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Wildnis: Thriller - Band 2 der Trilogie

Wildnis: Thriller - Band 2 der Trilogie

Titel: Wildnis: Thriller - Band 2 der Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valentin Zahrnt
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Vorraum stand leer. Gelangweilt unterhielten sich die Angestellten in der Garderobe. Die Lichter sprangen auf Gelb um. Danach kämen noch Türkis und Orange, ehe sie wieder zu Blau gelangen würden. Jan hatte die Abfolge zigmal über sich ergehen lassen. Was für ein Kitsch! Die Amerikaner schafften es, jede Stimmung mit künstlichem Kaminfeuer, elektrischen Kerzen am Weihnachtsbaum und blinkender Neonwerbung in den Innenstädten kaputtzumachen. Außer der Strecke vom Flughafen zum Bungalow und von dort zum Show-Palast hatte er zwar bislang nichts vom Land gesehen, aber was davon nach Deutschland überschwappte, reichte ihm für ein Urteil über den amerikanischen Sinn für Ästhetik.
    Schritte näherten sich. Ein älterer Herr eilte um die Ecke. Unter seinem offenen Mantel trug er einen schwarzen Anzug und ein weißes Hemd. Sein Gesicht war verdeckt, da er sich gerade einen Hut aufsetzte und dessen Sitz mehrfach korrigierte. Jan hielt ihm einen Flyer entgegen. Der Mann senkte den Arm, wies Jan mit einem gereizten Blick zurück und lief weiter.
    Jans Atem stockte. Diese Rücksichtslosigkeit in den Augen ... Der Einsiedler!
    Er fuhr herum und nickte Tom zu. Der zögerte. Jan nickte vehement, woraufhin Tom das Kinn zum Mikrofon am Kragen senkte und „Zugriff! Alter in Schwarz“ flüsterte.
    Der Mann stieß die äußere Doppeltür auf und wurde sofort von mehreren Personen überwältigt und davongeschleift. Sie hatten ihn! Jetzt musste der Einsiedler nur noch der Mörder sein.
    Tom und Jan blieben auf ihren Posten und warteten. Das Einsatzkommando, das hinter der Bühne positioniert gewesen war, eskortierte Anna zum Ausgang. Sie winkte Jan zu und er entnahm der heiteren Geste, dass sie schon von der Festnahme gehört hatte. Die Gruppe verließ gerade das Foyer durch das glitzernde Portal, da stürmte Ralph herein.
    „ Großartig!“, rief er, als deklamiere er im Theater. „Wir haben ihn! Den Mäzen dieses hohen Hauses der Künste! Keine Umstände, jeder kann sich irren, und dass er nebenbei Ehrenbürger von Anchorage ist, sei‘s drum!“
    Am liebsten wäre Jan zwischen den Marmorplatten versunken. Er fuhr mit dem Blick das rosa Muster nach, das sich auf jeder zweiten Platte wiederholte. Beschämt folgte er Tom zum Ausgang. Als er an Ralph vorbeikam, murmelte er: „Er hatte so einen rücksichtslosen Ausdruck.“
    „ Ach so! Warum hast du das nicht gleich gesagt? Wenn wir ihm das erklären, ist er bestimmt versöhnt.“
    „ Ralph!“ Tom stellte sich schützend vor Jan und schob ihn hinaus. Im Wagen sagte er: „Was hat er nur? Er war schon immer aufgedreht und ein bisschen launisch, aber in den letzten Wochen ... Nehmt ihn nicht zu ernst.“
    Anna knuffte Jan mit dem Ellenbogen. „Guck nicht so! Du kannst nichts dafür.“
    „ Er hatte wirklich Ähnlichkeit mit dem Einsiedler.“
    „ Warum hast du ihm dann nicht eins auf die Nase gehauen?“
    „ Damit er dem Einsiedler nicht mehr ähnelt?“ Jan grinste und versuchte, sich über den Vorfall lustig zu machen.
    Anna verdrehte die Augen. „Ralph natürlich. Wenn er dich so fies anmacht, musst du gegenhalten.“
    Die Neonwerbung erhellte die Schneelandschaft. Jan blickte aus dem Fenster. „Er hat bestimmt viel Druck von oben.“
    „ Klar. Bloß ist das nicht der Grund, warum du gekniffen hast. Und vorhin, als dich die Fotografin abserviert hat, da hast du auch eine beleidigte Miene –“
    „ Weißt du was, Anna?“ Jan holte tief Luft. „Du kannst mich mal!“
    „ Spinnst du?“
    „ Auf der Bühne bist du elegant und alles, aber mit mir springst du um, als ...“
    Sie lachte. „Eins habe ich vergessen, dazuzusagen: Bei mir brauchst du dich natürlich nicht zu wehren!“
    Im Bungalow nahmen sie ein Abendessen aus der Mikrowelle zu sich. Anna duschte, Jan blieb im Aufenthaltsraum. Er fläzte sich auf die Couch und dachte nach. Anna hatte recht, er durfte sich im Leben nicht verstecken, er musste sich wehren, wenn er angegriffen wurde, und wagen, Anderen zu missfallen.
    Er ging in Annas Zimmer, knipste die Lampe an und setzte sich mit gekreuzten Beinen auf das Bett. Das Licht leuchtete den nackten Raum unfreundlich aus. Er drückte auf den Schalter. Andererseits, im Dunkeln auf Anna zu warten ... sie könnte sich erschrecken. Er schaltete das Licht wieder ein.
    Anna kam herein. Der Saum ihres blauen, verwaschenen Herren-Bademantels schleifte über den Boden. Das Ding musste sie im Bungalow aufgetrieben haben.
    „ Hallo“, sagte sie verwundert.
    Jans Herz

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