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Winters Knochen

Winters Knochen

Titel: Winters Knochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Woodrell
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oder?«
    »Ich weiß, dass das die Anklage ist, die Sie gegen ihn vorgebracht haben. Aber bewiesen haben Sie’s nicht.«
    »Scheiße, Jessup ist der beste Meth-Koch, den die Dollys und die anderen jemals hatten, Mädchen. Er ist fast berühmt. Deshalb hat er schon beim letzten Mal einige Jahre abgesessen. Denn da konnten sie’s ihm beweisen.«
    »Das war letztes Mal. Sie müssen ihm das jedes Mal nachweisen.«
    »Das wird nicht schwer sein. Aber deswegen bin ich nicht hier. Ich bin hier, weil der Gerichtstermin nächste Woche ist, und ich kann ihn nirgends auftreiben.«
    »Vielleicht sieht er Sie kommen und versteckt sich.«
    »Schon möglich. Aber wo ihr alle ins Spiel kommt, ist, dass er das Haus hier und seinen Wald für die Kaution verpfändet hat.«
    »Er hat was?«
    »Alles überschrieben. Wusstest du das nicht? Jessup hat alles überschrieben. Wenn er nicht vor Gericht erscheint, dann verliert ihr das Haus. So läuft das. Es wird euch unterm Hintern wegverkauft, und ihr werdet ausziehen müssen. Habt ihr einen anderen Platz, wohin ihr könnt?«
    Ree wäre beinahe umgefallen, wollte aber nicht, dass der Gesetzeshüter das sah. Sie hörte Donnerschläge zwischenden Ohren, während Beelzebub auf einer Fiedel kratzte. Ohne das Haus würden die Jungs, sie und Mom auf der Straße hausen müssen wie Köter. Wie Köter. Beelzebub würde die Musik dazu kratzen, die Jungs würden mit unnachgiebiger Härte in Richtung Gefängnishölle getrieben werden, und sie würde es neben ihnen aushalten müssen, bis Stahltüren hinter ihnen zufielen und die Flammen aufloderten. Sie würde nie von ihrer Familie wegkommen, wie sie geplant hatte, nie zur Armee gehen, wo man mit einer Waffe in der Hand auf Reisen ist und anderen dabei hilft, Ordnung zu halten. Sie würde sich niemals nur um ihren eigenen Kram kümmern können. Sie würde niemals nur ihren eigenen Kram haben.
    Ree lehnte sich über das Geländer, schob ihr Haar beiseite und ließ Schnee auf ihren Nacken fallen. Sie schloss die Augen, versuchte sich den beruhigenden Klang des Meeres ins Gedächtnis zu rufen, das Rauschen der Wellen. »Ich werde ihn finden«, sagte sie.
    »Mädchen, ich habe schon überall …«
    »Ich werde ihn finden.«
    Baskin wartete einen Augenblick, ob noch ein Wort fiel, dann schüttelte er den Kopf, ging zur Treppe, drehte sich wieder zu ihr um, zuckte mit den Schultern und ging dann nach unten. Die Fleisch schleppenden Dollys blieben stehen und starrten ihn unverblümt an. Blond Milton, Sonya, Catfish Milton, Betsy und die anderen. Er winkte ihnen zu, doch keiner von ihnen rührte sich. »Das wäre am besten, Mädchen«, sagte er. »Sorg dafür, dass dein Daddy den Ernst der Lage begreift.«

GEGEN ABEND LIESS der Schnee nach. Das Holz des Hauses erstarrte in der Kälte und knarzte, beide Jungs hatten einen rauen Hals. Ihre Brustkörbe bebten und husteten, sie schnieften und hörten sich an wie Frösche. Ree setzte sie auf Sofakissen, die sie neben dem Kanonenofen unter der Wäsche ausbreitete, und warf eine Flickendecke über sie.
    »Ich hab euch beiden doch gesagt, ihr sollt eure verdammten Mützen anziehen, hab ich das nicht gesagt?«
    Moms Abendpillen drückten sie nicht so weit in ihr Inneres wie die Morgenpillen. Sie stolperte nicht so kläglich irgendwelchen Konzepten hinterher, die sich ihr immer wieder entzogen, sondern hatte gelegentlich Abendgedanken, die ausgeformt auftauchten und dann auf ihrer Zunge hockten, um ausgesprochen zu werden, und wenn die Sonne sich verabschiedete, gab sie womöglich ein paar Sätze von sich oder half in der Küche. »In meinem Schrank steht ein alter Stiefel, in dem eine Flasche Whiskey steckt«, sagte sie. »Gibt’s irgendwo noch Honig?«
    Es war Jessups Whiskey, sie hatte ihn vor den Jungs versteckt. Ree holte ihn. Sie musste auf einen Stuhl steigen, um ein lang vergessenes Glas Honig auf dem oberen Regal zu finden. In dem Glas war noch ein letzter kristallisierterRest. Ree goss Whiskey auf den Honig und fragte: »Reicht das?«
    »Noch ein bisschen. Gut umrühren.«
    Ree rührte mit einem Teelöffel, bis sich die Kristalle im Bourbon auflösten, dann nahm sie einen Löffel voll und führte ihn Sonny an den Mund.
    »Runterschlucken. Alles.«
    Dann kam Harold an die Reihe, und als er schluckte, klopfte jemand an die Tür. Ree sah Mom an, die sich aus ihrem Schaukelstuhl erhob und ohne Licht zu machen in ihrem dunklen Zimmer verschwand. Ree ging an die Tür und öffnete sie, stellte ihren Stiefel als

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