Wildrosengeheimnisse
unmöglich für mich behalten … Rate, was passiert ist.«
Ich habe, ehrlich gesagt, keine Ahnung und auch keine Zeit herumzurätseln.
»Ihr kommt zurück nach Deutschland?«, teste ich daher, während ich die Rosen noch einmal anschneide, bevor ich sie in die kleinen, filigranen Vasen stelle, die meine Freundin Emily auf dem Flohmarkt für mich entdeckt hat.
»Ja, genau. Und weißt du auch, warum?«, fragt sie geheimnisvoll.
Auch diese Frage kann ich weder erraten noch beantworten.
»Ähhh …, um mich und Nini zu besuchen?«, versuche ich es einmal.
»Nein, um … zu heiraten.« Jetzt muss ich mich erst einmal hinsetzen. Wow, was für eine Neuigkeit. Und trotzdem, so richtig freuen kann ich mich darüber nicht. Das heißt doch schließlich, dass sie für immer in Amerika bleiben wird, oder nicht? »Steve hat gestern Abend um meine Hand angehalten, so ganz romantisch bei Kerzenschein. Wie es sich gehört«, höre ich meine Mutter weiter munter plappern.
»Das ist ja … toll, toll!«, versuche ich, so erfreut wie möglich zu klingen.
Doch meine Mutter wäre nicht meine Mutter, wenn sie nicht den Unterton in meiner Stimme heraushören würde.
»Liebes, ich weiß, das hört sich komisch für dich an, weil wir uns noch nicht so lange kennen. Aber wir sind uns beide ganz sicher. Wir wollen für den Rest unseres Lebens zusammenbleiben und keine Zeit mehr verlieren. Am liebsten würden wir in Deutschland leben, damit wir dich und Nini öfter sehen können. Ihr beide fehlt mir schon sehr. Aber das wird sich mit Sicherheit alles finden. Wer weiß? Möglicherweise kann ich Steve dazu überreden, an den Bodensee zu ziehen. Kommt ganz darauf an, wie es ihm am ›Schwäbischen Meer‹ gefällt. Aber ich habe keine Zweifel daran, dass er es lieben wird. Jetzt kommen wir im Frühjahr erst einmal zu dir und dann wird geheiratet. Können wir vielleicht in der ›Butterblume‹ feiern? Das wäre doch herrlich«, schwärmt sie weiter.
»Aber ja, natürlich. Teile mir nur rechtzeitig das Datum mit, dann bereite ich euch die schönste Hochzeitsfeier, die Überlingen je gesehen hat.«
Auf einmal freue ich mich doch. Über ihr Glück. Über die Tatsache, sie bald wiederzusehen. Über das schöne Fest, das bei mir stattfinden wird. Und auch darüber, dass sie vielleicht schon bald wieder in Deutschland leben werden.
Aber dann muss ich das Gespräch leider schon beenden und das Café aufschließen, weil vor der Tür der erste Gast auf mich wartet.
Ich öffne und lasse den Besucher, einen sehr eleganten und gut gekleideten Herrn, eintreten. Er trägt einen edlen grauen Anzug aus feinstem Zwirn, richtig teuer aussehende Schuhe aus bestem Leder, ein weißes Hemd und einen silbergrauen Kaschmirschal. Sein dichtes schwarzes Haar ist exakt geschnitten und seine braunen Augen sowie sein dunkler Teint verraten einen südländischen Einschlag. Nicht schlecht, dieser frühe Besuch, denke ich insgeheim und bitte ihn freundlich herein. Seine weißen Zähne blitzen, als er sich mir vorstellt: »Frau Winter? Einen wunderschönen guten Tag wünsche ich Ihnen. Ich freue mich, Sie kennenzulernen. Sie sind noch viel schöner, als Sie mir beschrieben wurden.«
Dabei lässt er seinen Blick anerkennend über meine braunen Locken, die heute wieder einmal besonders zerzaust aussehen, und meinen Körper, der in einem roten Pullover und alten Jeans steckt, wandern.
Donnerwetter, er ist nicht nur ausgesprochen höflich, sondern wirkt mit seinem italienischen Akzent auch noch überaus charmant.
»Verzeihen Sie, wenn ich Sie so überfalle. Ich hätte mich natürlich anmelden sollen. Aber da ich gerade in der Gegend war, dachte ich, ich schaue einfach einmal bei Ihnen herein. Erlauben Sie, dass ich mich vorstelle? Mein Name ist Pacocini, Enrico Pacocini.«
Pacocini? Irgendetwas klingelt ganz weit hinten in meinem Hinterkopf, aber ich komme beim besten Willen nicht darauf, wer das sein könnte.
»Mir gehören so einige italienische Restaurants am Bodensee. Also sind wir sozusagen … Kollegen.«
Ach ja, das ist der Pacocini. In der Tat habe ich schon viel von ihm gehört.
Seine Restaurants befinden sich an den schönsten Plätzen in fast jeder Stadt, immer natürlich in Toplage direkt am See.
»Würden Sie mir die Ehre erweisen, einen Espresso oder Cappuccino mit mir zu trinken? Wie ich sehe, haben Sie das in Ihrem Angebot«, sagt er mit einem Blick auf meine teure Kaffeemaschine, auf die ich mächtig stolz bin.
Während ich den Kaffee
Weitere Kostenlose Bücher