Will Gallows – Der Schrei des Donnerdrachen (German Edition)
Drache!«
Puuuhh!
Ich stieß einen riesigen Seufzer aus. So eine Erleichterung. Das war ja noch besser, als ich mir hätte träumen lassen.
Der Häuptling fuhr fort: »Mit diesem und nur mit diesem Ehrennamen wird er fortan in unserem Stamm bekannt sein, solange er existiert. Brüllender Drache, ich grüße dich.«
Die Mädchen gingen nacheinander an mir vorbei, gaben mir die Hand und murmelten: »
Woha
, Brüllender Drache.«
Yenene lächelte: »Du hast deine Sache gut gemacht, du bist dieses Namens würdig.«
»Aber nicht würdig genug, ein Medizinmann zu sein?« Diese spitze Bemerkung konnte ich mir nicht verkneifen.
Sie seufzte. »Es ist deine Entscheidung, mein Junge. Du bist jetzt kein Kind mehr.«
Dann kam mein Onkel zu mir, legte Yenene den Arm um die Schulter und schüttelte mir kräftig die Hand. »
Woha
, Brüllender Drache. Ich gratuliere. Und mach dir wegen meiner Schwester keine Gedanken. Sie muss lernen, dich zu betrachten wie einen schönen Pfeil. Jahrelang hat sie dir weise die Richtung gezeigt, aber irgendwann kommt die Zeit, wo man loslassen muss.«
Ich merkte, wie Yenene mit den Augen rollte, als mein Onkel weitersprach. »Sie wird sich schon damit abfinden, dass du lernst, ein Medizinmann zu sein. Wir haben alle eine Menge durchgemacht, aber du vielleicht am allermeisten. Du hast mich vor dem Galgen gerettet, und dafür werde ich dir auf ewig dankbar sein. Hoch lebe der Brüllende Drache.«
»Ich würde alles wieder ganz genauso machen, Onkel Wilder Wolf. Und es gibt etwas, wofür ich dir sehr dankbar bin.«
Er runzelte die Stirn. »Tatsächlich?«
»Ich danke dir, dass du Thoryn geheilt hast.«
»Ah, unser edler Freund, der Donnerdrache. Ich habe viel Zauberkraft benötigt, aber ich bin sehr froh, dass er zu seinem Jungen zurückfliegen konnte.« Er lächelte und legte mir eine Hand auf die Schulter. »Will, jetzt, wo du ein Krieger bist, bist du herzlich eingeladen, dauerhaft bei uns im Dorf zu wohnen. Aber diese Entscheidung liegt ganz bei dir.«
»Vielen Dank, aber ich gehöre nach Phoenix Rise. Ich bin jetzt zwar ein Elfenkrieger, aber immer noch ein Cowboy. Aber ich würde gerne jede Woche zu Besuch kommen und mit der Ausbildung zum Medizinmann fortfahren – wenn Grandma einverstanden ist.«
Yenene nickte bedächtig. »Du würdest dich ja wahrscheinlich auch ohne Erlaubnis heimlich herüberschleichen, also habe ich wohl keine große Wahl. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich darüber glücklich bin.«
Der Rest des Tages war mit Essen und Tanzen und noch mehr Essen ausgefüllt, so lange, bis ich das Gefühl hatte, dass ich beim nächsten Bissen ganz bestimmt platzen würde. Anschließend setzten wir uns alle rund um das Feuer und lauschten Onkel Wilder Wolf und seinen Geschichten über die Vorfahren der Elfen. Etliche davon sind auch in Schrift und Bildern auf dem riesigen Totempfahl in der Mitte des Dorfes verewigt, und mein Onkel kannte sie alle auswendig.
Später dann machten wir uns zum Gehen bereit. Ich packte meine Sachen und stellte mich an den Eingang von Onkel Wilder Wolfs Tipi, während die Sonne neben dem Totempfahl tiefer und tiefer sank.
»
Woha
, Brüllender Drache«, sagte Jez, als sie mit ihrem Pferd und Moonshine zum Tipi kam.
»Will reicht«, antwortete ich. »Ich erwarte nicht, dass du Brüllender Drache zu mir sagst.«
»Ich werde euch bestimmt sehr vermissen.« Sie tätschelte Moonshine den Hals. »Dich auch, Moonshine. In Mid-Rock City gibt es viele Pferde, aber keines ist wie du.«
Moonshine reckte den Kopf hoch in die Luft, wieherte laut und schüttelte ihre gespensterbleiche Mähne.
»Was nun?«, fragte ich Jez.
»Ich schätze mal, ich gehe zurück in die Küche des Forts. Und du?«
»Nach Phoenix Rise. Die Pflicht ruft.«
»Ich weiß, es hört sich komisch an, und ich bin natürlich sehr froh, dass Yenene in Sicherheit ist … aber unsere Ausflüge auf den westlichen Arm werden mir fehlen.«
»Mir auch.«
»Yenene hat mich nach Phoenix Rise eingeladen, aber nur, wenn ich auch Runzelbeerenkuchen mitbringe.«
»Du bist wirklich jederzeit willkommen, Jez.«
»Und du besuch mich ab und zu im Fort. Wegen des Wachpostens brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Mit dem werde ich schon fertig.«
Jetzt kam Yenene auf ihrem Pferd, und es dauerte nicht mehr lange, und wir trotteten zum Dorf hinaus. Wir würden den ganzen Weg reiten, weil Yenene nur sehr ungern flog. Und es war auch nicht besonders weit.
Kaum hatten wir das Dorf
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