Wild auf Fußball
gießt sich Kaffee ein und seufzt schon wieder. »Nur einmal in Ruhe frühstücken ... ganz normal, wie in anderen Familien auch. Was würde ich darum geben!«
»Was denn?«, fragt Ella.
»Euch zum Beispiel«, sagt Mama.
Auf dem Schulweg gehen sie hintereinander her. Lino will das neuerdings so, er will nicht mit seiner kleinen Schwester gesehen
werden, erst recht nicht auf dem Fußballplatz. Dabei haben sie letzten Herbst noch wie die Verrückten zusammen gebolzt. Ella
kickt einen Stein weg. Kleine Schwester, pah! Sie ist nicht mal ein ganzes Jahr jünger als Lino, nur elf Monate und fünf Tage,
wenn man's genau nimmt. Und es dauert nicht mehr lange, dann wird sie auch elf und ist drei Wochen lang elf mit ihm. Und es
dauert auch nicht mehr lange, dann ist sie gleich groß wie er. Fehlen nur noch ein paar Zentimeter! Und es ist ein verdammter
Mist, dass sie überhaupt keinen mehr hat, mit dem sie Fußball spielen kann.
An der nächsten Ecke kommen ein paar von Linos Fußballkumpels dazu. Sie gehen zu dritt vor Ella her - natürlich mit Ball.
Sie kicken, rennen, drängeln sich. Ella will nicht hinter den Hornochsenhergehen. Sie überquert die Straße und geht auf der anderen Seite weiter. Nun ist sie auf gleicher Höhe mit den Jungs. Die
beiden Fußballkumpels schauen zu ihr rüber. Sie streckt ihnen die Zunge raus. Die Jungs gucken weg. Dann gucken sie wieder.
Einer läuft gegen die Laterne. Boing! Ella grinst. »Schönen Gruß an die Beule!«, ruft sie über die Straße und fängt an zu
hüpfen. Mit solchen Luschen kann man natürlich nichts gewinnen, nicht mal einen selbst gespendeten Pokal!
Im Nu ist sie verschwunden, um die Ecke, an der Turnhalle vorbei, schnell über den Platz geflitzt zum Eingang der Schule.
Die Jungs schleichen gerade erst durchs Tor. Die anderen Fußballer vom 1. FC Südtiger sind auch schon da. Hoffentlich kommen sie am Nachmittag nicht wieder mit zu Lino. Letztes Mal haben sie erst
die Kekse aufgefuttert, dann alle getrockneten Fruchtstückchen aus dem Müsli gefischt und Georg, Rechtsaußen, hat voll neben
das Klo gepinkelt.
Was müssen sie auch immerzu besprechen? Lino will das so, schließlich ist er der Mannschaftskapitän und Trainer. Er hat die
Mannschaft vor einem halben Jahr auf die Beine gestellt und sogar Karteikarten von allen Spielern angelegt. Und dann haben
sie alle möglichen Mannschaften zu Spielen herausgefordert, von Vereinen und von anderen Schulen. Lino wollte, dass alle Respekt
und Angst vor den Südtigern bekommen, und sichdann als Schulmannschaft beweisen, um die Meisterschaft zu gewinnen.
Zuerst lief es ganz gut, aber dann haben sie andauernd verloren und gegen Bornsloh 03 haushoch. Die Bornsloher sind nämlich
die richtigen Kracher, mit Jungs und Mädchen. Und Lino hatte vorher überall herumposaunt: »Denen haun wir in der ersten Halbzeit
schon das Tor voll, dass die nicht mehr wissen, wie sie heißen«, aber dann haben die Südtiger 4:1 verloren und bei der Revanche
gleich noch mal 4:2. Seitdem gibt es Unstimmigkeiten in der Mannschaft. Lino und Malle haben sich zerstritten und ein paar andere haben nun auch
keine richtige Lust mehr, zu den Südtigern zu gehören. Nur Georg, der Pinkler, und der, der eben vor die Laterne gelaufen
ist, halten noch richtig zu Lino. Andauernd treffen sie sich und besprechen die Lage. Aber eine Fußballmannschaft muss zusammenhalten
und soll Fußball spielen und nicht rumlabern. Kein Wunder, wenn die Tiger die letzten Spiele versiebt haben. Zum Glück sind
es nur selbst organisierte Freundschaftsspiele, als Schulmannschaft wären sie spätestens nach der Bornsloh-Blamage ausgeschieden.
Peinlich, auch für Ella. Neuerdings muss sie sich nämlich so dumme Sprüche anhören wie: »Na, ist dein Bruder auf dem absteigenden
Ast?« Oder: »Seit wann spielt Lino denn in der Altherrenmannschaft?«
Wenn dieser Hirni bloß nicht so störrisch wäre und sie mitspielen lassen würde! Wird schon sehen, was er davon hat!
Ella geht durchs Treppenhaus. Ein Schüler aus der zweiten Klasse spuckt vom vierten Stock ins Paterre. Als es unten platscht,
rennt er oben weg.
In der Klasse trifft sie Carmen, Svenja und Steffi. Sie reden über die Muster ihrer Strumpfhosen. Ella hat immer Hosen an.
Deshalb weiß sie nichts über Strumpfhosen zu sagen. Nachdem sie die drei begrüßt hat, geht sie noch mal aufs Klo, in die dritte
Kabine. Das ist ihre Lieblingstoilette, die hat ein Fenster und
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