Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Lebens festlegten, und werden für das mittlere Alter sogar auf fossile Funde zurückgreifen. Dadurch werden wir nicht nur besser verstehen, warum der Körper im Middle-Age so viele Veränderungen durchläuft, sondern auch, wie der Alterungsprozess bei unserer Spezies ausnahms- und glücklicherweise gemildert und nach hinten verschoben wurde.
    Der zweite Teil beschäftigt sich mit dem »mittel-alterlichen« Gehirn, einfach weil unser Gehirn für so vieles verantwortlich ist, das uns von den Tieren unterscheidet. Wir Menschen sind so sehr damit beschäftigt zu denken , dass wenigstens ein Drittel des Buches darauf verwendet werden muss, wie sich unser Intellekt, unsere Persönlichkeit, unser Seelenleben und unsere Emotionen in der Mitte des Lebens verändern. Darüber hinaus werden wir kurz innehalten und überlegen, warum es uns mit Erreichen des Middle-Age so vorkommt, als würde die Zeit immer schneller verstreichen.
    Der dritte Teil führt uns dann vermeintlich zurück in den Alltag, hin zu Sexualität, Liebesleben (anhaltend oder nachlassend), Menopause, Babys, Familien und dem, was man Midlife-Crisis nennt, doch bald werden wir merken, dass wir uns auch hier der Vergangenheit zuwenden. Wir betrachten dabei nämlich die große biologisch-evolutionäre Abrechnung, die im Middle-Age stattfindet, einem Lebensabschnitt, in dem wir Menschen uns ganz bewusst damit auseinandersetzen, welcher Sinn unser Leben erfüllt – und zwar solange noch Zeit ist, etwas zu ändern. Ganz am Ende des Buches werden wir dann alle Fäden zusammenführen und den Versuch unternehmen, eine kohärente Theorie aufzustellen, die beschreibt, was das Middle-Age ist und was jeder Einzelne von uns damit anfangen sollte.
    Die Informationen, auf die dieses Buch zurückgreift, stammen aus vielen verschiedenen, teilweise auch bunt zusammengewürfelten Quellen – vornehmlich aus den Naturwissenschaften, wobei hie und da auch die Schönen Künste und die Sozialwissenschaften bemüht werden. Wie man hoffentlich sehen wird, sind die Naturwissenschaften am ergiebigsten, was daran liegt, dass Naturwissenschaftler recht ehrlich sind, was die Grenzen oder auch das Versagen ihrer Methoden betrifft. Aber wie wir sehen werden, haben selbst die Naturwissenschaften Probleme, wenn so unterschiedliche Dinge wie Gene, Körper, Gefühle und Kulturen eine Rolle spielen. Und irgendwie überrascht es auch nicht, dass der Versuch, das Middle-Age zu erklären, doch eine Vielzahl unterschiedlicher Herangehensweisen erfordert. Schließlich ist es ein Thema, mit dem sich bereits Biologen, Philosophen, Mediziner, Historiker, Mathematiker, Schriftsteller, Soziologen und sogar Ingenieure herumgeschlagen haben.
    Trotz alledem sollte man immer daran denken, dass es sich hier um gute Neuigkeiten handelt. Das Middle-Age ist wichtig, weil man einen ziemlich großen Teil seines Lebens darin verbringt, aber Sie, liebe Leserin und lieber Leser, können sich glücklich schätzen, zu einem Zeitpunkt und an einem Ort zu leben, der für das mittlere Alter geradezu ideal ist. Natürlich gibt es in unserer modernen, hoch entwickelten Welt immer wieder Menschen, die jung sterben, aber Menschen, die sterben, bevor das mittlere Alter vorbei ist, haben wirklich Anlass, sich schlecht behandelt zu fühlen. Denn im mittleren Alter verändern sich die Dinge – aber man ist noch lange nicht alt. Zumindest versuche ich mir das einzureden.
    Ein wichtiger Grundgedanke meiner neuen Geschichte des mittleren Alters ist, dass die Lebensmitte beim Menschen etwas Gutes ist – und nichts Schlechtes. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass sie als Befreiung angesehen werden kann – inevolutionärer, kultureller und persönlicher Hinsicht. Sie, liebe Leser, möchte ich davon überzeugen, dass der Zeitpunkt in der Geschichte des Menschen gekommen ist, Anspruch auf diesen von Gesundheit und Schaffenskraft geprägten Lebensabschnitt zu erheben, der zu unserem natürlichen Geburtsrecht gehört hat, bevor Überlebenskampf, Krankheit und mangelnde Hygiene ihn uns streitig gemacht haben.

TEIL I
    Aus der Savanne in die Vorstadt:
    Warum das mittlere Alter noch nie etwas mit Altwerden zu tun hatte
    Ich glaube, dass unser himmlischer Vater den Menschen geschaffen hat, weil er mit dem Affen nicht zufrieden war.
    Mark Twain, Autobiografie

1. Was macht den Mensch mittleren Alters aus?
    Um das Middle-Age verstehen zu können, müssen wir mit ein paar grundlegenden Fragen beginnen. So viele Aspekte des