Wir Kinder Aus Bullerbü
sagten wir zu den Jungen. »Ihr habt vor Feldmäusen Angst? Da geht ihr besser nach Hause und legt euch in eure Betten.«
Dann gingen wir mit unseren Pferdedecken und unseren Butterbroten auf den Heuboden. Draußen war es hell, aber da oben war es fast dunkel. »Erster! Ich liege in der Mitte!«, rief ich. Dann gruben wir uns in das Heu ein. Es roch herrlich, aber es pikste auch. Nachdem wir uns in die Pferdedecken eingewickelt hatten, lagen wir aber richtig gut. Wir sprachen davon, wie es wohl wäre, wenn man ein richtiger Landstreicher wäre, der immer in Heuschobern schliefe. Inga sagte, sie glaube, das müsse ganz lustig sein. Wir waren kein bisschen müde. Bloß hungrig. Wir aßen unsere Butterbrote auf, ehe es zu dunkel wurde. Aber schließlich war es so dunkel, dass wir nicht einmal mehr unsere Hände sehen konnten, wenn wir sie vor das Gesicht hielten.
Ich war froh, dass ich in der Mitte zwischen Britta und Inga lag. Es raschelte so komisch im Heu. Britta und Inga krochen näher an mich heran.
»Wenn nun ein richtiger Landstreicher kommt und sich im Heu schlafen legt«, flüsterte Britta. »Ohne um Erlaubnis zu fragen.«
Wir lagen still und überlegten eine Weile. Und dann hörten wir plötzlich ein Geheul. Ein furchtbares, unheimliches Geheul. Es klang, als ob tausend Gespenster gleichzeitig heulten. Dass wir nicht vor Schreck gestorben sind!
Das taten wir nicht. Aber wir schrien. Nein, wie Lasse und Bosse und Ole lachten! Denn sie waren es, die so geheult hatten. Und natürlich waren auch sie es, die im Heu geraschelt hatten, als sie herangekrochen waren. Britta sagte, dass es gefährlich sei, Leute so zu erschrecken. Dann könnte dem, der so erschrocken sei, das Blut in den Adern gefrieren, und sie sagte, das würde sie ihrer Mama erzählen.
Aber da sagte Lasse: »Das war doch nur Spaß!« Und Bosse sagte: »Altes Klatschmaul!«
Inga sagte, sie habe ein Gefühl, als ob das Blut in ihren Adern schon ein ganz kleines bisschen gefroren sei. Schließlich gingen die Jungen auf ihren Heuboden zurück.
Wir dachten schon daran, hinüberzuschleichen und sie auch zu erschrecken, aber wir mochten es doch nicht tun, denn wir waren müde geworden.
Wir erwachten davon, dass der Hahn auf dem Nordhof krähte, und dadurch, dass wir froren. Huh, war das kalt! Wir wussten nicht, wie spät es war, aber wir dachten, es müsse wohl Zeit sein aufzustehen. Gerade als wir die Nasen aus dem Scheunentor steckten, kamen Lasse, Bosse und Ole aus der Mittelhofscheune. Sie froren auch.
Wir liefen in unsere Küche, um uns aufzuwärmen. Aber da war noch keine Menschenseele! Sie schliefen alle noch, denn es war erst halb fünf. Gleich darauf klingelte jedoch Agdas Wecker. Sie musste aufstehen und melken. Und sie gab uns allen warme Milch und Brötchen. Oh, wie das schmeckte!
Nachher kroch ich schnell ins Bett, denn ich wollte gern noch ein bisschen schlafen. Es muss ein sehr kluger Mensch gewesen sein, der das mit den Betten erfunden hat, denn man schläft in seinem Bett tatsächlich besser als im Heu.
Als Inga und ich weglaufen wollten
Ich finde, mit keinem lässt es sich so gut spielen wie mit Inga. Wir haben viele So-tun-als-ob-Spiele, die nur wir beide kennen. Manchmal spielen wir, dass wir zwei Frauen sind, die sich gegenseitig besuchen. Dann heißt Inga Frau Bengtsson und ich Frau Larsson. Inga sieht sehr vornehm aus, wenn sie Frau Bengtsson ist, und sie spricht auch so vornehm. Ich spreche auch vornehm, wenn ich Frau Larsson bin. Manchmal tun wir, als ob Frau Bengtsson und Frau Larsson sich erzürnt haben, und dann sagt Inga:
»Gehen Sie bloß nach Hause mit Ihren ungezogenen Kindern, Frau Larsson.«
Das sind meine Puppen, die sie ungezogene Kinder nennt. Und dann sage ich:
»Ich finde, Ihre Kinder sind ungezogen, Frau Bengtsson.«
Gleich danach sind wir gute Freunde und spielen, als ob wir in Geschäfte gehen und Seide und Samt und Bonbons kaufen. Das Geld, mit dem wir bezahlen, ist kein richtiges Geld. Wir haben es selber oben bei Großvater gemacht.
Wir haben Angst, Lasse und die anderen könnten hören, dass wir so tun, als ob wir feine Damen wären, denn dann lachen sie nur über uns. Dass Großvater es hört, schadet nichts. Denn er tut auch manchmal, als ob er etwas wäre, was er gar nicht ist. Bei ihm können wir ruhig etwas für unser Spielgeld kaufen.
Bei Regenwetter sitzen Inga und ich oft beim Großvater und lesen ihm aus der Zeitung vor. Als Großvater klein war, starben seine Eltern, und er kam zu
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