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Winterkrieger

Winterkrieger

Titel: Winterkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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ihre Waren einzupacken, Kinder spielten an dem zugefrorenen Brunnen, machten Schneebälle und bewarfen sich damit. Ein großer schwarzer Mann in langem, dunklem Umhang schritt durch die Menge. Die Kinder hielten inne, um ihm nachzusehen. Dann schlich sich ein Kind lautlos hinter ihn, einen Schneeball in der erhobenen Hand.
    »Nicht sehr klug, Kind«, sagte der schwarze Mann, ohne sich umzusehen. »Denn wenn du den Ball wirfst, muss ich dir wohl« – plötzlich fuhr er herum – »den Kopf abreißen!« Verängstigt ließ der Junge den Schneeball fallen und rannte zurück zu seinen Freunden. Der schwarze Mann lachte leise und ging auf Kebra zu.
    »Ich nehme an, er war nicht in der Kaserne«, sagte Kebra. Nogusta schüttelte den Kopf.
    »Sie haben ihn nicht gesehen.«
    Die beiden Männer bildeten ein ungleiches Paar, als sie gemeinsam davongingen, Nogusta schwarz und kräftig, Kebra zaundürr, weißhaarig und blass. Nachdem sie durch mehrere schmale Straßen gegangen waren, kamen sie zu einem kleinen Speisehaus am Fluss. Sie nahmen sich einen Tisch am Feuer und bestellten etwas zu essen. Nogusta legte den Umhang und die Schaffellweste ab, die er darunter trug, und setzte sich. Er streckte die Hände dem Feuer entgegen. »Ich für mein Teil werde froh sein, diesem eisigen Land Lebwohl zu sagen. Warum ist Bison so deprimiert? Hat er nicht drei Frauen, die zu Hause auf ihn warten?«
    »Das reicht, um jeden zu deprimieren«, erwiderte Kebra mit einem Lächeln.
    Sie aßen in geselligem Schweigen, und Nogusta legte noch ein Scheit aufs Feuer. »Warum ist er deprimiert?« fragte er wieder, als sie ihre Mahlzeit beendet hatten. »Es kommt nun mal eine Zeit, wenn ein Mann zu alt ist zum Soldat spielen, und wir alle sind längst darüber hinaus. Und der König hat jedem Soldaten eine Börse voll Gold versprochen, und ein Schreiben, das ihm Land zusichert, wenn er nach Drenan zurückkommt. Allein das Schreiben ist Hundert in Gold wert.«
    Kebra dachte über die Frage nach. »Es gab mal eine Zeit«, sagte er, »als ich jeden anderen Bogenschützen übertreffen konnte. Dann, als die Jahre vergingen, merkte ich, dass ich nicht mehr ganz so gut sehen konnte. Als ich fünfzig wurde, konnte ich kleine Schrift nicht mehr lesen. Damals begann ich darüber nachzudenken, wieder nach Hause zu gehen. Nichts dauert ewig. Aber Bison ist kein Denker. Soweit es ihn betrifft, hat der König ihm praktisch erklärt, er wäre kein Mann mehr. Das hat ihn verletzt.«
    »Jeder von uns hat seinen Schmerz zu tragen«, sagte Nogusta. »Der Weiße Wolf wird fast zweitausend Männer nach Hause führen. Jeder von ihnen wird sich auf irgendeine Weise zurückgesetzt fühlen. Aber wir leben, Kebra. Ich kämpfte schon für den Vater des Königs – so wie du –, und ich habe fünfunddreißig Jahre lang mein Schwert in den Krieg getragen. Jetzt bin ich müde. Die langen Märsche sind hart für alte Knochen. Selbst Bison muss das zugeben.«
    Kebra schüttelte den Kopf. »Bison gibt gar nichts zu. Du hättest sein Gesicht sehen sollen, als er aufgerufen wurde. Er konnte einfach nicht glauben, dass es ihn getroffen hatte. Ich stand neben ihm. Weißt du, was er gesagt hat? ›Wie können sie mich mit all den alten Männern nach Hause schicken?‹ Ich lachte nur. Einen Augenblick lang dachte ich, er scherzte. Aber das tat er nicht. Er glaubt immer noch, er sei fünfundzwanzig.« Er stieß einen leisen Fluch aus. »Warum musste er einen Ventrier schlagen? Und wenn der Mann nun stirbt?«
    »Wenn er stirbt, werden sie Bison hängen«, sagte Nogusta. »Kein schöner Gedanke. Warum hat er den Mann geschlagen?«
    »Er hat einen Witz über Bisons Alter gemacht.«
    »Und die anderen?«
    »Keine Ahnung. Wir fragen ihn, wenn wir ihn finden. Der Offizier gehört zu Malikadas Männern.«
    »Das macht es noch schlimmer«, sagte Nogusta. »Er fordert vielleicht seinen Hals, egal was mit dem Offizier ist. Er ist hart.«
    »Der Weiße Wolf würde es niemals zulassen.«
    »Die Zeiten ändern sich, Kebra. Der Weiße Wolf wird zusammen mit uns anderen nach Hause geschickt. Ich bezweifle, dass er noch genügend Macht besitzt, um sich gegen Malikada zu stellen.«
    »Die Pest über Bison«, fauchte Kebra. »Er macht immer nur Ärger. Weißt du noch, als er und Orendo dieses Schwein stahlen …?« Die Stimme des Bogenschützen verebbte. »Entschuldigung, mein Freund, das war gefühllos.«
    Nogusta zuckte die Achseln. »Orendo hatte Teil an einer Vergewaltigung und einem Mord. Ich bin

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