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Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie

Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie

Titel: Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valentin Zahrnt
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bleibst ...‘
    Er rannte die Treppe hinunter und stieß auf Thomsen.
    „ Ganz ruhig.“ Thomsen lächelte ihm zu. „Die Besatzung hilft uns. Wir durchkämmen das Schiff von oben nach unten.“
    „ Das bringt nichts mehr, sie ist längst tot!“
    „ Was?“ Thomsen sah ihn scharf an.
    „ Nein, ich weiß nicht, ob sie tot ist, ich habe nur Angst davor.“
    „ Nicht die Nerven verlieren. Wenn sie an Bord ist, finden wir sie. Die Fahrt dauert über zehn Stunden.“
    „ Sie ist nicht hier!“
    „ Sie sollten eine Pause machen. Wir haben genug Männer, um jeden einzelnen Laster zu durchwühlen.“
    Jans Knie wurden weich. „Ja“, sagte er und wandte sich schnell ab. Er musste an einen Ort, an dem er nicht hoffen konnte, Anna zu entdecken.
    Wo die Reling auf den runden Vorbau des Schornsteins traf, war ein geschützter Winkel. Er eilte dorthin, lehnte sich hinaus und blickte zurück. Die Stadt begann, zu einer Kulisse zu verschwimmen, nur die beiden Leuchttürme am Ausgang des Hafenkanals zeichneten sich noch deutlich ab. Der Strand zog sich als heller Strich die Küste entlang, immer feiner, bis man ihn vom Grün der Wälder nicht mehr auseinanderhalten konnte.
    Distanz! Er musste Distanz gewinnen. Irgendwie musste er sich vorbereiten, dass Thomsen zu ihm kommen, ihm eine Hand auf die Schulter legen und sagen würde: ‚Ein Strandgänger hat sie gefunden.‘ Oder würde ihre Leiche erst am nächsten Morgen angespült? Oder würde das Meer sie behalten? Er blickte dem Strudel nach, den die Fähre hinter sich herzog. Das Wasser sah kalt aus, düster, die undurchdringliche Grenze zu einer anderen Welt.
    Ohne sie sein, wieder allein? Das war unannehmbar, nicht ein Verlust, den man bemessen könnte, sondern unannehmbar. Er hatte so gehofft! Dass sie sich ihm öffnen würde und er all das Schöne mit ihr teilen könnte, das er ohne sie erlebt hatte. So vieles hatte er sich gemerkt, um es später mit ihr zu besuchen: Kneipen, Bands, Buchten, Ausstellungen, Filme und Buchläden. Sie hatten nur neuneinhalb Monate miteinander verbracht, aber seine ganze Zukunft gehörte ihr.
    Aus diesem Moment heraus gesehen gehörte ihr seine ganze Zukunft. Doch mit der Zeit würde er diese Zukunft neu träumen – und leben. Wenn er sich ganz auf sein Studentenleben einlassen könnte, die vielen Bekanntschaften, die sich ständig erweiterten, die Freundschaften, die nach und nach wuchsen, die Liebschaften, die ihm freistünden, wenn er nicht mehr hoffte und wartete und fürchtete – würde es ihm nicht besser ergehen ohne sie? Er wollte es nicht wissen.
    Seine Füße waren kalt. Der Schlamm an seinen Schuhen war zu einer Kruste getrocknet, doch das Innere war immer noch feucht. Die Socken hatte er im Farn liegenlassen.
    Er eilte eine Etage tiefer und identifizierte sich gegenüber einem Fährangestellten, der an der Treppe Wache hielt. Der Mann teilte ihm mit, dass die Suche im gesamten Passagierbereich bereits abgeschlossen sei und nur noch unter Deck fortgesetzt würde, und ließ ihn passieren. Im Parkdeck stank es weniger nach Abgasen, dafür stärker nach Öl als zuvor. Eine der Neonröhren flimmerte, die Schiffsmaschinen stampften.
    Thomsen trat zwischen zwei Lastern hervor. Jan eilte zu ihm, vorbei an zwei muskulösen Angestellten der Fährgesellschaft, die Kisten in einen Laster zurückräumten.
    „ Pst!“, rief Thomsen gedämpft, ehe Jan etwas sagen konnte. „Wir wollen sie nicht vorwarnen. Ein bisschen Lärm ist unvermeidlich, aber sie soll keine Stimmen hören.“
    Jan folgte Thomsen zum nächsten Sattelschlepper, an dem Werflein und Schmidt schon bereitstanden. Der eine hielt einen Schlagstock, der andere eine Pistole. Thomsen bückte sich vor der Ladeklappe, nahm einen Schlüssel vom Boden auf, steckte ihn ins Schloss und öffnete. Vier Paletten füllten den Zugang fast vollständig aus, die Spalten am Rand und unter der Decke waren zu schmal, als dass sich ein Mensch hätte hindurchzwängen können. Thomsen zog sich hinauf und rüttelte an den Paletten, sie gaben nicht einen Zentimeter nach. Er stützte sich ab und sprang leise zu Boden.
    Sie gingen zum nächsten Laster, unter dessen Ladeklappe ebenfalls der passende Schlüssel bereitgelegt worden war. Wieder positionierten sich Werflein und Schmidt. Thomsen schwang einen Türflügel auf und kletterte in den Laderaum. Zu beiden Seiten waren Halterungen angebracht, in denen sich Fässer stapelten. Thomsen knipste eine Taschenlampe an und lief den Mittelgang hinunter. Er

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