Will Gallows – Jagd nach dem Schlangenbauchtroll: Fischer. Nur für Jungs (German Edition)
hier weggehen soll. Ich wiederhole es gerne noch einmal: Ich werde nicht nachgeben. Der High Sheriff veranstaltet doch bloß einen Riesenzirkus, wegen nichts und wieder nichts.«
»Das ist kein Riesenzirkus, Grandma. Die illegale Goldmine hat den Felsenkern geschwächt. Die Ingenieure sagen, dass sie absolut nichts dagegen machen können. Ich weiß, wie du dich fühlst, ich bin ja schließlich auch ein Elf …«
»Ein halber Elf«, verbesserte sie mich.
»Also gut, dann eben ein halber Elf, aber ich liebe Phoenix Creek genau so sehr wie du, Grandma. Dass ich weggehen musste, hat mir das Herz gebrochen. Aber es ist hier einfach nicht mehr sicher. Außer dir ist niemand mehr hier, Grandma, und die Zeit wird langsam knapp.«
Mittlerweile war mir klar, dass jedes Wort verschwendet war. Grandma hatte die Lippen zusammengepresst und schaukelte vor und zurück. Dabei summte sie die ganze Zeit vor sich hin, als hätte sie glatt vergessen, dass ich überhaupt da war. Seit Monaten hatten wir immer wieder den gleichen Streit. Ich kam mir vor, als würden wir uns ständig im Kreis drehen.
»Haben Sie Hunger, Ma’am? Ich mache uns mal eine Kleinigkeit zu essen«, ließ sich meine Freundin Jez aus der Küche vernehmen und steckte den Kopf zum Zimmer herein. Offensichtlich hatte sie gelauscht und beschlossen, sich einzumischen, da ich bei Grandma nicht mehr weiterkam. »Ich habe einen Eintopf mitgebracht, selbst gemacht, nach einem alten Zwergenrezept. Und ich habe etwas von dem Runzelbeerenkuchen dabei, den Sie so gerne mögen«, sagte sie und packte ihren Proviantkorb aus.
Jez und ich haben uns vor einem Jahr kennengelernt. Damals hat sie mir geholfen, den Mörder meines Vaters zu suchen. Jez ist eine gute Kämpferin und, abgesehen von meinem Pferd Moonshine, meine beste Freundin auf dem gesamten Großen Kaktusfelsen. Sie arbeitet in der Küche des Forts von Mid-Rock City. Jedes Mal, wenn wir meine Grandma besuchen, packt sie möglichst viel Essen ein.
»Du musst dir doch nicht immer solche Umstände machen, Jez.« Grandma lächelte. »Aber es ist sehr lieb von dir. Ich schaffe es einfach nicht mehr, mir selber einen Kuchen zu backen.«
»Ich mache mir gern Umstände. Und außerdem … jetzt, wo alle Geschäfte in Oretown geschlossen haben, können Sie ja nirgendwo mehr einkaufen.«
»Genau. Was hast du in den letzten Tagen eigentlich gegessen?«, wollte ich wissen.
»Oh, ich komme schon zurecht. Ich habe ja schon auf diesem Felsen gewohnt, als es noch keine Läden gab, die stapelweise Lebensmittel horten und für viel zu viel Geld weiterverkaufen. Tyrone und du, ihr habt zwar das ganze Vieh und die Pferde weggeschafft, aber das Gemüse habt ihr nicht aus dem Boden gerissen, und die Apfelbäume stehen auch immer noch.«
Aber Grandma sah nicht so aus, als würde sie wirklich zurechtkommen. Bei jedem Besuch kam sie mir ein bisschen dünner vor.
»Und wenn beim nächsten Beben mitten in der Nacht das Dach tatsächlich einstürzt, was dann?«
Yenene deutete mit ihrem knochigen Ärmchen in die Luft. »Dieser Teil des Hauses hier ist immer noch sehr stabil. Da hat dein Pa wirklich sehr gute Arbeit geleistet.«
Pa hatte den größten Teil von Phoenix Creek eigenhändig gebaut, und die Konstruktion war sehr solide, aber trotzdem. Auch hier, wie bei den meisten Gebäuden auf dem westlichen Arm, forderten die Felsenbeben ihren Tribut.
Auf einem Tisch neben dem offenen Kamin stand das kleine Modell des Großen Kaktusfelsen, das Pa aus einem Stück Holz geschnitzt hatte. Ich nahm es in die Hand. Jedes Mal, wenn ich es anschaute, war ich voller Bewunderung für die feine Arbeit mit den vielen, kleinen Einzelheiten: die Kaktusform mit dem dicken Mittelstamm und den beiden seitlichen Armen. Auf den Spitzen hatte mein Vater sich besondere Mühe gegeben und kleine Städte aus dem Holz geschnitzt: Oretown auf dem westlichen Arm, Mid-Rock City auf dem Mittelstamm und Gung-Choux Village auf dem östlichen Arm. Sogar die Eisenbahnlinie hatte er nicht vergessen, die sich wie eine Rasselschlange an der Felskante entlangschlängelte. Ich umschloss den westlichen Arm mit meiner Hand. Eine Gänsehaut jagte mir den Rücken hinunter. Ohne den Arm sah der Kaktusfelsen irgendwie seltsam schief aus.
Der Wind blies Staub und kleine Steinchen durch das kaputte Fenster, an dem Yenene saß.
»Die Scheune auf der neuen Ranch ist fast fertig, Grandma. Tyrone und die anderen sind sehr fleißig«, sagte ich.
Die neue Ranch auf dem östlichen
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