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Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)

Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)

Titel: Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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und Tee. Abe Cushing gab ihnen Kredit, doch vergangene Woche hatte er Martin beiseitegenommen, um ihm zu sagen, dass die Rechnung allmählich zu hoch würde und sie erst ein wenig davon abbezahlen müssten, ehe sie Neues kaufen konnten.
    Martin spürte, wie ihm das saure Gefühl des Scheiterns von seinem leeren Magen bis hinauf in die Brust stieg.
    Er zog die Schnürsenkel fest und knotete sie sorgfältig. Sein verkrüppelter Fuß schmerzte schon jetzt, dabei war er noch nicht einmal aufgestanden. Es lag an dem Unwetter.
    Er langte in die rechte Tasche seiner geflickten, zerschlissenen Arbeitshosen und tastete nach dem Ring, um sich zu vergewissern, dass er noch dort war. Wie einen Talisman trug er ihn immer bei sich, wohin er auch ging. Der Ring erwärmte sich unter seiner Hand, und Martin war, als strahlte er seine ganz eigene Hitze aus. Manchmal, wenn er draußen auf dem Acker oder im Wald arbeitete und wusste, dass Sara ihn nicht sehen konnte, steckte er ihn an den kleinen Finger.
    Jedes Frühjahr warf der Pflug so viele Steine auf, dass Martin davon ein Silo hätte bauen können. Doch es waren nicht nur Steine, die er beim Pflügen zutage förderte – er hatte auch schon andere Dinge gefunden, seltsame Dinge, oben auf dem Nordacker, direkt unterhalb der Teufelshand.
    Zerbrochene Teetassen und Teller. Eine Stoffpuppe. Kleiderfetzen. Verkohltes Holz. Zähne.
    »Eine alte Siedlung? Oder eine Art Müllhalde?«, mutmaßte er, als er Sara die Fundstücke zeigte.
    Ihr Blick verdüsterte sich, und sie schüttelte den Kopf. »Dort oben hat es nie etwas gegeben, Martin.« Dann drängte sie ihn, die Sachen wieder zu vergraben. »Pflüg nicht so nahe bei der Teufelshand. Lass den hinteren Acker brachliegen.«
    Er befolgte ihren Rat.
    Bis vor zwei Monaten, als er dort oben den Ring in der Erde gefunden hatte. Er hatte geleuchtet wie der Hof um den Mond, den man manchmal sehen konnte.
    Es war ein sonderbarer Ring, von Hand aus einem Stück Bein geschnitzt. Und alt war er, sehr alt. In ihn waren Muster und rätselhafte Schriftzeichen eingeritzt, die Martin nicht entziffern konnte. Doch als er ihn in der Hand hielt, war es ihm, als spräche der Ring zu ihm, als würde er sich erwärmen und pulsieren. Martin deutete dies als Zeichen, dass sein Schicksal sich bald wenden würde.
    Er nahm den Ring mit nach Hause, säuberte ihn und steckte ihn in einen kleinen Beutel aus Samt. Diesen legte er, aufgeregt und voller Vorfreude, am Weihnachtsmorgen auf Saras Kopfkissen. Sie hatten nie genug Geld für ein richtiges Geschenk gehabt – ein Geschenk, wie es Saras würdig gewesen wäre –, daher konnte er es kaum erwarten, dass sie den Ring fand. Er wusste, dass er ihr gefallen würde. Er war so aufwendig verziert, so filigran und hatte etwas … Magisches an sich. Ein Geschenk wie gemacht für seine Frau.
    Saras Augen leuchteten, als sie den kleinen Beutel entdeckte, doch kaum hatte sie ihn geöffnet und hineingeschaut, ließ sie ihn erschrocken mit zitternden Händen fallen. Es war, als hätte Martin ihr einen abgetrennten Finger geschenkt.
    »Wo hast du ihn gefunden?«, verlangte sie von ihm zu wissen.
    »Auf dem Acker, am Waldrand.«
    »Du musst ihn dorthin zurückbringen und wieder vergraben«, befahl sie.
    »Aber wieso denn?«, fragte er.
    »Versprich mir, dass du es tust«, beharrte sie, legte ihm die Hand an die Brust und krallte die Finger in sein Hemd. »Jetzt gleich.«
    Sie sah so verängstigt aus. So seltsam verzweifelt.
    »Ich verspreche es«, beteuerte er, nahm den Ring mitsamt Beutel und steckte ihn in seine Hosentasche.
    Doch er hatte ihn nicht wieder vergraben. Er hatte ihn heimlich behalten, als seinen eigenen kleinen Glücksbringer.
    Nun erhob er sich und trat ans Fenster. Im trüben Licht der Morgendämmerung erkannte er, dass es die ganze Nacht hindurch geschneit hatte. Das bedeutete, er würde Schnee schaufeln und die Pferde vor die Walze spannen müssen, um die Hofeinfahrt passierbar zu machen. Wenn er früh genug damit fertig wäre, würde er das Gewehr holen und in den Wald gehen, um zu jagen – der frisch gefallene Schnee würde das Spurenlesen erleichtern. Bei tiefem Schnee zog es das Wild dorthin, wo der Wald am dichtesten war. Selbst wenn es ihm nicht gelänge, ein Reh zu schießen, würde er vielleicht immerhin einen Truthahn oder ein Raufußhuhn vor die Flinte bekommen. Womöglich sogar einen Schneeschuhhasen. Er stellte sich vor, wie Saras Gesicht leuchten würde, wenn sie ihn mit dem frischen Fleisch

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