Winslow, Don
das Platschen und Blubbern, als er Adáns Kopf unter Wasser drückt. Das Wasser im Springbrunnen färbt sich rot.
Keller packt ihn bei den Haaren,
reißt ihn hoch, hört ihn keuchen, drückt ihn wieder unter Wasser und brüllt:
»Das ist für Ernie, Dreckskerl! Das ist für Pilar
Méndez und ihre Kinder! Das ist für Ramos !«
Er lässt ihn Wasser saufen, weidet
sich an seinem ohnmächtigen Strampeln, am krampfhaften Zucken seines Körpers,
an seinem Todeskampf.
»Das ist für El Sauzal! «
Keller stößt ihn noch tiefer unter
Wasser. Adán bäumt sich
unter ihm auf, sein Rücken spannt sich bis zum Zerreißen. Aber Keller sieht das
nicht, er sieht ein totes Baby in den Armen seiner toten Mutter. Was sich da
unter ihm aufbäumt, ist die Kraft des Bluthunds.
»Das ist für Padre Juan!«, brüllt er.
Er reißt Adáns Kopf aus dem Wasser.
Zwei Männer, ineinander verkeilt,
nach Luft schnappend, überschüttet von der Fontäne, knien im Springbrunnen, das
Wasser ist rot von ihrem Blut.
Keller sieht Rotlicht blinken,
Polizisten mit gezückten Pistolen. Mit einer Hand hält er Adán am Nacken gepackt, die andere hebt er in die Höhe.
»Nicht schießen, nicht schießen!«,
brüllt er. »Ich bin Polizist. Das ist mein Gefangener! Das ist mein Gefangener!«
Wie durch einen Tunnel sieht er
Nora und Callan.
Und sinkt zurück ins Wasser.
Es fühlt sich wunderbar kühl an.
Epilog
An
unbekanntem Ort
Mai 2004
Der Mohn steht in voller Blüte. Knallorange. Knallrot.
Keller gießt die Pflanzen mit aller Vorsicht. Und muss ein wenig lächeln.
Sie haben ihn nicht ins Gefängnis
gesteckt, weil der Richter irgendwann zur Einsicht kam, dass der einstmalige
Herr der Grenze in einem Bundesgefängnis keinen Tag lang überleben würde. Also
wartet er in wechselnden Verstecken, bis er wieder vor Gericht oder dem
Untersuchungsausschuss aussagen muss. Ab und zu bringt man ihn in ein neues
Versteck, wo er sich relativ sicher fühlen kann.
Seit drei Monaten ist er schon
hier, und es wird mal wieder Zeit zum Umziehen, aber er sieht das nicht so
dramatisch, heute ist es warm und sonnig, und er genießt die Einsamkeit und
Ruhe in diesem ummauerten Garten.
YOYO, denkt er, als er die
Gießkanne absetzt. You are on your own. Er setzt
sich auf die Bank und lehnt sich an die Mauer aus Lehmziegeln.
Nein, du bist nicht allein, sagt
er sich.
Du hast deine Schutzengel.
Nora ist jetzt weg. Sie hat ihre
Aussage gemacht und ein neues Leben angefangen. Keller fragt sich, ob sie mit Callan zusammenlebt, der auch verschwunden ist. Ein netter Gedanke, jedenfalls.
Adán sitzt in
einem Bundesknast, zwölfmal lebenslänglich, auch das ein netter Gedanke. Keller
war im Gerichtssaal, als er in Handschellen und Fußfesseln abgeführt wurde. Und
als Adán ihm zurief, das Kopfgeld auf ihn
sei noch in Kraft.
Wer weiß, denkt Keller, vielleicht
löst es jemand ein.
Etwa fünfzehn Minuten lang stockte
der Drogenfluss, als Adán gefasst
war. Dann war der Nachwuchs zur Stelle, und die Drogen flossen reichlicher als
je zuvor.
Gestützt auf Kellers Aussagen zu
Operation Kerberos und Red Cloud, setzte der Kongress einen
Untersuchungsausschuss ein und kündigte Konsequenzen an. Doch es blieb bei der
Ankündigung. Die Regierung bewilligt jährlich Milliardenhilfen für Kolumbien,
zur Bekämpfung der Drogenkartelle. Einen Großteil der Gelder verschlingen die
Hubschrauber, mit denen die Rebellen bekämpft werden. Und der Krieg geht
weiter.
Kardinal Parada gilt offiziell noch immer als Opfer einer zufälligen Verwechslung.
Eigentlich müsste Keller
enttäuscht und verbittert sein.
Manchmal versucht er es - und
fühlt sich sofort zurückversetzt in die Jahre seines Rachefeldzugs, also lässt
er es lieber sein. Althie und die Kinder, die längst keine Kinder mehr sind,
kommen heute auf einen kurzen Besuch, und er möchte sich die Stimmung nicht
verderben.
Er weiß noch nicht, wie es
weitergeht mit ihm, wie lange er noch in dieser Zwischenwelt leben muss, ob er
jemals ein freier Mann sein wird, und er betrachtet diesen Zustand als eine
Form der Sühne. Noch immer weiß er nicht, ob er an Gott glaubt, aber er hofft,
dass es einen gibt.
Und vielleicht ist es das Beste,
was wir auf dieser Welt tun können, sagt er sich, als er aufsteht und die
Gießkanne nachfüllt: Bestell deinen Garten und bewahre die Hoffnung auf einen
Gott.
Gegen jede Wahrscheinlichkeit.
Er freut sich an den winzigen
Wasserperlen auf den Blütenblättern.
Und murmelt einen
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