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Wilhelm II.: Die Herrschaft des letzten deutschen Kaisers (German Edition)

Wilhelm II.: Die Herrschaft des letzten deutschen Kaisers (German Edition)

Titel: Wilhelm II.: Die Herrschaft des letzten deutschen Kaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Clark
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darin von Wilhelm unterstützt, der den sachlich richtigen Standpunkt vertrat, dass Podbielski keinen gravierenden Fehler begangen habe. (Ein Ausschuss sprach den Minister später von dem Vorwurf des unschicklichen Verhaltens frei.) Bülow gelang es nicht, den Monarchen zu überzeugen, dass ein Rücktritt der angemessene Schritt sei. Die Krise eskalierte allmählich zu einem Kräftemessen zwischen dem Monarchen auf der einen Seite und dem Kanzler und seinen Ministern auf der anderen. Wie in der »Köller-Krise« Mitte der neunziger Jahre betrachtete Wilhelm die Widerspenstigkeit der Minister als gravierenden Angriff auf sein verfassungsmäßiges Recht, nach eigenem Gutdünken Minister zu ernennen und zu entlassen. Dennoch musste er am Ende nachgeben. Am 11. November 1906 wurde Podbielskis Entlassung bekannt gegeben. 34
    Kaum war der Streit um Podbielskis Rücktritt beigelegt, da trat die Auseinandersetzung der Regierung mit dem Reichstag – insbesondere mit dem Zentrum – um die Ausgaben für die Kolonialpolitik in eine entscheidende Phase. Im Zuge der Unterdrückung eines Aufstands in Deutsch-Südwestafrika – mit schrecklichen Folgen für die dortige Bevölkerung – war die Regierung gezwungen gewesen, mehr Geld auszugeben, als sie ursprünglich dafür bereitgestellt hatte. 35 Folglich musste sich die Regierung Ende November 1906 vom Reichstag rückwirkend die den Haushalt überschreitenden Kosten bewilligen lassen. Die darauffolgende Debatte bot eine geeignete Arena für einen breiten Angriff durch das Zentrum. Das Ganze gipfelte in einer Resolution, die ein stärkeres Mitspracherecht des Parlaments bei der Kolonialpolitik forderte. Der Streit eskalierte und die Legislative erhob in nie da gewesener Weise – wenn auch letztlich erfolglos – Anspruch auf die Vorrechte der Exekutive. 36
    In den Debatten vom Winter 1906 ging es auch um die verfassungsmäßige Rolle des Kaisers, denn 1904 war es Wilhelm gewesen, der Bülow, den Generalstabschef, den Kriegsminister und sogar den Direktor der Kolonialbehörde überstimmt hatte, als er Generalleutnant Lothar von Trotha nach Südwestafrika schickte, um den bisherigen Kommandeur der Schutztruppe Theodor Leutwein abzulösen. Mit diesem Schritt hatte er erheblich dazu beigetragen, den Konflikt in der Kolonie auszuweiten und zu verschärfen. 37 Während das Zentrum die sofortige Reduzierung des Expeditionskorps in Südwestafrika forderte und auf der Einhaltung einer soliden Haushaltspolitik bestand, wiesen die Fürsprecher der monarchischen Prärogative diesen Anspruch mit der Begründung zurück, dass allein der Kaiser das Recht habe, in Fragen der Verteidigung des Reichsgebietes zu entscheiden. Wilhelm hatte widerwillig Bülows Entscheidung hingenommen, vom Parlament eine Amnestie wegen der Ausgaben für die Strafexpedition nach China anno 1900 zu beantragen, aber nunmehr war er absolut dagegen, in der sensiblen Frage des außerparlamentarischen Oberbefehls der Krone irgendwelche Zugeständnisse zu machen. Jedenfalls war klar, dass der damalige Reichstag mit seiner streitlustigen, oppositionellen Mehrheit dem Haushalt, der nunmehr von der Regierung vorgelegt werden sollte, die Zustimmung verweigern würde. Bülow sah darin eine günstige Gelegenheit und verschaffte sich vorsorglich noch vor der zweiten Lesung von Wilhelm die Order, den Reichstag aufzulösen. Nachdem der Kanzler vom Zentrum eingebrachte Kürzungsanträge im Verteidigungsbudget mit der Begründung zurückgewiesen hatte, es sei »eine Prärogative des Kaisers, über militärische Erfordernisse zu entscheiden«, 38 wurde der Haushalt zur Abstimmung freigegeben und abgelehnt. Anschließend verlas Bülow planmäßig die Order des Kaisers, den Reichstag aufzulösen.
    Im darauffolgenden Wahlkampf schlug die Regierung Bülow »nationale« Töne zu den Themen an, die von dem Dilemma in der Kolonialpolitik aufgeworfen worden waren. Dadurch stieg die Wahlbeteiligung im ganzen Reich dramatisch an, aber der Versuch, dem Zentrum Wähler abzunehmen, scheiterte – in Wahrheit gewann die Partei fünf Reichtagsmandate hinzu (nunmehr insgesamt 105 Sitze). Der Einfluss des Zentrums wurde dennoch erheblich verringert, indem die Zahl der sozialdemokratischen Abgeordneten von 79 auf 43 fiel. Innerhalb der damaligen Parteienlandschaft genügte diese geringfügige Stimmenumverteilung, um eine neue Regierungsmehrheit zustande zu bringen, die sich in erster Linie aus Nationalliberalen, Konservativen, Freikonservativen und

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