Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten
seine Befürchtungen wegen Farren mitteilen, ja, den Betreffenden sogar als Zeugen für sein Alibi mit auf die Suche nehmen können.»
«Das glaube ich nicht», sagte Sir Maxwell. «Gewiß ist mir dieser Gedanke auch gekommen, aber bei näherem Hinsehen bin ich zu dem Schluß gekommen, daß Strachans Plan der beste war, den sie unter den gegebenen Umständen fassen konnten. Zum einen wäre es für ihn wahrscheinlich ziemlich peinlich gewesen, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen, denn ich glaube, daß er zu diesem Zeitpunkt schon das blaue Auge hatte, für das er hinterher eine soviel andere Erklärung abgab. Aus diesem Grund bin ich ja auch ziemlich sicher, daß Strachan in den Kampf mit Campbell verwickelt war, wenn er auch den tödlichen Schlag nicht unbedingt selbst geführt haben muß. Außerdem, stellen Sie sich doch einmal vor, er hätte wirklich jemanden aus dem Bett getrommelt, um sich nach Farren zu erkundigen, und stellen Sie sich vor, dieser Jemand hätte sich freundlich erboten, ihn auf der Suche zu begleiten. Zwar hätte er dann, wie der Staatsanwalt ganz richtig sagt, einen unanfechtbaren Zeugen für sein Alibi gehabt – ganz gewiß. Aber was dann, wenn er diesen Zeugen nicht rechtzeitig losgeworden wäre, um die sehr wichtige Arbeit zu besorgen, die er am Morgen zu tun hatte? Welchen Grund hätte er praktisch dafür angeben können, daß er die Suche nach Farren einstellte und stehenden Fußes nach Newton Stewart eilte? Und wie hätte er verhindern sollen, daß Leute erfuhren, wohin er sich begab, wenn er erst Alarm geschlagen hatte? Was immer geschah, er mußte frühmorgens zum Minnoch, und zwar heimlich.
Alles in allem glaube ich nicht, daß die Ausführung des Plans dann wirklich so verlief wie beabsichtigt. Ja, er wäre beinahe sogar völlig schiefgegangen. Ich glaube sicher, daß es seine ursprüngliche Absicht war, Farren zu finden und nach Hause zu bringen – entweder nach Kirkcudbright oder zu sich nach Hause in Gatehouse. Sein blaues Auge hätte er dann als Folge eines Sturzes während der Suchaktion bei Falbae erklären können.»
«Aber», widersprach jetzt Wimsey, der dieser ganzen Diskussion mit einer Aufmerksamkeit gefolgt war, die seine halbgeschlossenen Augen nur schlecht verhüllten, «er hätte dann immer noch andern Morgens zum Minnoch abdampfen müssen, stimmt’s oder hab ich recht?»
«Richtig», sagte Sir Maxwell. «Aber nachdem er Farren in Kirkcudbright abgesetzt hatte, konnte er sofort wieder von da losfahren. Kein Mensch hätte von ihm erwartet, daß er da geblieben und Zeuge der ehelichen Wiedervereinigung geworden wäre. Er hätte dann fahren können, wohin er wollte – vielleicht nachdem er eine beruhigende Mitteilung an Mrs. Strachan hinterlassen hatte. Oder andersherum, wenn er Farren zu sich nach Hause gebracht hatte, konnte er mit der vorgeblichen Absicht wegfahren, Mrs. Farren wegen ihres Gatten zu beruhigen. Wenn er erst einmal fort war, konnte er irgendwo aufgehalten werden – durch eine Motorpanne oder dergleichen. Da sehe ich keine großen Schwierigkeiten.»
«Alles klar», sagte Wimsey. «Das lasse ich durchgehen. Woge weiter, tiefer, dunkelblauer Ozean, nur weiter.»
«Also, Strachan fuhr dann fort, um Farren zu suchen, während Ferguson da blieb, um die Leiche zu verstauen und im Haus alles Nötige vorzubereiten. Und im übrigen möchte ich an dieser Stelle sagen, daß Sie alle, meine ich, diesen Dingen, die im Haus geschahen, nicht genug Beachtung geschenkt haben. Der Mann, der das getan hat, muß über Campbells Lebensgewohnheiten sehr genau Bescheid gewußt haben. Er muß zum Beispiel genau gewußt haben, wann Mrs. Green kommen würde und wie Campbell sich in seinen vier Wänden benahm – ob er ordentlich oder unordentlich war, was er gewöhnlich zum Frühstück aß und dergleichen mehr. Sonst hätte Mrs. Green bemerken können, daß hier etwas außerhalb des Gewohnten vorgegangen war. Nun, und woher hätten Farren oder Waters, Gowan oder Graham alle diese privaten Einzelheiten kennen können? Der Mann, der sie kennen konnte, war Ferguson, der nicht nur nebenan wohnte, sondern überdies dieselbe Zugehfrau beschäftigte. Er ist derjenige, der Campbell sicher oft beim Frühstück beobachten oder im Haus herumwerkeln sehen konnte; und was er nicht aus eigener Beobachtung wußte, erfuhr er mit Sicherheit von Mrs. Green, wenn sie ihre tägliche Klatschrunde machte.»
«Sehr gut, seeehr gut, Herr Polizeipräsident», sagte Wimsey im blasierten
Weitere Kostenlose Bücher