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Wildhexe 1 - Die Feuerprobe

Wildhexe 1 - Die Feuerprobe

Titel: Wildhexe 1 - Die Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lene Kaaberbol
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Gerechtigkeit.«
    »Nicht immer«, sagte Shanaia bitter.
    »Nein. Nicht immer. Aber oft. Vertraue auf die Natur, Clara. Und vertrau auf die Wildhexe, die in dir steckt.«
    Die Natur war ein Ort, an dem große Tiere kleine fraßen. Chimära war viel größer als ich. Ich hatte nicht die geringste Lust, auf die Natur zu vertrauen .
    »Die dritte Prüfung ist das Feuer der Erde«, sagte Herr Malkin. »Dabei musst du durch eine Grotte gehen, in der …«
    »Hören Sie auf«, sagte ich. »Seien Sie still! Ich will nichts mehr wissen. Ich komme ja doch nie durch diesen … Quallenpool.«
    »Clara …«, setzte Tante Isa an.
    »Nein. Ich will nicht mehr. Ich will nach Hause!«
    Ich stürzte aus dem Raum und knallte die Tür hinter mir zu. Der Kater schaffte es gerade noch hindurchzuschlüpfen, ohne sich den Schwanz einzuklemmen. Er fauchte mich unfreundlich an.
    »Fängst du jetzt auch noch an?«, fragte ich ihn. »Das Ganze ist doch sowieso nur deine Schuld, kapierst du das nicht? Hättest du mich in Ruhe gelassen, dann …«
    Dann wäre nichts von alldem hier passiert. Dann wäre ich immer noch Clara Ask aus der 5b, ganz gewöhnlich und ein bisschen schüchtern, mit ein paar Sommersprossen zu viel. Oscars beste Freundin und ein Mädchen, das mit seiner Mutter in der Merkurgade wohnte.
    Vielleicht sollte ich einfach abhauen. Ja. Einfach verschwinden, ohne jemandem etwas zu sagen. Mich irgendwo verstecken, bis sie nicht mehr länger nach mir suchten, und dann sehen, ob ich nicht alleine nach Hause finden würde. Nicht über die Wilden Wege, das traute ich mich nicht, aber der Rabenkessel musste doch verflixt noch mal auch irgendwo auf der ganz gewöhnlichen Landkarte verzeichnet sein, auf demselben Erdball wie unsere Wohnung, die Schule und die Stadt zu Hause. Konnte schon sein, dass es länger dauern würde, als wenn man die Wilden Wege benutzte, aber früher oder später würde ich ja wohl auf irgendwelche normalen Menschen treffen, die mir helfen konnten, auf ganz normale Weise nach Hause zu kommen. Mit dem Zug, dem Bus oder von mir aus mit dem Flugzeug, falls es sein musste.
    Ich rannte über den Platz zum Ausgang des Rabenkessels, zu dem Hohlweg, der zurück in den Wald führte. Aber bevor ich ihn erreicht hatte, stand der Kater plötzlich vor mir und versperrte mir den Weg.
    Nein , sagte er, drinnen, in meinem Kopf.
    »Geh weg«, sagte ich. »Verschwinde!«
    Aber er stand nur da, genauso groß und unbeweglich wie an jenem allerersten Regenwettermorgen vor der Kellertreppe. Er hatte nicht vor, mich vorbeizulassen.
    Fliehe nie, bevor du nicht gekämpft hast , flüsterte er. Einen Kampf zu verlieren heißt nur, dass der andere stärker ist als du. Aber fliehst du, ohne es versucht zu haben … dann ist der Feind besser als du. Und dann gewinnst du nie wieder. Niemals.
    So viele Worte hatte ich noch nie von ihm gehört.
    »Du bist eine Katze«, sagte ich. »Was weißt du schon von einer Sache wie dieser hier?«
    Alles , sagte er. Und dann machte er Platz, sodass ich leicht an ihm vorbeikonnte, wenn ich wollte.
    Ich hatte die Wahl.
    »Das ist echt gemein«, flüsterte ich. »Jetzt bin ich gezwungen zu bleiben.«
    Denn mir war klar geworden, dass er recht hatte. Wenn ich jetzt weglief, ohne es auch nur zu versuchen, dann hatte Chimära mich ein für alle Mal besiegt. Ich würde immer wissen, dass ich einfach abgehauen war. Dass ich nichts taugte. Dass sie und alle anderen wirklich größer, besser und klüger waren als ich. Dass ich nichts wert war.
    Dann lieber sterben .
    Ich konnte nicht sagen, ob es der Gedanke des Katers oder mein eigener gewesen war. Aber er war auf jeden Fall richtig.
    Als ich zurückkam, saßen die anderen zusammen und schauten zur Tür, als hätten sie auf mich gewartet. Kahlas Augen waren groß und schwarz, und ich konnte sehen, dass sie ein bisschen geweint hatte. Aber Tante Isa lächelte und nickte mir kurz anerkennend zu.
    »Okay«, sagte ich. »Erzählt mir von den beiden letzten Prüfungen.«

17  DAS FEUER DES HIMMELS

    Fackeln flackerten in der Dunkelheit und der Mond stand grau-weiß und groß über dem Rabenkessel. Die Raben saßen jetzt ganz ruhig in den Bäumen, und nur ab und zu schlug einer mit seinen schweren Flügeln. Auf dem Boden standen die Rabenmütter, aber auch eine gedrängte Gruppe von Zuschauern, die offenbar gekommen waren, um zu sehen, wie die kleine Clara Ask sich in den Feuerproben schlagen würde. Nur Kahla hatte keine Erlaubnis bekommen, obwohl sie dieses Mal

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