Wildes Herz
blinzelte ich nur, einmal, zweimal, ein drittes Mal, aber es geschah wirklich!
Aarons Gesichtsschädel verformte sich. Die Konturen wurden kantiger und die Linien seiner Kiefer verschoben sich nach vorne, wirkten unproportional zu seinem restlichen Gesicht. Aus seinen Haarfollikeln spross dichtes Fell. Begleitet von lautem Krachen, brachen seine Knochen, um sich nur Sekundenbruchteile später, neu zu formieren. Seine Gliedmaßen bogen sich grotesk und formten Läufe. Binnen Sekunden stand ein prachtvoller Wolf vor mir, der doppelt so breit war wie ich und auch sicher zweimal so schwer. Seine zerrissene Kleidung lag neben ihm auf dem Boden. Sein Pelz war blond wie Wüstensand und er sah aus wie ein Löwe. Dicht und üppig umgab sein Fell in einer breiten Krause sein Gesicht, wie eine Mähne. Aus getrübten, hellblauen Augen sah der imposante Wolf mich an und kläffte kurz. Na ja, ein Kläffen war es nicht wirklich. Bellen konnten Lykaner nicht. Das überließen wir unseren domestizierten Artverwandten. Aaron lud mich ein, mit ihm zu laufen. Ich kam seiner Einladung nach, preschte voraus und hängte ihn zuerst ab, war ich schlanker und dadurch wendiger. Doch Aaron hatte einfach die längeren Läufe. Wenn er einen Schritt tat, musste ich zwei oder gar drei tun.
Wir liefen einige Zeit, als Aaron plötzlich abrupt stehen blieb. Ich konnte nicht mehr rechtzeitig anhalten und lief auf ihn auf. Ein Zittern bemächtigte sich seines gewaltigen Körpers. Wie ein Neuling konnte er den Wolf nicht lange halten. Sein Körper verlor die Integrität. Aaron glitt recht ruckelig und unter starken Schmerzen in seine menschliche Form zurück. Hoffentlich hatte es auch nicht die gleichen Nachwirkungen, wie bei einem Neuling. Nein, alles an ihm schien heil, bis auf die Schulter. Er atmete keuchend und griff sich an sein geschundenes Gelenk. Die Schusswunde sah bei Weitem besser aus, als noch am heutigen Morgen.
Meine Wandlung lief deutlich harmonischer ab. Binnen weniger Augenblicke war ich wieder Mensch und zog mich hastig an. Aaron gab ich eine Shorts und ein simples weißes Shirt, die ich für den Notfall immer in meinem kleinen Rucksack dabeihatte. Es saß lächerlich eng an ihm, aber mit einem nackten Mann im Schlepptau, wollte ich sicherlich nicht bei den anderen aufkreuzen.
„Wurdet ihr angegriffen?“, fragte Tank alarmiert.
„Er trägt ihre Klamotten“, bemerkte Jen süffisant grinsend. „Warum sollte er sich umziehen, wenn sie angegriffen wurden, mein Lieber?“
„Du denkst doch nicht etwa …“ Ich fauchte sie wütend an. „Riechst du Sex, du Pute? Nein! Er ist nicht MEIN. Chris ist MEIN.“ Himmel, hatte ich das gerade laut gesagt? Ja, denn Enya griente mich breit an. Mir schoss das Blut schlagartig in den Kopf. Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken, doch es tat sich kein Loch unter mir auf.
„Ich habe den Wolf gemacht“, lallte Aaron, als wäre er auf einem verdammt guten Trip und richtiggehend high. „Sie hat meinen Wolf hervorgelockt, ihn irgendwie befreit. Der Fluch wurde mit Blut besiegelt und mit meinem Blut und ihrer Macht … Es hat geklappt, mein Wolf ist wieder da!“ Das Grinsen auf seinem Gesicht wurde immer breiter und ich freute mich ehrlich mit ihm.
„Ich habe Hunger, tatsächlich!“ Aaron lachte aus vollem Hals. „Könnte eine ganz Kuh verspeisen und würde sie sogar drin behalten können, denke ich!“
„Kann ich nicht mit dienen, aber wir besorgen dir was zum Essen.“ Jen strahlte mich dankbar an, dabei wusste ich gar nicht, was ich getan hatte. Sie reichte Aaron einen riesigen Schokoriegel fürs Erste, den er sofort gierig, fast mit dem Papier verschlang.
„Es tut gut, ihn so zu sehen.“ Tank legte seinen riesigen Arm um meine Schultern. Ich ging unter seinem Gewicht in die Knie und hätte mich fast geduckt, schüchterte mich seine Dominanz für einen Moment ein. Er nahm seinen Arm nicht von meiner Schulter und sah mich wissend an. „Ich habe schon so oft geprügelte Hunde gesehen. Es nicht zu erkennen … Aber ich mag die Wischi-Waschi-Methode nicht. Zurückhaltung ist nicht meines. Du musst es ertragen können, Meg.“ Ganz frech übernahm Tank den Spitznamen, den Angel mir angehängt hatte. „Du kannst es ertragen. Ich will dir nicht böse! Keiner von uns will dir etwas tun.“ Der Kuss auf meine Schläfe war überraschend, hatte ich ihm KEINE Körperprivilegien erteilt. Doch Tank war der Typ, der sie sich einfach nahm und wenn es seinem Gegenüber nicht passte, halt
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