht tun. Ich will dich nur an mich festbinden, während wir schlafen.«
»Alle Männer schlagen die Frauen.«
»Nicht alle – weder Wolf noch Hawk oder ich. Und kein Mann, der in meinen Diensten steht, wagt eine Frau zu misshandeln, sonst bekäme er meine Fäuste zu spüren. Immerhin sind die Frauen das schönste Geschenk der mächtigen Götter.«
»Es gibt nur einen Gott.«
»Also gut, dann sind sie eben sein schönstes Geschenk.«
Um ihre Mundwinkel bebte ein schwaches Lächeln. »Aber den Mann erschuf er zuerst. So steht es in der Heiligen Schrift.«
»Wahrscheinlich, weil er üben wollte. Jetzt streck deinen Arm aus. Bringen wir’s hinter uns.«
Statt zu gehorchen, starrte sie ihn an, als würde sie ihn zum ersten Mal sehen. Schließlich wisperte sie: »Ich kann nicht schwimmen.«
»Was?« Hätte sie erklärt, sie sei stumm oder lahm, wäre er genauso verblüfft gewesen.
»Ich kann nicht schwimmen«, wiederholte sie. »Daran solltest du denken, falls dir mein Versprechen, keinen Fluchtversuch zu unternehmen, nicht genügt. Selbst wenn wir vor der Normandie ankern – für mich ist sie unerreichbar.«
»Aber – du kannst reiten.«
»Natürlich, jeder kann reiten.«
»Und jeder kann schwimmen.«
»Ich nicht. Wo ich aufwuchs, gibt es nur Flüsse. Allzu viele Leute schwimmen nicht darin. Ich habe es nie gelernt.«
Erleichtert seufzte er auf. Er hatte den Gedanken gehasst, Rycca an sich zu fesseln, aber keine andere Möglichkeit gesehen. Dass sie nicht schwimmen konnte – darauf wäre er nie gekommen. »Natürlich musst du schwimmen lernen«, entschied er und legte den Gürtel in die Truhe zurück.
»Ja, Mylord.« So demütig hatte sie noch nie mit ihm gesprochen. Doch er hörte auch einen gewissen Humor aus ihrer Stimme heraus, der sein Herz erwärmte. Trotzdem war die Angst, sie würde fliehen, noch nicht restlos verflogen. Rycca zu verlieren, wäre – schmerzlich.
»Iss und geh schlafen«, murmelte er. »Selbst wenn du noch nicht müde bist – für mich war es ein langer, anstrengender Tag.« Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, zog er seine Sandalen aus und legte sich aufs Bett, das viel schmaler war als das breite, luxuriöse Lager in Hawkforte.
Wie warm es hier draußen auf dem Meer war... Sie hatte gedacht, es müsste kühler sein. Aber ihr Körper schien zu glühen. Sie aß die Schüssel leer und trank den Apfelwein bis zum letzten Tropfen. Dabei ließ sie sich viel Zeit. Da er müde war, würde er bald einschlafen. Aber nachdem sie den Becher beiseite gestellt hatte, beobachtete er sie immer noch, und ein kaum merkliches Lächeln umspielte seine Lippen.
Weil sie etwas zu lange zögerte, hob er eine Hand, gebieterisch und ermutigend zugleich. »Komm ins Bett, Rycca.«
Sie gehorchte zaudernd
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