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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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die
westliche Zufahrt zur Brücke hinauf. Das bernsteinfarbene Licht der
Straßenlampen verleiht den Steinbalustraden eine sanftgoldene Färbung. Zur
Rechten sieht Keller die Skyline von San Diego mit ihren Bürotürmen und der
riesigen roten Leuchtreklame des Hotel Cortez.
    Dahinter den Hafen, den Ozean und
die Coronado Bridge, die sich wie ein
Traumgebilde durch die Nacht spannt, vom Chicano Park bis zum Barrio
Logan, in dem er aufgewachsen ist. Zu seiner Linken liegt der
Einschnitt des Palm Canyon mit seinen Araukarien und Mammutbäumen und
nordöstlich, jenseits des Highway, der Zoo von San Diego.
    Vor ihnen, am anderen Ende der
Brücke, überragt der California Tower die Palmen des Baiboa Park wie die
Dekoration einer riesigen Hochzeitstorte. Die Brücke selbst mündet in den Prado, den langen, breiten Spazierweg zwischen Museen und Gärten, und am Ende
des Prado schießt die Fontäne der Baiboa
Plaza in den Nachthimmel.
    Viele Male schon ist er diesen Weg
gegangen.
    Der Mord an Padre Juan war nicht nur geplant, er war Teil von Operation Red Cloud, sagt
sich Keller.
    Und Hobbs hat ihn bestellt.
    Zum ersten Mal seit langem sieht
Keller wieder klar.
     
    Callan nimmt
Kellers Stirn ins Fadenkreuz, dann seine Brust, dann wieder die Stirn. Verpass
ihm einen Kopfschuss, hat Scachi gesagt. Die Narcos arbeiten mit Kopfschüssen.
     
    Keller sieht schweifende Scheinwerfer, ein Auto durchfährt
den Kreisverkehr der Plaza Baiboa und schwenkt auf den Prado ein, ein schwarzer Lincoln. Am Anfang der Brücke bleibt er stehen.
    Scachi steigt aus und öffnet die
hintere Tür. Jetzt müht sich Hobbs heraus, langsam und schwerfällig, gehalten
von Scachi, und stützt sich auf seinen Stock. Scachi geht herum zur anderen
Seite und hält Nora die Tür auf. Sie steigt mit Grazie aus, wie eine Frau, die
es gewohnt ist, dass ihr die Türen geöffnet werden.
    Keller spürt ein Zucken in Adáns Arm.
    Dann steigt noch jemand aus, und
damit hat er nicht gerechnet.
    Der Mann ist alt geworden.
Silbernes Haar, silberner Schnurrbart. Er ist abgemagert, aber noch immer der
Gentleman alter Schule. Tío.
    Galant nimmt er Nora beim Arm.
     
    Adán hat nur
Augen für sie.
    Sie sieht so verführerisch aus im
sanften Licht. Er will loslaufen, zu ihr, und Keller hält ihn zurück. Aber das
ist nicht nötig, denn sie geht auf ihn zu.
     
    Geh bloß nicht so nahe an Keller heran, denkt Callan, als er Nora auf Barrera zugehen
sieht. Nimm dir Barrera und geh
zurück zum Auto. Sie ahnt nicht, was gleich passiert. Das soll sie auch nicht.
Am besten, sie sitzt wieder im Auto, wenn er abdrückt. Sie ist schon genug mit
Blut bespritzt worden.
     
    Kurz vor der Mitte der Brücke treffen sie zusammen.
    Scachi läuft den anderen voraus,
geht auf Keller zu. »Nichts für ungut, Arthur. Ich brauche deine Waffe.«
    Keller hält das Jackett auf,
Scachi nimmt die 38er aus dem Hüftfutteral und steckt sie hinter seinen Gürtel.
Dann nimmt er Keller von hinten bei den Schultern, schiebt ihn zur Balustrade
und tastet ihn ab. Findet nichts und winkt die anderen heran.
    Keller sieht Tío kommen, mit Nora am Arm. Als würde er sie zum Tanz führen, denkt
Keller.
    Hobbs ist ein wenig zurückgeblieben.
    Tío blickt Adán ins zerschlagene, blutende Gesicht und sagt: »Du hast dich kein
bisschen verändert, mi sobrino. «
    »Warum hab ich dir keinen Kopfschuss
verpasst?«, nuschelt Adán.
    »Hättest du können«, sagt Tío. »Hast du aber nicht.«
    »Was willst du hier?«
    »Ich bin hier, damit mein Neffe
weiß, dass er in gute Hände kommt«, sagt Tío. »Und nicht
ermordet wird. Wie es scheint, komme ich gerade rechtzeitig.«
    Er begrüßt Adán, indem er
seinen Hinterkopf mit beiden Händen umfasst, aber sichtlich darauf bedacht,
dass sein Anzug nicht mit Blut beschmiert wird. »Mi sobrino, was haben sie mit dir gemacht?«
    »Schön, dich zu sehen, Tio.«
    »Nehmt ihm die Handschellen ab«, sagt Tío.
    Keller nimmt Adán die Handschellen ab und schiebt ihn vorwärts.
    Inzwischen ist Hobbs
herangekommen. »Sie haben Wort gehalten, Art, Sie sind ein Ehrenmann«, sagt
er.
    Keller schüttelt den Kopf. »Nein, nicht wirklich.«
    Er packt Hobbs und hält ihn wie
ein Schild vor sich, die linke Hand an seiner Kehle, die rechte hinter seinem
Kopf. Ein Ruck, und er ist erledigt.
    Scachi zieht seine Pistole, aber wagt nicht zu schießen.
    »Leg das Ding weg, Scachi, oder ich breche ihm das
Genick.«
    »Dann bist du ein toter Mann.«
    »Okay.«
    Scachi legt die Pistole auf die

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