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Willkür

Willkür

Titel: Willkür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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und vertrockneten Rasenflächen und er dachte an die fünf Hunderter pro Woche, an die er sich gewöhnt hatte. Zu Victor gewandt, sagte er: »Willst du meinen Rat, Kumpel? Konzentriert euch auf das, womit ihr bisher erfolgreich wart. Andernfalls tretet ihr nur gefährlichen Gegnern auf die Füße.«
    »Du musst es ja wissen.«
    Bax wusste es. Er sah erst Stella an und dann Leo und fragte sich, ob sie diesem Widerling etwa auf den Leim krochen. Während der letzten drei Jahre hatte Victor Mesic in den Vereinigten Staaten gelebt und von dort aus gestohlene Mustangs, Thunderbirds, Cadillacs und andere Klassiker nach Melbourne verfrachtet. Allerdings hatte er sich in jüngster Zeit vermehrt in Mobsterkreisen der Las-Vegas-Szene herumgetrieben, und nun, da er wegen der Beerdigung seines Vaters zurück in Melbourne war, wurde er nicht müde, sich großspurig über die verheißungsvolle Zukunft der Familie Mesic zu verbreiten.
    Jetzt ergriff Stella die Initiative. Sie berührte ihren Schwager am Arm. »Hör auf ihn, Vic.«
    Bax genoss es, sie dabei zu beobachten. Virtuos zog sie bei solchen Gelegenheiten alle Register, von heiß bis kalt, hatte so schon ihren Ehemann getäuscht und nun wartete Bax gespannt, wie Victor darauf reagierte.
    Victor Mesic machte einen Satz nach hinten, als müsse er einem vorbeirasenden Radfahrer ausweichen. »Ich brauch keine Ratschläge von korrupten Bullen. Verpiss dich, Bax. Drück die Schulbank, mach deinen Senior Sergeant, versuch einfach, auf legalem Weg zu einer Gehaltserhöhung zu kommen. Hier wird sich nämlich eine Menge ändern.«
    Bax starrte ihn an. Alte Ängste krochen hoch in ihm, hoch bis unter die Schädeldecke. Er war es gewohnt, für mehr als fünfhundert Dollar die Woche zu koksen und zu zocken, und er hatte einen Chef, der von ihm erwartete, dass er das durch den Tod des Alten ausgelöste Zerbröckeln des Mesic-Clans ausnutzte und die Autoschiebereien aufklärte. Bax war überzeugt, dass er nicht nur seine fünfhundert Kröten die Woche, sondern auch seine Machtposition sichern könnte, würde er Stella und Leo dabei unterstützen, die Mesics neu zu gruppieren. Auf die Art bekäme er weiterhin seine Informationen von ihnen, Namen von kleinen Ganoven, kriminellen Autoschlossern und von Autodieben, genug, um den Inspector ruhig zu stellen. Seit nunmehr fünf Jahren lief das so, seit der alte Mesic ihn rekrutiert hatte, und Bax hatte natürlich kein Interesse, dass sich daran etwas änderte. Er konnte es sich nicht leisten. Gestohlene Autos und Ersatzteile brachten viel Geld. Sollte Victor aber versuchen, die Familiengeschäfte in Richtung Casinos und Spielautomaten zu lenken, dann stünde nicht nur Bax im Regen, auch die Mesics wären nach gut sechs Monaten erledigt. Die Behörden waren instruiert worden, die neuen Casinos von Melbourne sauber zu halten, die Durchführung der Gesetze knallhart sicherzustellen. Die Mesics wären bereits am Ende, kaum dass sie den Wechsel vollzogen hätten, und Victors clevere Kumpel aus Las Vegas bräuchten nur noch die Beute einzusammeln.
    »Dein Vater würde sich im Grab umdrehen«, sagte Bax.
    »Mein Vater war nicht mehr auf der Höhe der Zeit«, erwiderte Victor.
    Leo hatte sich bisher zurückgehalten. Doch nun bekam der jüngere Bruder sein Stichwort. »Was soll das heißen, nicht mehr auf der Höhe der Zeit? Wer hat das hier aufgebaut? Wer hat dich großgezogen, dich in die Staaten geschickt?« Seine Miene sprach von alten Wunden, die jetzt aufbrachen. »Ich ... ich bin doch nur so ’ne Art Manager und hab die ganze Arbeit am Hals, für nichts und wieder nichts.«
    »Ich werde uns reich machen, Leo.«
    Bax sah den beiden Streithähnen zu. Wie Stella berichtet hatte, enthielt das Testament des Alten komplizierte Verfügungen, durch die sein Lieblingssohn, Victor, mehr oder weniger die gesamte Kontrolle über die Finanzen erhielt. Und der redete nun von Veräußerungen, um an größere Mengen Bares zu kommen, die Sorte Kapital oder Vorschuss, die seine Las-Vegas-Connection einforderte, bevor man ihn in die neuen Casinos in Melbourne investieren ließ. Leo und Stella lagen sich deshalb mit ihm in den Haaren. So etwas sprach sich herum und erweckte den Eindruck, die Mesics seien angreifbar. Die Spatzen pfiffen es bereits von den Dächern: Die Mesics waren Geschichte. Wenn nicht gegnerische Organisationen ihnen zuvorkämen und sie einfach schluckten, würden sie sich über kurz oder lang selbst die Luft abdrehen. Irgendjemand hatte aus einem

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