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Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit

Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit

Titel: Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Langer
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sein? Wann? Heinrich, nicht mehr lange!
     
    Die Dame, der Herr, möchten die Herrschaften vielleicht einen Spaziergang zur Pfaueninsel unternehmen?
    Langwierig und umständlich erklärt der Gastwirt, Johann Stimming, dem sonderbaren Paar den Weg, die Dinge, die es dort zu sehen gibt. Sie nicken artig, machen aha, so, ja, und sind recht nervös. Sie schubst ihn an, er zupft an ihrem Ärmel. Johann Stimming gibt es seufzend auf. Sie möchten den Spaziergang gar nicht machen. Verkohlen kann ich mich alleine, denkt er und zieht brummend ab.
     
    Hinauf ins Zimmer, hinunter.
    Wann ist der Bote in Berlin?
    Heinrich rennt noch einmal hinauf, packt seinen »Don Quixote« aus dem Felleisen und legt ihn auf seinen Nachtschrank. Beim toten Werther fand man »Emilia Galotti«. Ein jeder, was ihm gefällt. Der Ritter ohne Furcht und Tadel. Nein, doch lieber zu den Sachen auf dem Tisch. Oder nicht? Ach, es ist ja ganz egal! Wie viel er doch erlebt hat! Und ganz plötzlich und genauso flüchtig denkt er an die Rosen von Besançon, wie sie geleuchtet haben, und von wie vielen Zimmern er aufgebrochen ist, im Laufe seines Lebens –
     
    Sie hüpfen im Hof des Gastwirts Stimming hin und her. Keiner versteht ihr Spiel. So und so und so. Es ist ganz einfach, siehst du? Von einem Zimmer in das andere. So, und so, und jetzt hier, und noch einmal, so. Herrlich, ruft Henriette, mein Kindchen, ruft Heinrich.
    Es ist Nachmittag, vielleicht Viertel nach zwei. Die blasse Novembersonne strahlte vorhin einen Augenblick auf, vielleicht um eins, und plötzlich schlägt das Wetter um. Wolken kommen gezogen, milchig wird es über dem See. Schneeluft, denkt der Tagelöhner Riebisch und sieht ein paar Vögel am Himmel ziehen. Ihn fröstelt.
     
    Heinrich und Henriette. Er vierunddreißig, sie einunddreißig. Er ledig, sie verheiratet, ein Kind.
     
    Der Gastwirt Stimming sieht sie hüpfen und springen und hört sie einander Kosenamen rufen, wie ein Liebespaar.
    Wieso eigentlich
wie
?
    Weil Adam es so wollte. Weil Adam das Gerücht in die Welt gesetzt hat, Fuchsschleifer und Feigling, dass es zwischen Heinrich und Henriette,
der Dame Vogel
, keine Leidenschaft gegeben habe. Dass sie kalt gewesen wären gegeneinander. Dass die Madame Vogel überhaupt
froide comme une grenouille
gewesen sei, wie ein Frosch so kalt. Und alle Welt hat es geglaubt. Von einem Zimmer in das andere, von dir zu mir und von mir zu dir. Wie nennst du diese Leidenschaft? Blöder Adam, das hast du dir so gedacht, was? Dass ich dir das abnehme, so wie du damals behauptest hast, Heinrich sei in Prag in einem Spital verstorben, und alle waren traurig, und du hast gedacht, du wärst ihn los? Und kurze Zeit später stand er lachend in der Tür, mit Dahlmann? Zu Fuß waren sie zurückgekehrt, gelaufen von Prag nach Dresden, etwas heruntergekommen, aber putzmunter und gesund.
    Deshalb, mein lieber Adam, die letzten Briefe, an Sophie , für dich nur ein paar schöne Grüße.
Es hat seine Richtigkeit, dass Jettchen und ich, wir zwei trübsinnige, trübselige Menschen, die sich immer ihrer Kälte wegen angeklagt haben, von ganzem Herzen liebgewonnen haben, und der beste Beweis davon ist wohl, dass wir nun miteinander sterben –
     
    Komm, Heinrich, wir wollten doch noch so viele Briefe schreiben! Es ist schon recht spät, wir müssen beginnen!
    Du hast recht, Henriette, wir wollen gleich um Papiere bitten und –
    Kaffee!
     
    Wie ein Liebespaar –
    Wieso eigentlich
wie
?
    Weil Marie es so wollte. Weil Marie, die alte Schachtel, eifersüchtig war auf
Madame Vogel
und ihr Geltungssucht unterstellte, sie ihr in die Schuhe schob, hach, eine
Bürgerliche!
(die sie selber einmal war),
eine ruhmsüchtige eitle Närrin
– so, Marie, auch für dich noch einen Brief, in dem ich dir überdeutlich sagen möchte, dass Henriette mich auf Erden glücklich machen könnte, dass sie alles dazu in den Händen hat, was es dazu bräuchte, und dass ihre Seele reif und mutig ist wie ein Adler – mutiger als deine Seele vor allem, Marie.
     
    Komm, Heinrich, wir wollten doch noch so viele Briefe schreiben! Es ist schon recht spät, wir müssen beginnen!
    Du hast recht, Henriette, wir wollen gleich um Papiere bitten und –
    Kaffee!
     
    Wie wie wie – – –
    Wozu sonst eine letzte gemeinsame Nacht? Sag? Sie hätten doch auch in einem Zimmer am Gendarmenmarkt die Pistole zücken können, oder?
    Nächte, süße Nächte.
     
    Komm, Heinrich! Es ist schon recht spät und –
    Und jetzt hat das mutige Wesen

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