Wilhelm Busch
Streich,
Doch der fünfte folgt sogleich.
F ÜNFTER S TREICH
Wer im Dorfe oder Stadt
Einen Onkel wohnen hat,
Der sei höflich und bescheiden,
Denn das mag der Onkel leiden. —
Morgens sagt man: „Guten Morgen!
Haben Sie was zu besorgen?“
Bringt ihm, was er haben muß:
Zeitung, Pfeife, Fidibus.
Oder sollt’ es wo im Rücken
Drücken, beißen oder zwicken,
Gleich ist man mit Freudigkeit
Dienstbeflissen und bereit. —
Oder sei’s nach einer Prise,
Daß der Onkel heftig niese,
Ruf man: „Prosit!“ alsogleich,
„Danke, wohl bekomm’ es Euch!“ —
Oder kommt er spät nach Haus,
Zieht man ihm die Stiefel aus,
Holt Pantoffel, Schlafrock, Mütze,
Daß er nicht im Kalten sitze, —
Kurz, man ist darauf bedacht,
Was dem Onkel Freude macht. —
— Max und Moritz ihrerseits
Fanden darin keinen Reiz. —
— Denkt euch nur, welch’ schlechten Witz
Machten sie mit Onkel Fritz! —
Jeder weiß, was so ein Mai-
Käfer für ein Vogel sei.
In den Bäumen hin und her
Fliegt und kriecht und krabbelt er.
Max und Moritz, immer munter,
Schütteln sie vom Baum herunter.
In die Tüte von Papiere
Sperren sie die Krabbeltiere. —
Fort damit, und in die Ecke
Unter Onkel Fritzens Decke!!!
Bald zu Bett geht Onkel Fritze
In der spitzen Zippelmütze;
Seine Augen macht er zu,
Hüllt sich ein und schläft in Ruh.
Doch die Käfer, kritze kratze!
Kommen schnell aus der Matratze.
Schon faßt einer, der voran,
Onkel Fritzens Nase an.
„Bau!!“ schreit er — „Was ist das hier?!!“
Und erfaßt das Ungetier.
Und den Onkel, voller Grausen,
Sieht man aus dem Bette sausen.
„Autsch!!“ — schon wieder hat er einen
Im Genicke, an den Beinen;
Hin und her und rund herum
Kriecht es, fliegt es mit Gebrumm.
Onkel Fritz, in dieser Not,
Haut und trampelt alles tot.
Guckste wohl! Jetzt ist’s vorbei
Mit der Käferkrabbelei!!
Onkel Fritz hat wieder Ruh’
Und macht seine Augen zu.
Dieses war der fünfte Streich,
Doch der sechste folgt sogleich.
S ECHSTER S TREICH
In der schönen Osterzeit,
Wenn die frommen Bäckersleut’
Viele süße Zuckersachen
Backen und zurechte machen,
Wünschten Max und Moritz auch
Sich so etwas zum Gebrauch. —
Doch der Bäcker, mit Bedacht,
Hat das Backhaus zugemacht,
Also, will hier einer stehlen.
Muß er durch den Schlot sich quälen. —
Ratsch!! — Da kommen die zwei Knaben
Durch den Schornstein, schwarz wie Raben.
Puff! — Sie fallen in die Kist’,
Wo das Mehl darinnen ist.
Da! Nun sind sie alle beide
Rund herum so weiß wie Kreide.
Aber schon mit viel Vergnügen
Sehen sie die Brezeln liegen.
Knacks!! — Da bricht der Stuhl entzwei.
Schwapp!! — Da liegen sie im Brei.
Ganz von Kuchenteig umhüllt
Stehn sie da als Jammerbild. —
Gleich erscheint der Meister Bäcker
Und bemerkt die Zuckerlecker.
Eins, zwei, drei! — eh’ man’s gedacht,
Sind zwei Brote draus gemacht.
In dem Ofen glüht es noch —
Ruff!! — damit ins Ofenloch!
Ruff!! Man zieht sie aus der Glut;
Denn nun sind sie braun und gut. —
Jeder denkt: „die sind perdü!“
Aber nein! – noch leben sie! –
Knusper knasper! — Wie zwei Mäuse
Fressen sie durch das Gehäuse;
Und der Meister Bäcker schrie:
„Ach herrje! da laufen sie!!“ —
Dieses war der sechste Streich,
Doch der letzte folgt sogleich.
L ETZTER S TREICH
Max und Moritz, wehe euch!
Jetzt kommt euer letzter Streich! —
Wozu müssen auch die beiden
Löcher in die Säcke schneiden?? —
— Seht, da trägt der Bauer Mecke
Einen seiner Maltersäcke. —
Aber kaum, daß er von hinnen,
Fängt das Korn schon an zu rinnen.
Und verwundert steht und spricht er:
„Zapperment! Dat Ding wird lichter!“
Hei! Da sieht er voller Freude
Max und Moritz im Getreide.
Rabs!! — In seinen großen Sack
Schaufelt er das Lumpenpack.
Max und Moritz wird es schwüle,
Denn nun geht es nach der Mühle. —
„Meister Müller, he, heran!
Mahl’ er das, so schnell er kann!“
„Her damit!!“ Und in den Trichter
Schüttelt er die Bösewichter. —
Rickeracke! Rickeracke!
Geht die Mühle mit Geknacke.
Hier kann man sie noch erblicken
Fein geschroten und in Stücken.
Doch sogleich verzehret sie
Meister Müllers Federvieh.
S CHLUSS
Als man dies im Dorf erfuhr,
War von Trauer keine Spur.
Witwe Bolte, mild und weich,
Sprach: „Sieh da, ich dacht es gleich!“
„Ja, ja, ja!“ rief Meister Böck,
„Bosheit ist kein
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