Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten
die ungewöhnlich lange Zeit, die er von Gatehouse bis zur Abzweigung nach New Galloway gebraucht hat? Das sind doch mit allem Drum und Dran nur 17 Meilen auf der Landstraße.»
Dalziel wirkte darob ein wenig verlegen, aber Wimsey kam ihm zu Hilfe.
«Farren hat mir erzählt, daß er erst zwei-, dreimal im Leben ein Auto gefahren hat», sagte er. «Er könnte unterwegs Schwierigkeiten gehabt haben – sagen wir, das Benzin ist ihm ausgegangen oder der Vergaser war verstopft. Zuerst hätte er dann wahrscheinlich versucht, selbst etwas zu tun – mit dem Anlasser gespielt oder hoffnungsvoll unter die Motorhaube geguckt –, bevor er es über sich brachte, jemanden um Hilfe zu bitten. Vielleicht ist ihm nur das Benzin ausgegangen, und er mußte den Wagen irgendwo in einen Seitenweg schieben und zur nächsten Tankstelle laufen. Oder er ist über die alte Straße am Bahnhof Gatehouse vorbeigefahren und dort in Schwierigkeiten geraten. Ein unerfahrener Fahrer kann viel Zeit verlieren.»
«Möglich ist es», meinte MacPherson mit allen Zeichen der Unzufriedenheit. «Möglich ist es. Weiter will ich nicht gehen.»
«Übrigens, Dalziel», sagte der Polizeipräsident, «wie bringen Sie in Ihrer Theorie Strachans Hut und seine Aussage unter, daß er Farren bei Falbae getroffen hat? Wenn Ihre Version nämlich stimmt, müßte das reine Erfindung sein.»
«So erkläre ich es auch», sagte Dalziel. «Ich halte es für ausgemacht, daß Mr. Strachan bei Falbae nach Farren gesucht hat, wie er sagt, aber er hat nicht Haut noch Haar von ihm gefunden. Und es kann durchaus sein, daß er in die alte Mine gestürrrzt ist, wie er sagt. Aber ich glaube, nachdem er ihn nicht gefunden hatte, hat er Angst bekommen, Farren könnte was ausgefressen haben, und als er hörte, daß man Campbells Leiche gefunden hatte, hat er seine Geschichte eben noch um ein paar Kleinigkeiten angereichert, um Farren so ein Alibi zu verschaffen. Ich sehe sogar einen guten Beweis für meine Theorrrie darin, daß Strachan immer noch Farren verdächtigt, wie’s scheint. Sie wissen ja selbst, Sir Maxwell, wie vorsichtig er Ihnen seine Geschichte erzählt hat, und daß er Ihnen kein Worrrt von Farrens Nachricht an ihn erzählt hätte, wenn Sie ihm nicht weisgemacht hätten, Sie wüßten schon darüber Bescheid.»
«Tja», sagte der Polizeipräsident, «dazu habe ich allerdings eine eigene Deutung.»
«Nun, dann lassen Sie uns Ihre Deutung doch hören, Sir Maxwell», sagte der Staatsanwalt.
«Eigentlich», sagte Sir Maxwell, «wollte ich ja zuerst meine Beamten ihre Vorstellungen entwickeln lassen, aber vielleicht paßt meine Version jetzt ganz gut an diese Stelle. Natürlich war das erste, was mir auffiel, die offenkundige Absprache zwischen Farren und Strachan, etwas zu vertuschen, nur daß ich etwas anderes darin gesehen habe. Meiner Ansicht nach war Strachan derjenige, der das Wissen des Schuldigen besaß, und sein größtes Problem war, wie er sich selbst entlasten konnte, ohne Farren allzusehr zu belasten. Farrens Verhalten, seine Drohungen und sein Verschwinden gaben Strachan eine fast vollkommene Deckung, und ich glaube, man muß es ihm sehr zur Ehre anrechnen, daß er so zögernd davon Gebrauch gemacht hat.
Nun, der schwache Punkt Ihrer Theorie, Dalziel, falls ich so sagen darf, scheint mir im Zeitpunkt des Mordes selbst zu liegen. Wenn er, wie Sie annehmen, zwischen Mitternacht und Morgen in Campbells Haus geschehen ist, kann ich mir einfach nicht vorstellen, daß Ferguson nichts davon gemerkt haben soll. Campbell war ein kräftiger Mann, und wenn er nicht gerade im Schlaf erschlagen wurde, muß es einen Kampf mit viel Lärm gegeben haben. Bei Berücksichtigung der Charaktere aller Beteiligten kann ich nicht glauben, daß dies ein mitternächtlicher Mordanschlag war, bei dem der Täter sich heimlich in Campbells Schlafzimmer geschlichen und ihn mit einem einzigen Schlag gefällt hat, noch ehe er einen Schrei ausstoßen konnte. Ganz besonders irrig wäre es, dies von Farren anzunehmen. Wenn es auf der anderen Seite zu einem lauten Kampf gekommen ist, verstehe ich nicht, daß Ferguson nichts davon gehört hat. Es war August, die Fenster standen vermutlich weit offen, und so oder so hätte es außer dem eigentlichen Kampfeslärm noch ein beträchtliches Hin und Her in der Nacht gegeben, um die Leiche in den Wagen zu laden und so weiter – jedenfalls hätte Ferguson das unmöglich überhören können.
Meine Theorie ist folgende: Ich halte Farrens Aussage
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