Wind der Traumzeit (German Edition)
Nora damals dorthin geführt, nach Cameron Downs – zu Tom.
Einige Zeit später suchten Toms Augen unruhig die Menge nach Nora ab. Schließlich entdeckte er sie, und sein Puls ging schneller. Sie hatte sich kaum verändert. Auch sie winkte ihm jetzt zu und wartete, bis er mit seinem Koffer den Zollschalter hinter sich gebracht hatte. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als er auf sie zukam. Blitzartig wurde ihr klar, dass er immer noch die gleiche Wirkung auf sie hatte wie in Australien. In den vielen Monaten, die sie ohne ihn verbracht hatte, war sie der Selbsttäuschung erlegen, dass sie durchaus ohne ihn glücklich werden könnte. Jetzt, in diesen Sekunden, wusste sie, dass sie wohl ohne ihn leben konnte, aber niemals ohne ihn glücklich werden würde. Sekundenlang stand er vor ihr und sah ihr in die Augen. Alles musste darin zu lesen gewesen sein, denn er zog sie jetzt vorsichtig an sich und atmete erleichtert auf. »Nora! Ich habe dich so vermisst.«
Sie schloss kurz die Augen und fühlte immer noch ungläubig seine Nähe. »Ja, ich dich auch, Tom.«
Sie verspürte Nervosität, als er fragend ihr Gesicht musterte und sich dann zu ihr hinunterbeugte, um sie zu küssen. Als seineLippen ihren Mund trafen, war es, als wären sie nie auseinander gegangen. Innerlich aufgewühlt nahm sie bewusst seine Nähe wahr und konnte sie doch kaum glauben. Er löste sich von ihr und sah sich neugierig um.
»Hast du die Kleine nicht mitgebracht?«
Sie lächelte. »Nein. Ich wollte dich erst einmal allein sehen.« Als sie bemerkte, wie seine gespannte Erwartung abrupt nachließ, nahm sie seine Hand. »Du wirst sie ja gleich sehen. Sie ist bei einer Freundin. Ich wollte sie auch nicht in diesen Lärm und dieses Gewimmel hier am Flughafen stürzen. Der Hamburg Airport ist im Moment eine riesige Baustelle. Wir müssen ein gutes Stück zum Parkhaus laufen. Ich dachte, mit deinem Gepäck und der Kinderkarre wird das zu umständlich. Komm mit, ja?«
Er nickte und hob seinen Koffer vom Wagen.
»Dieses Wochenende kannst du bei uns wohnen, bei Sophie und mir. Niklas und Marie sind zwei Tage bei Max.«
Als sie seinen Koffer in ihrem Auto verstaut hatten und kurze Zeit später Fuhlsbüttel hinter sich ließen, sah er interessiert aus dem Fenster. Gleich darauf neckte er sie und legte mit gespieltem Entsetzen beide Hände auf das Handschuhfach. »Huh, du fährst ja auf der falschen Seite!«
Nora grinste. »Hör bloß auf! Euer Linksverkehr war der blanke Horror für mich.«
Nach einer Weile unterdrückte er nur mit Mühe ein Gähnen, und sie musste lachen.
»Man fühlt sich wie gerädert nach über dreiundzwanzig Stunden Flug, nicht?«
Er seufzte und streckte die Beine von sich, so weit es eben ging.
»Ja, aber ich hatte die ganze Zeit etwas, auf das ich mich freuen konnte.«
»Eine äußerst charmante Antwort nach dieser langen Reise, das muss ich sagen. Sophie und ich wissen sie zu schätzen.«
Er lachte leise, bevor er wieder ernst wurde. »Ich bin so froh dich wiederzusehen, Nora.« Er schaute nachdenklich aus dem Fenster. »Ich hatte nicht mehr zu hoffen gewagt, dass du dich noch einmal bei mir meldest … und jetzt? Jetzt haben wir sogar eine gemeinsame Tochter. Ich kann es einfach nicht glauben. Es ist zu verrückt.«
Nora schmunzelte. »Ja, verrückt ist wohl das richtige Wort.« Dann wurde auch sie ernst. »Weißt du, Tom, vielleicht sollte es so sein. Ohne das Baby hätte ich wahrscheinlich nie den Mut gehabt, mit den Kindern noch einmal neu anzufangen. Und dieser Neuanfang war schwer. So schwer, wie ich es insgeheim befürchtet hatte. Manchmal habe ich nicht geglaubt, dass ich es allein schaffe. Die Geburt, das neue Kind, Niklas und Marie, die ihren Vater vermissten und nicht verstanden, warum wir uns eigentlich getrennt hatten.« Sie brach ab und starrte auf die Straße vor sich. »Das Verhältnis zu meinem Sohn hat einen ziemlichen Knacks bekommen. Er hatte relativ schnell begriffen, dass dieses Baby nicht von Max war. Von da an war mein Leben so schwer, das kannst du dir gar nicht vorstellen.«
Tom griff nach ihrer Hand und drückte sie kurz. Nora parkte den Wagen vor einem hübschen kleinen Einfamilienhaus und wandte sich Tom zu. »Wartest du einen Moment? Ich hole nur schnell unsere Tochter. Du willst sie doch sicher das erste Mal allein sehen ohne fremde Leute, oder?«
Er nickte. Obwohl er sich sehr darauf freute, spürte er auch Angst, dass er der Situation nicht gewachsen sein könnte. Dasser nur schwer
Weitere Kostenlose Bücher