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Wintermaerchen

Wintermaerchen

Titel: Wintermaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Helprin
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versperrte ihm wiederum eines jener eisernen Tore den Weg. Es war jedoch nur mit einem einfachen Riegel verschlossen. Der Atem des Hengstes ging schwer, sein Kopf war vom Dampf seiner Nüstern umwölkt, als er angestrengt durch die Gitterstäbe spähte. Alles war vergeblich gewesen. Nie würde er den Battery Park betreten, um sich irgendwie über das blaugrüne Wasser des Flusses dem goldenen Schein entgegenzuschwingen.
    Gerade wollte er kehrtmachen und sich auf den Rückweg machen, quer durch die Stadt zu der Brücke, die ihn über den Fluss nach Brooklyn führen würde, als ein Geräusch an seine Ohren drang, das wie eine ferne Brandung klang. Es schwoll immer mehr an, bis der Hengst begriff, was es war: das Getrappel vieler Füße. Bald schon glaubte er zu verspüren, wie die Erde fast unmerklich erbebte, als galoppierte ein anderes Pferd an ihm vorbei. Aber es war kein Pferd, es waren viele Männer, die dort angelaufen kamen. Plötzlich waren sie da! Der Hengst sah, wie sie quer durch den Park rannten. Genauer gesagt sprangen sie mit weit ausgreifenden Schritten, denn nur so kamen sie in dem knietiefen Schnee einigermaßen vorwärts. Das musste sehr anstrengend sein, und von weitem sah es aus, als bewegten sie sich im Zeitlupentempo. Es dauerte lange, bis die Männer die Mitte des weiten Feldes erreichten. Dem Hengst fiel auf, dass ein einzelner vor allen anderen, einem runden Dutzend, davonzulaufen schien. Der Flüchtige keuchte und ruderte heftig mit den Armen. Bisweilen vergrößerte er seinen Vorsprung ein wenig, indem er mit ganzer Kraft einen kleinen Spurt einlegte. Mehrmals stürzte er, doch sofort war er wieder auf den Beinen und lief weiter. Auch von den anderen Männern kamen einige zu Fall, aber sie erhoben sich weniger behende als der Gejagte. So kam es, dass die Verfolger bald eine langgestreckte Linie bildeten. Sie fuchtelten mit den Armen und stießen unverständliche Schreie aus. Der Mann an der Spitze achtete nicht darauf, er lief weiter, als wäre er aufgezogen. Nur wenn er mit einem Hechtsprung eine Schneeverwehung überquerte, breitete er seine Arme wie Schwingen aus.
    Der Hengst fand Gefallen an dem Mann, der nun nicht mehr weit entfernt war. Der Flüchtende bewegte sich gut – nicht wie ein Pferd oder ein Tänzer oder jemand, der sein Leben mit Musik verbringt, aber immerhin mit einer gewissen Beherztheit und Anmut. Was dort drüben vorging, schien auf irgendeine geheime Art damit zu tun zu haben, dass dieser Mann sich so bewegte. Dies war keine normale Verfolgungsjagd! Die anderen kamen dem Flüchtenden immer näher, und das war eigentlich schwer zu verstehen, denn sie trugen schwere Mäntel und Hüte auf den Köpfen. Er, der Gejagte hingegen, lief barhäuptig in einer dicken Joppe durch den Schnee. Um den Hals hatte er einen Schal geschlungen. Schon von weitem war deutlich zu erkennen, dass er Winterstiefel trug, während seine Verfolger normale Straßenschuhe an den Füßen hatten. Sicherlich waren sie längst voll Schnee und halb durchgeweicht. Trotzdem waren die anderen schneller als der, der vor ihnen davonlief. Sie schienen besser in Form zu sein als er und hatten in solchen Unternehmungen wohl auch mehr Übung.
    Plötzlich blieb einer der Verfolger mit gespreizten Beinen stehen, zückte eine Pistole, zielte und feuerte auf den fliehenden Mann. Das Echo des Schusses brach sich mehrmals an den Häuserfassaden am Rande des Parks. Aufgeregt flatternd stiegen ein paar verschreckte Tauben in den Himmel. Der Gejagte blickte sich kurz um und änderte sodann seine Richtung. Jetzt lief er direkt auf das Eisentor zu, hinter dem reglos der weiße Hengst stand. Dieses Manöver bewirkte, dass die Verfolger noch mehr aufholten, denn natürlich machten sie die Richtungsänderung sofort mit. Das bedeutete, dass sie in einem günstigeren Winkel auf das eiserne Tor zuliefen als der Mann, hinter dem sie her waren. Der erste der Verfolger hatte ihn bald bis auf sechzig oder siebzig Schritte eingeholt. Auch er blieb plötzlich stehen, zog eine Waffe aus der Manteltasche und schoss. Der Knall schien so nah und war so ohrenbetäubend, dass der Hengst zusammenzuckte und erschrocken zurücksprang.
    Unterdessen hatte sich der Fliehende bis auf eine geringe Distanz dem Tor genähert. Der Hengst, dem die ganze Sache nicht geheuer war, zog sich noch weiter zurück und verbarg sich in einer Toreinfahrt. Doch lange hielt er es nicht aus. Seine Neugier war stärker. Vorsichtig spähte er um die Ecke. Gerade in

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