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Wildrosengeheimnisse

Wildrosengeheimnisse

Titel: Wildrosengeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Rath
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Sätze.
    »Zwischen dem Vogler Willi und seiner Frau isches au aus, … nach 26 Johr«, entrüstet sich Frau Möhrle.
    Insgeheim übersetze ich den charmanten und niedlichen Dialekt von Frau Möhrle.
    Die anderen blicken sie erst einmal verständnislos an, darüber grübelnd, wer denn der Vogler Willi noch mal war.
    »Der Präsident vom Yachtclub«, errät Frau Möhrle die Gedanken der anderen.
    »Und natürlich wegen einer Jüngeren. Jahrelang war seine Marlies gut genug. Aber jetzt, wo er repräsentieren muss, da muss was Jüngeres her. Des macht mich so wütend.«
    »Awa. Des isch ja en dicker Hund. Ich hoff bloß, dass die Marlies nicht daheim hockt und dem Kerle eine einzige Träne nachheult. Des isch doch der it wert, was moinet ihr?«, entrüstet sich eine andere Dame der Runde.
    Während sich große Empörung und Mitleid mit der armen Marlies breitmachen und die lustigen Damen dem Vogler Willi die Krätze an den Hals wünschen, verschwinde ich zur Kaffeemaschine, um die Bestellung zu bearbeiten.
    Das alte Lied. Wieder einmal versucht ein Mann mittleren Alters, mithilfe einer jungen Frau seine Jugend zurückzuholen, und die langjährige Ehefrau hat ausgedient. Vermutlich hat er ein paar neue Falten an ihr entdeckt oder ihr Busen war nicht mehr knackig genug.
    Ich kann nicht umhin, den Damen der BBP-Runde insgeheim recht zu geben, und kann nur hoffen, dass diese Marlies nicht schluchzend zu Hause sitzt und dieser Willi irgendwann die Quittung für sein Verhalten bekommt. Was denken sich diese jungen Frauen, die den armen Ehefrauen den Mann wegnehmen? Vermutlich fühlen sie sich geschmeichelt von der Aufmerksamkeit und den Komplimenten, die ein Mann ihres Alters nur selten aufzubringen vermag. Nur zu gern lassen sie sich verwöhnen und ernten die Früchte, die die Ehefrauen oftmals in entbehrungsreichen Jahren gesät haben. Na ja, möglicherweise ist auch wirklich manchmal Liebe im Spiel. Aber häufig kann man leider auch das Geschäft erkennen, was einer solchen Liebe zugrunde liegt: Jugend gegen Geld. Denn hätte der Sugardaddy auf einmal kein Geld zum Verwöhnen mehr, wären so manche Damen recht schnell wieder allein in den Clubs unterwegs, da bin ich sicher.

    *

    Wider Erwarten hat die Sonne am Nachmittag den Kampf gegen den Nebel gewonnen und die Welt in ein zwar winterlich kühles, jedoch strahlendes Licht getaucht und schätzungsweise eine Million Spaziergänger ins Freie gelockt. Es ist unglaublich, was so ein bisschen Sonne doch ausmacht, alles sieht gleich viel freundlicher aus. Selbst die Miesepeter, die heute Morgen garantiert noch griesgrämig über ihre Kaffeetasse in die Nebelsuppe geblickt haben.
    Auf einmal kommen so viele Menschen auf dem schönen Uferweg Richtung Unteruhldingen bei uns vorbei und es gibt jede Menge zu tun. Zum Glück ist Nini da, die unermüdlich Tische abräumt, Gläser spült und Unmengen von Cappuccino, Latte Macchiato, Tee oder Chai Latte sowie (unser Renner) heiße Schokolade mit Ingwer-, Toffee-, Rosen- oder Karamellgeschmack zubereitet. Unsere Obstkuchen und Apfelstrudel sind längst ausverkauft, ebenso wie unsere Spezialitäten, der ostfriesische Teekuchen und der Butterkuchen, die wir nach den alten Rezepten unserer Freundin Frieda herstellen.
    Gegen Abend zaubert Nini noch ein paar herzhafte Käse- und Gemüsekuchen aus Blätterteig, da immer noch einige Leute auf unserer Terrasse sitzen, die, eingehüllt in dicke Wolldecken und Glühwein trinkend, die wunderschöne Frühabendstimmung am See mit dem leise aufziehenden Nebel genießen. Dabei weiß ich genau, dass Nini sich hübsch machen möchte, um den Samstagabend mit ihrem Freund Ben in der Altstadt zu verbringen. Deshalb schubse ich sie jetzt auch aus der Küche, kassiere bei den letzten Gästen und räume allein noch ein wenig auf. Nachdem alle gegangen sind, schwebt Nini in einer blauen Tunika und Leggins, eingehüllt in eine Duftwolke von ›Miss Dior‹, mit Ben an der Hand an mir vorbei und wirft mir eine Kusshand zu.
    Ich habe das dringende Bedürfnis nach frischer Luft. Obwohl ich heute völlig geschafft bin, ziehe ich meine warme Jacke an, schnappe die Hundeleine und gehe mit Jojo noch ein wenig am See spazieren. Mittlerweile ist es fast dunkel und kaum noch ein Mensch zu sehen. Verflixt, wir hätten die Taschenlampe mitnehmen sollen.
    Doch es ist unglaublich, welche Sicherheit so ein kleiner Hund wie Jojo einem doch verleihen kann. Ich habe keine Angst, allein in dieser dunklen Gegend. Na ja, nur ein

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