Wild auf Fußball
Kühlschrank, sagt: »Dann unterhalte ich mich eben
selbst.« Sie stellt das Radio an. Ella geht in ihr Zimmer. Lino in seins.
Abends, im Bett, kann Ella nicht einschlafen. Sie lauscht den Autos auf der Straße nach, hört Fernsehstimmen aus dem Wohnzimmer.
Aus Linos Zimmer kommen keine Geräusche. Schläft er etwa schon?
Ob er wirklich mit ihr angegeben hat? »Toughe Mittelstürmerin«, hat Jurek gesagt. Ob Lino wirklich so von ihr geschwärmt hat?
Sie hat Lino noch nie schwärmen hören. Immer nur meckern. Er hatüber seine besten Spieler geschimpft. Deshalb hatte Malle auch als Erster die Schnauze voll. Aber in Linos neuer Clique scheint
er nicht so viel zu sagen zu haben. Da ist dieser Jurek der Chef, eindeutig, und es scheint Lino gar nicht schlecht zu gehen,
wenn mal jemand anders bestimmt. Es macht ihn irgendwie sanfter.
Ella dreht sich von einer Seite zur anderen. Sie kann einfach nicht einschlafen. Und jetzt fängt es auch noch an zu regnen!
Wassertropfen prasseln gegen die Scheibe. Wenn sie die Augen zumacht, sieht sie Lino noch auf der Museumstreppe, völlig ins
Üben vertieft.
Sie wirft die Decke zurück, schleicht sich aus dem Bett, aus dem Zimmer, geht auf Zehenspitzen über den Flur, lauscht an Linos
Tür. Nichts. Kein Geräusch.
Sie würde sich gern zu ihm ins Bett kuscheln. Das hat sie schon lange nicht mehr gemacht. Früher hat er sie immer beschützt,
ihr großer Bruder, vor Geistern und Vampiren, und er hat versucht, ihr selbst in den Hals zu beißen, bis sie völlig vollgesabbert
war und beide vor Lachen erschöpft waren. Lange her.
Ella guckt durchs Schlüsselloch. Zugeklebt. Vorsichtig legt sie die Hand auf die Klinke. Das Eisen ist kühl in ihrer Hand.
Sie bekommt eine Gänsehaut. Und Herzklopfen. Sie lässt die Klinke wieder los und huscht zurück in ihr Zimmer.
Der Himmel ist so grau wie die Straße. Es hat die ganze Nacht geregnet. Ella konnte kaum schlafen, wie soll man auch, vor
so einem großen Spiel, wenn noch nicht mal geklärt ist, wer wo spielt und ob Lino nun einspringt und ob der ganze Platz nicht
unter Wasser steht.
Jetzt ist es kurz nach zwölf, der Platz steht nicht unter Wasser, ist aber sehr aufgeweicht. Das wird auf jeden Fall eine
Schlammschlacht werden. MM Victoria probiert in der Turnhalle die neuen Positionen aus, um 14 Uhr soll das Spiel beginnen.
Bonita geht ins Tor und Ella spielt als Mittelstürmerin. Das ist klar. Sonst ist nichts klar, denn Lino ist noch nicht da.
Ella hat ihn am Morgen nicht gesehen und sich nicht getraut, in sein Zimmer zu gehen, um ihn zu wecken.
Malle fuchtelt zwischen den Spielern mit seinem Gipsarm herum. Er will unbedingt, dass Carmen mit Ella im Sturm spielt - wenn
Lino nicht kommt.Herr Kübel findet, José wäre da besser. Ella versucht, den Ball auf dem Fuß zu behalten, aber er fällt ihr andauernd runter.
Ihre Beine fühlen sich taub an, wie eingeschlafen, und auf den Ball konzentrieren kann sie sich auch nicht. Die Turmuhr schlägt
halb eins, von Lino keine Spur. Wutschauer rieseln über Ellas Nacken. Kann man sich auf den Mistkerl wirklich nicht verlassen?
Um Viertel vor eins geht die Tür zur Turnhalle auf und Lino kommt rein, schnappt sich einen Ball und fängt gleich an, sich
warm zu machen. Herr Kübel, Frau Wilms und Malle nähern sich ihm langsam, als wäre er eine bissige Hyäne. Ella klopft das
Herz wie verrückt. Am liebsten würde sie vor Freude die Arme in die Luft reißen und laut schreien, aber immer schön cool bleiben,
sonst bildet sich der Affe noch was ein.
»Hey, Lino, das ist ja echt riesig von dir, dass du gekommen bist«, sagt Frau Wilms und der Kübel grummelt auch irgendwas.
Sie schütteln sich die Hände. Dann stehen sich Lino und Malle gegenüber und geben sich auch die Hand.
Gott sei Dank!
Ella kriegt mit, wie Malle ihm die Mannschaftsaufstellung erklärt.
»Diesmal machen wir sie fertig«, sagt Lino nur und blinzelt zu Ella rüber. Ella tut so, als wäre sie mit dem Ball beschäftigt
und hätte nichts gehört.
Herr Kübel läuft wie ein aufgescheuchtes Huhn von einem zum anderen und gibt die letzten Anweisungen. In einer halben Stunde
werden die Gäste erwartet - oder vielmehr die Gegner.
»Die haben fußballtechnisch alles drauf«, wiederholt Malle, wieder und wieder. »Und sind mit allen Wassern gewaschen. Die
gucken Trainingsvideos und kennen alle Tricks. Der Libero ist sogar die letzten drei Spiele gesperrt worden, weil er
Weitere Kostenlose Bücher