Wir haben gar kein Auto...
gegenüber empfinden. Jenseits einer gewissen Unzuverlässigkeit und einer gewissen Neigung zur Korruption ist unser Land die groÃe Liebe der Deutschen, auch wenn sie uns gelegentlich als die
Enfants terribles
Europas betrachten, denen sie alles, oder fast alles, verzeihen. Wir dagegen sind den Deutschen gegenüber stets sehr misstrauisch gewesen.«
Was redet der da bloÃ? Ich ertrage diesen Scheià einfach nicht mehr! Wenn man den Kerl hört, hat man das Gefühl, dass manche Vorurteile auch angesichts einer Realität überleben, die ihnen schon seit langem regelmäÃig widerspricht. Ich glaube, dass der Journalismus â zumindest diese Art von Journalismus â eine entscheidende Rolle in der Herausbildung dieser Stereotypen spielt, insbesondere imFernsehen, das die Nachfrage nach einer bestimmten Art von Nachrichten zu Ungunsten anderer befriedigt. So wie die Auswahl einseitiger Berichte über Deutschland in den italienischen Massenmedien (bevorzugt finanzwirtschaftliche Nachrichten oder aber alarmierende, etwa über Neonazis) und umgekehrt jene über Italien (bevorzugt über das politische Chaos, die Mafia oder Streiks) in den deutschen zwangsläufig dazu beitragen, derartige vorgefasste Meinungen über beide Länder zu bestärken.
Während solche Vorurteile noch immer in manchen Köpfen lebendig sind, enthalten die auf den Boden geworfenen Fahrradtaschen den Beweis des Gegenteils. In meinem Gepäck befinden sich die Videokamera, die Wäsche von zwei Tagen, die noch gewaschen werden muss, meine Art, Italiener zu sein, meine Sprache, meine Kultur. In Juttas stecken Kniestrümpfe, eine Nagelfeile, eine Sonnencreme, Pflaster für die Blasen und ihre Identität. Aber beide tragen wir darin die gleiche Art mit uns herum, Beziehungen, das Leben, den Tod, Schmerz und Gefühle zu verstehen. In diesen Fahrradtaschen steckt die Entdeckung unserer Unterschiede und die Möglichkeit, sie zu akzeptieren. Sich seiner selbst und des anderen bewusst zu sein ist das Wichtigste in einer Begegnung. Die Begegnung mit einem anderen Menschen konfrontiert uns auf stets neue Weise mit uns selbst. Sei es, weil sein Blick unsere Unterschiede idealisiert, sei es, weil das, was wir sind, in der Beziehung zum anderen ein Mehr an Bedeutung und Wert gewinnt.
Diesem Journalisten möchte ich erwidern, dass wir uns lieben und schätzen, weil wir gleich und dennoch anders sind und weil wir jede Art von Vorurteil ablehnen.
Die Fernsehdiskussion ist zu Werbung. Ich schalte den Fernseher aus. Morgen ist auch noch ein Tag.
VIERTE ETAPPE
Lermoos â Fiss
(Fernpass â Prutz)
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Dieser Abschnitt führt vom tausend Meter hoch gelegenen Lermoos zum zwölfhundert Meter hohen Fernpass. Man muss körperlich und geistig gut vorbereitet sein, wenn man die Strecke bewältigen will, vor allem wenn man mit Gepäck unterwegs ist. Da es sich jedoch um eine Strecke handelt, die auch für weniger Sportliche (wie wir) geeignet ist, wurde ein Shuttleservice eingerichtet, dank dem man die am meisten anstrengenden Bergetappen vermeiden kann. Vorsicht allerdings, wenn Sie sich entscheiden, doch zu radeln, denn auf dem Fernpass gibt es einen kurzen Abschnitt, der mit dem Fahrrad nicht befahrbar ist. Daher beträgt der Anteil von Fahrradwegen neunzig Prozent, von denen gut zwanzig Prozent über Schotter führen. Der Abschnitt vom Fernpass bis Landeck ist ebenfalls sehr zeitraubend. Ziehen Sie daher die Möglichkeit der kurzen Alternative im Tal von Imst nach Landeck in Betracht, die reich an wunderschönen Landschaften, Geschichte und Kunst ist. SchlieÃlich ist der Aufstieg nach Fiss â Serfaus â Ladis auch für den abgebrühtesten Radler eine echte Herausforderung. Doch auch in diesem Fall ist es möglich, in ein Taxi zu steigen, um ein Alpengebiet zu erreichen, in dem man sich auf einzigartige Weise einfach rundum wohl fühlt.
3. September 2008
4. TAG
Sicherheitshalber habe ich die beiden Damen gestern gebeten, uns um 8.00 Uhr zu wecken, falls der Wecker verschlafen sollte. So wache ich von leisem Geklopfe an unserer Zimmertür auf, bedanke mich und rolle mich auf die Seite, auf der Bruno schläft.
»Mmmmmmhh«, brummt er, »warum soll ich jetzt schon aufstehen? Ich bin todmüde und habe die Nacht ganz schlecht geschlafen. Ich mag nicht und bleibe noch im Bett.«
»Okay«, sage
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