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Wir haben gar kein Auto...

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Titel: Wir haben gar kein Auto... Kostenlos Bücher Online Lesen
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abgestellt und gehen gut dreißig Minuten zu Fuß hinauf. Es gäbe auch die Möglichkeit, uns mit einer Pferdekutsche bis auf dreihundert Meter an das Schloss heranbringen zu lassen, aber der Aufstieg zu Fuß ist schon etwas anderes. Unsere Etappe ab Füssen kann gar nicht besser beginnen.
Der Thronsaal, ein Saal im byzantinischen Stil, in dem der goldene Thron stehen sollte, der nie realisiert worden ist, danach dem Tod des Königs alle geplanten und noch nicht ausgeführten Arbeiten nicht beendet wurden, ist mit pittoresken Szenen ausgemalt, die von der Szene des Heiligen Grals inspiriert sind. Phantastisch!
    Doch der Weg zur Unsterblichkeit dauert nicht lange, und der deutlich irdischere in Richtung Reutte hat begonnen. Lange Abschnitte bergauf, die mit dem Fahrrad nicht zu bewältigen sind, zwingen uns, die Räder über drei, vier Kilometer zu schieben. Es gibt etwas, worum ich meine Gefährtin beneide, nämlich dass sie imstande ist, sogar in den Serpentinen auf den Pedalen zu stehen. Vielleicht fährt sie deswegen immer vor mir? Ich dagegen bleibe sitzen, und wenn ich, was nur selten vorkommt, doch mal aufstehe, verspüre ich sofort Stiche im hinteren Schenkel des rechten Beins, die mich vollkommen blockieren.
    Ich bin dann gezwungen, mit nur einem Bein zu radeln oder abzusteigen. Vielleicht, weil mir die Anstiege heute endlos vorkommen! Sosehr ich auch in die Pedale trete, sie nehmen einfach kein Ende. Jutta dagegen fährt wie ein Zug, während ich meine Waden verfluche. Wir kämpfen uns eine weite Kurve hinauf, die zwar ziemlich anstrengend, aber noch zu bewältigen ist. Hier beginnt die Fahrt bergauf, und auch wenn die Steigungen nicht übertrieben steil sind, so ist die Schotterdecke dennoch äußerst unangenehm. Ich hasse es, nach der gestrigen Erfahrung, über Splitt zu fahren.
    Nach einer Weile habe ich das Gefühl, gegen Windmühlen anzukämpfen. Doch wo ist Jutta? Ich sehe sie nicht mehr. Ich wechsle den Gang, fahre im Zickzack, stelle mich auf die Pedale – und kann mich nicht mehr halten. Das Vorderrad bricht aus, das Fahrrad fällt zur Seite, und ich finde mich auf dem Boden wieder.
»Meglio il culo sui ceci che sui vetri«
 – besser mit dem Hintern in Kichererbsen als in Glasscherben gelandet«, besagt ein altes Sprichwort, aberdieser Splitt, der bis in die Unterhose dringt, ist nicht gerade angenehm. Der Abschnitt, auf dem ich mich befinde, scheint mir ein alter militärischer Saumpfad zu sein, mit einer kleinen Festung, die zerfällt und vermutlich aus den Anfängen des zwanzigsten Jahrhunderts stammt. Vor mir befindet sich eine Weggabelung ohne Beschilderung, und ich weiß nicht, wo ich langfahren soll.
    Â»Juttaaaaa!
Amoreeee
!«, rufe ich, aber sie antwortet nicht, sie muss ein ganz schönes Stück vor mir sein. Ich beschließe, einfach stehen zu bleiben, früher oder später wird sie schon zurückkommen, wenn sie mich nicht mehr sieht. Also stelle ich mich neben mein Rad, und während ein frischer Wind aufkommt, der nichts Gutes verspricht, kehre ich in Gedanken zu diesem kleinen Hafen auf der griechischen Insel Tinos zurück, wo wir vor ein paar Jahren eines Sommermorgens angelegt haben.
Wir gehen mit den Koffern die Gangway der Fähre hinunter. Ein starker Wind bläst, und der Strohhut, der mir zu diesem Anlass geschenkt worden war, fliegt davon und treibt wie eine Möwe auf den Wellen. Diese Kopfbedeckung war ein Liebespfand. Wertvoll war sie nicht wegen ihrer Machart, sondern wegen des Gefühls, mit dem Jutta sie mir geschenkt hat. Für mich hieß das »für immer«. Ich renne an allen Passagieren vorbei und will mich ins Meer stürzen, um den Hut herauszuholen, aber das ist gefährlich. Der Wind ist zu stark, das Wasser peitscht von allen Seiten und bildet einen gewaltigen weißen Schaum. Der Hut treibt noch immer auf den Wellen, und ich verspüre ein Gefühl der Ohnmacht im Magen. Ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, stürzt Jutta sich in ihrem weißen Leinenkleid ins Wasser und hat im Nu den Hut erreicht. Mit zerzaustem Haar, das klitschnasse Kleid am Körper klebend und ohne Slip (!), kehrt sie mit dem Strohhut in der Hand auf den Kaizurück, unter dem Beifall aller, die verblüfft die Szene verfolgt haben. Das ist wahre Liebe!
    Â»Brunoooo! Schatziiii!« Da kommt sie zurück.
    Juttas unverwechselbarer Jodler reißt mich aus

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