Will Trent 03 - Letzte Worte
antwortete sie schließlich. » Ich wollte eben gehen. Die Akten habe ich bereits alle weggeschlossen, falls Sie also Einsicht nehmen wollen … «
Will hatte sich die Akte, die Sara ihm gegeben hatte, vorn in die Hose gesteckt, damit sie nicht nass wurde. » Können Sie diese zwölf Seiten für mich faxen? «
Sie griff nur sehr widerwillig nach den Papieren. Er konnte es ihr nicht verdenken. Die Seiten waren warm vom Kontakt mit seinem Körper. » Die Telefonnummer ist … «
» Moment. « Sie zog einen Stift aus ihrem Haarknoten. Es war ein Bic-Druckkugelschreiber aus Plastik, wie er zu jeder Büroausstattung gehörte. » Geben Sie mir die Nummer. «
Er nannte ihr die Faxnummer seiner Partnerin. Die Frau ließ sich Zeit beim Schreiben und tat so, als würde sie die Ziffern falsch verstehen. Will schaute sich in dem Vorraum um, der aussah wie der Vorraum jedes kleinstädtischen Polizeireviers, das Will je betreten hatte. Holztäfelung an den Wänden. Gruppenfotos zeigten Streifenbeamte in ihren Uniformen, die Schultern gestrafft, das Kinn hochgereckt, ein Lächeln auf dem Gesicht. Den Fotos gegenüber war eine Empfangstheke mit Sperre, durch die man zu den in Reihen aufgestellten Tischen im hinteren Teil des Gebäudes gelangte. Die Lichter waren alle ausgeschaltet.
» Na gut « , sagte sie. » Ich faxe sie, bevor ich gehe. «
» Haben Sie vielleicht einen Stift, den Sie mir leihen können? «
Sie hielt ihm den Bic hin.
» O nein « , sagte er und hob die Hände. » Ich kann Ihnen doch nicht den … «
» Im Schrank sind noch zwanzig Schachteln davon. «
» Na gut. Vielen Dank. « Er steckte sich den Stift in die Gesäßtasche. » Wegen dem Fax – ich habe die Seiten nummeriert. Könnten Sie darauf achten, dass Sie sie in genau der Reihenfolge abschicken? «
Unverständlich grummelnd ging sie zur Sperre. Er wartete, während sie sich zum Öffnungsknopf bückte. Ein lautes Summen war zu hören, dann das Klicken eines Schlosses. Will fand es merkwürdig, dass es hier so hohe Sicherheitsvorkehrungen gab, aber nach dem elften September waren viele Kleinstädte sehr einfallsreich gewesen, wenn es darum ging, Geld des Heimatschutzes auszugeben. Er hatte einmal ein Gefängnis besucht, in dem es teure Kohler-Toiletten und vernickelte Armaturen an allen Waschbecken gegeben hatte.
Marla war vorn an der Reihe Büromaschinen neben dem Kaffeeautomaten beschäftigt. Will sah sich um. In der Mitte des Raums standen drei Reihen mit je drei Schreibtischen. Tische mit Klappstühlen waren an die Rückwand gerückt. Auf der Straßenseite des Gebäudes befand sich eine geschlossene Bürotür. In die Tür war ein Fenster eingelassen, durch das man in den Bereitschaftsraum schauen konnte, aber die Jalousien waren geschlossen.
» Die Zellen sind hinten « , rief Marla ihm zu. Sie beobachtete ihn aufmerksam, während sie die Papiere auf dem Tisch stapelte. Will schaute noch einmal zu dem Büro, und Marla schien plötzlich Panik zu bekommen, als hätte sie Angst, er könnte die Tür öffnen.
» Hier durch? « , fragte er und zeigte auf eine Metalltür in der Rückwand.
» Das ist doch hinten, nicht? «
» Vielen Dank « , sagte er. » Ihre Hilfe weiß ich sehr zu schätzen. «
Will ließ die Tür zufallen, bevor er Marlas Stift aus der Tasche zog und aufschraubte. Wie er vermutet hatte, war die Mine aus Plastik. Sara hatte gesagt, die Mine, mit der Tommy Graham sich die Handgelenke aufgeschlitzt hatte, wäre aus Metall gewesen. Will nahm an, dass sie von einem besseren Kugelschreiber als diesem Bic stammte.
Er schraubte den Stift wieder zusammen und ging den Flur entlang. Ausgangsschilder beleuchteten einen Fliesenboden, der etwa zwanzig Meter lang und nur einen guten Meter breit war. Will öffnete die erste Tür, zu der er kam – ein Lagerraum. Er schaute sich über die Schulter, bevor er das Licht einschaltete. Schachteln mit Büroklammern und diversen anderen Büroutensilien standen auf Regalen, zusammen mit den zwanzig Schachteln mit Bic-Kugelschreibern, die Marla erwähnt hatte. Neben den Stiften standen zwei Stapel mit gelben Notizblöcken, und Will stellte sich vor, dass die Detectives in diese Kammer kamen und sich einen Stift und einen Block nahmen, die sie dann einem Verdächtigen gaben, damit der sein Geständnis schreiben konnte.
Noch drei weitere Türen gingen vom Flur ab. Zwei führten in leere Verhörzimmer. Die Einrichtung war wie zu erwarten: ein langer Tisch mit einem in die Platte geschraubten
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