Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre
existieren – das mittlere Alter ist einfach anders. Die zweite Eigenart ist, dass Veränderungen im Middle-Age ganz abrupt vonstatten gehen können. Dinge, die hier passieren, passieren oft überraschend schnell – und sicherlich viel zu schnell, um Teil eines schrittweisen, zunehmenden Alterungsprozesses zu sein. Die dritte Besonderheitdes Middle-Age ist, dass es nur bei den Menschen vorkommt und somit einzigartig ist. Als eigenständige Erscheinung ist es bei keiner anderen Spezies vorhanden, was ihm eine noch größere Ausnahmestellung zuweist.
Ich werde eine große Anzahl von Aspekten behandeln, die erklären können, warum wir das Middle-Age hervorgebracht haben. Wir werden erkennen, dass über weite Strecken unserer Evolutionsgeschichte das Leben für die Menschen keineswegs so kümmerlich, roh und kurz (siehe Hobbes-Zitat, Kap. 3) war, wie man uns oft genug weismachen will. Seit es die Menschheit gibt, sind Individuen durchaus älter als vierzig geworden, und es gibt spezielle Gründe dafür, dass auch das fortgeschrittene Alter einen evolutionären Vorteil hat, auch wenn es bei anderen Spezies längst keine Rolle mehr spielt. In der Tat war es die natürliche Selektion, die im Verlauf der Jahrtausende die Menschen über vierzig zu den besonderen Lebewesen geformt hat, die sie jetzt sind. Sie befinden sich keineswegs auf dem absteigenden Ast, sondern treten vielmehr in eine neue, spezielle Lebensphase, in der sich ihr Dasein in sozialer, emotionaler, körperlicher, sexueller und auch geistiger Hinsicht noch einmal verändert. Es erreicht einen ganz neuen Zustand, der, wie wir mittlerweile wissen, ein Resultat unseres evolutionären Erbes ist, und je eher Sie das begreifen, desto eher sind Sie in der Lage, Ihrem eigenen Middle-Age einen Sinn zu geben. Demnach ist dieses Buch für all diejenigen verfasst, die sich im mittleren Alter befinden, befanden oder erst noch befinden werden.
Auch wenn ich behaupte, dass dies ein Buch für jedermann ist, beziehen sich bisherige Untersuchungen doch weitgehend auf eine einzige Untergruppierung der menschlichen Spezies. Die meisten Publikationen beruhen nämlich auf Studien, die sich mit Menschen aus einer einst als »normal« geltenden Lebensform beschäftigen: heterosexuellen Langzeitpartnern mit Kindern, die ineiner hoch entwickelten Welt leben. Sicher, für uns mag es wichtig sein, unsere Schlüsse weit über diese Gruppe hinaus gültig zu machen, also auch für die vielen Teile der Weltbevölkerung, auf die diese Beschreibung nicht zutrifft. Doch es gibt einfache, ganz praktische Gründe für den Sonderweg, den das Studium des Middle-Age genommen hat. Jede wissenschaftliche Untersuchung funktioniert besser, wenn sie sich einen großen, klar abgegrenzten Ausschnitt der Bevölkerung vornimmt. Untersucht man beispielsweise die Bereitschaft zum Kinderkriegen oder die Auswirkungen der Menopause auf das Sexualleben der Menschen, dann ist es nun einmal viel einfacher , eine große Gruppe von Menschen zu betrachten, die allesamt in der Lage sind, Kinder zu bekommen oder aber in einer sexuell ausgerichteten Beziehung leben. Heterosexuelle Langzeitpartner stellen eben eine solche Gruppe dar, und dies umso mehr, als sie ihren Status gerne auch durch eine Heirat bekräftigen.
Eine derartige Orientierung ist bei der Untersuchung des mittleren Alters durchaus pragmatisch zu verstehen, doch es gibt auch gute, aus der Evolution selbst stammende Gründe dafür, dass wir unser Augenmerk auf heterosexuelle Paare mit Kindern richten sollten. Wie wir noch sehen werden, ist ein Großteil dessen, was für das mittlere Alter eine Rolle spielt, von unseren Genen festgelegt, und es ist nun mal eine simple Tatsache, dass wir unsere Gene von unseren Vorfahren, einer langen Reihe heterosexueller Paare mit Kindern, geerbt haben. Das heißt nicht, dass homosexuelle Paare, Menschen, die lieber kinderlos sind, oder Menschen, die in keiner Beziehung leben wollen, nicht wichtig sind – im Gegenteil, sie sind es, und wir müssen diese im Verlauf dieses Buches immer im Hinterkopf behalten. Dennoch muss man sich klarmachen, dass auch sie ihre »mittel-alterlichen« Veränderungen dem genetischen Erbe verdanken, das Paare mit Kindern über Jahrtausende ausgebildet haben.Das Buch gliedert sich in drei Teile. Im ersten Teil werden wir untersuchen, wie das Middle-Age in seiner jetzigen, uns bekannten Form, entstanden ist. Wir werden die Entwicklungen erforschen, die den Verlauf des menschlichen
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