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Willkür

Willkür

Titel: Willkür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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schlafen.«
    »Scheiße, von wegen«, sagte der Mann und langte mit seinem kräftigen Arm hinein.
    Ein verschlagen-trunkener Ausdruck erschien auf Wyatts Gesicht. »Sie können einen nicht drankriegen, wenn man auf der Rückbank seinen Rausch ausschläft und die Schlüssel in der Tasche hat, oder?«
    »Hör auf, mich zu verarschen. Keine Ahnung, für wen du arbeitest, aber richte ihnen aus, die Mesics stehen nicht zum Verkauf.«
    »Was?« Wyatt blinzelte und runzelte die Stirn.
    Der Dicke zog eine Grimasse. Die kurzen Haare auf dem geröteten Schädel standen ab wie dünne Holzspäne, und Wyatt konnte seine Ausdünstungen riechen, eine Mixtur aus Schweiß und Wut. Speicheltröpfchen flogen durch die Luft und landeten in Wyatts Gesicht, als der Mann anfing zu brüllen: »Sag deinem Boss, bei den Mesics wird umorganisiert. Wir kriechen nicht zu Kreuze, vor niemandem!«
    Wyatt brabbelte, er wisse nicht, wovon überhaupt die Rede sei, und stieg aus. Vorgeblich unsicher auf den Beinen und leicht benebelt, äußerlich eher abstoßend — er passte so gar nicht nach Templestowe. Dem Dicken kamen langsam Zweifel. »Solltest du dich noch mal hier blicken lassen, landest du im Yarra!«
    Mit einem gemurmelten »Halt mal den Ball flach« sank Wyatt auf den Fahrersitz des Volvo und versuchte zu starten. Als der Wagen endlich angesprungen war, legte er krachend den ersten Gang ein, fuhr mit aufjaulendem Motor vom Bordstein weg und steuerte auf die Straßenmitte zu. Geräuschvoll, ungelenk — Wyatt fuhr wie ein Betrunkener und hatte dabei nur einen Gedanken: Sollte im Lager der Mesics tatsächlich die Luft brennen, musste er seine Operation so schnell wie möglich durchführen.

    ZWEI

    Schweigend verfolgten sie, wie Leo Mesic erst den Volvo vertrieb, dann am Tor stand, bis der Wagen außer Sichtweite war, und sich schließlich die mit Kies bedeckte Auffahrt hochschleppte. Bax war nervös. Der Volvo auf der anderen Straßenseite war ihm bereits aufgefallen, als er den Capri abgestellt hatte, nur hatte er nicht mal in Erwägung gezogen, ihn unter die Lupe zu nehmen — einer von den Fehlern, die er sich absolut nicht leisten konnte. Als Bulle wäre er erledigt, sollten sich die Schnüffler von der Innenverwaltung an seine Fersen hängen. »Wer war das?«, fragte er.
    Hochrot im Gesicht und außer Atem, stieß Leo hervor: »Entweder ein Besoffener oder einer, der nur so getan hat, als ob. Zehn zu eins, dass er nur so getan hat.«
    »Es geht schon los«, bemerkte Stella Mesic mit bitterem Unterton. »Die Geier und Hyänen umkreisen uns bereits.«
    Und wieder fuhren ihre Hände über Haare, Brüste, über die Vorderseite des Wickelrockes. Bax beobachtete sie dabei. Leos Frau und sein, Bax’, Knotenpunkt in Sachen Erotik. Er fragte sich, wie viel Berechnung in diesen narzisstischen Streifzügen lag. Ob Leo diese Marotte je bemerkt hatte? Er fragte sich ferner, ob es dem stämmigen Mann niemals zu denken gab, dass er ihn, Bax, mitunter antraf, wenn er nach Hause kam, so wie heute zum Beispiel. »Wir werden Schadensbegrenzung betreiben, Stel«, sagte er.
    Er lächelte, als er dies sagte, denn er spürte, wie die Anspannung wich. Schließlich war es nur allzu logisch, dass man die Mesics aufs Korn nahm, nicht ihn. Logisch, dass Geier und Hyänen auf den Plan gerufen wurden, jetzt, wo der Alte tot und das Mesic-Imperium quasi zur Plünderung freigegeben war. Plötzlich meldete sich der dritte Mesic zu Wort. Ein Beben ging durch seine aufgetakelte Erscheinung, als er ausrief: »Bist du immer noch hier, Bax? Du hast doch deine Kohle bekommen, also schwing dich aufs Rad und zieh Leine.«
    Am liebsten hätte Bax dem kleinen, herausgeputzten Arschloch eins aufs Maul gegeben. »Halt die Klappe, Vic.«
    Victor baute sich vor ihm auf. »Ich komme aus den Staaten zurück und was finde ich vor? Eine Organisation in Auflösung, Typen, die Alleingänge unternehmen und eine Firma, die den Bach runtergeht, und ihr Schwachköpfe faselt was von Schadensbegrenzung!« Er schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn, eine Geste, die er, wie Bax annahm, aus den USA importiert hatte genau wie den Akzent.
    Victors Stimme wurde lauter. »Vergesst eure Schadensbegrenzung. Ich hab euch gesagt, Schluss mit dem Autohandel, Schluss mit diesem Kinderkram.« Er hob die Hand wie zum Abschied. »Mach’s gut, Bax, für einen Cop haben wir keine Verwendung mehr.«
    Bax’ Blick schweifte über das Gelände, über die beiden hässlichen Häuser, die dürren Büsche

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