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Wildhexe 1 - Die Feuerprobe

Wildhexe 1 - Die Feuerprobe

Titel: Wildhexe 1 - Die Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lene Kaaberbol
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schimpfte und protestierte, bis ihr Vater sie schließlich beiseitegezogen und lange und streng mit ihr gesprochen hatte.
    Warum war es ihr so wichtig gewesen, dabei zu sein? Ausgerechnet ihr, der die Kälte doch so verhasst war. Hatte sie mich unterstützen wollen, oder war es ihr darum gegangen, nicht zu verpassen, wie ich verlor?
    Chimära stand ganz in meiner Nähe, so nah, dass ihre Flügel mich fast berührten.
    »Ich hoffe, du bist bereit, Hexenkind«, zischte sie kalt. »Jetzt ist es zu spät, um wegzulaufen …«
    Ich schielte zu ihr rüber. Wusste sie …? War ihr klar, wie nah ich dran gewesen war, einfach abzuhauen? An ihrem triumphierenden Blick erkannte ich, wie überzeugt sie davon war, dass ich es nicht schaffen würde.
    Ich hoffte, dass sie sich irrte, aber ich hatte schreckliche Angst, sie könnte recht behalten.
    »Lasst die Prüfung beginnen«, sagte Thuja, und der Nachthimmel füllte sich mit winzig kleinen, glühenden Punkten.
    In einem fantastischen Lufttanz wirbelten sie um uns herum wie ein lebendiges Feuerwerk.
    »Oh!«, rief ich unwillkürlich. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass diese Fliegen so schön aussehen würden.
    Einer der Feuerpunkte schwebte für einen Augenblick genau vor meiner Nase, sodass ich die zarten Flügel und den großen, leuchtenden Hinterleib sehen konnte, dann war er schon wieder weg. Aber ein anderer streifte meine Hand.
    »Aua!« Ich schaffte es gerade nicht mehr, den Ausruf herunterzuschlucken, und Chimära lächelte herablassend. Sie fing eine der funkelnden Feuerfliegen mit der Hand und hielt sie fest, nur um zu zeigen, dass sie es konnte. Ich hörte die Fliege zwischen ihren knochigen Fingern brummen und summen. Dann ließ sie sie wieder frei.
    Meine eigene Hand brannte noch immer. Es war nur ein leichter Schmerz, aber es war ja auch nur eine Feuerfliege gewesen. Was mochte passieren, wenn alle gleichzeitig auf mir landeten? Es waren Tausende, vielleicht Millionen.
    Die sieben Rabenmütter begannen zu summen, und sofort beendeten die Feuerfliegen ihren Tanz. Stattdessen fingen sie zu kreisen an, sodass ihr Feuer eine Art Wirbelwindtunnel in der Luft bildete.
    »Und da soll ich durchgehen?«, fragte ich.
    »Ja«, sagte Tante Isa. »Sie müssen dich sehen. Lass sie zu dir kommen. Sie verbrennen dich nicht, wenn du nicht versuchst, sie zu belügen.«
    Leichter gesagt als getan. Ich hatte doch eben selbst gespürt, wie sehr schon eine einzelne Feuerfliege brannte. Aber die Feuerfliegen waren die einfachste Prüfung, mahnte ich mich selbst. Danach würde es viel schlimmer werden.
    Ich machte einen Schritt auf den Feuerfliegentunnel zu. Nachdem es ja jetzt nun mal sein musste, wäre ich am liebsten so schnell wie möglich durchgerannt, aber das war keine gute Idee, hatte Frau Pomeranze mir gesagt. »Am besten gibst du ihnen Zeit, damit sie dich kennenlernen«, hatte sie behauptet.
    Ich machte einen Schritt in den Feuerfliegentanz. Es waren so viele, dass ich nichts anderes mehr sehen konnte als ihr Licht. Der Rabenkessel verschwand. Chimära, die Rabenmütter, Tante Isa und die anderen – sie alle waren weg, es gab nur noch mich und die Feuerfliegen.
    Und noch jemanden.
    Steh ganz still , flüsterte der Kater leise in meinem Kopf.
    Er war bei mir. Ich konnte ihn nicht sehen, er schlich sicher draußen in der Dunkelheit jenseits der Bäume herum, aber er war in meinem Kopf und ich war nicht alleine.
    Ich stand still. Hier war es wärmer als außerhalb des Tunnels. Viel wärmer. Ich fing an zu schwitzen. Aber obwohl die Feuerfliegen an mir vorbeistrichen und um mein Gesicht kreisten, um meine Haare und meine Hände, ließen sie sich nicht auf mir nieder. Und sie verbrannten mich nicht.
    Sie verbrannten mich nicht …
    »Ich lüge nicht«, sagte ich leise und vorsichtig. »Chimära ist es, die lügt!«
    Ich weiß nicht, ob sie es verstanden hatten. Aber mit einem Schlag waren sie weg. Der Tunnel löste sich auf, und sie flogen in einem letzten wilden Bogen über den Platz, dann waren sie verschwunden.
    In diesem Augenblick konnte ich Chimäras Gesicht wieder sehen. Ausdruckslos. Und vielleicht nicht mehr ganz so überzeugt davon, dass ich verlieren würde?
    »Clara Ask ist durch das Feuer des Himmels gegangen«, sagte Thuja, und ich bildete mir ein, dass ein Hauch von Zufriedenheit in ihrer Stimme mitschwang.
    Valla seufzte.
    »Ja«, sagte er. »Womit wir jetzt wohl allesamt gezwungen wären, bis zum Medusensee zu wandern. Und das bei diesen Wegverhältnissen

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