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Wir sind Heldinnen: Aus dem unglaublichen Leben der Alleinerziehenden (German Edition)

Wir sind Heldinnen: Aus dem unglaublichen Leben der Alleinerziehenden (German Edition)

Titel: Wir sind Heldinnen: Aus dem unglaublichen Leben der Alleinerziehenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Herbold
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Nachricht über die erfolgreiche Niederkunft zukommen lassen sollte.
    Man ahnt es: Noch sind die zukünftigen Alleinerziehenden nicht besonders guter Hoffnung. Und noch wähnen sich die Frauen mit männlichem Anhang in der strategisch besseren Ausgangsposition. Beides wird sich jedoch bald ändern.
    Zuerst einmal aber ist die An- oder Abwesenheit des männlichen Erzeugers ohnehin Nebensache, wenn man endlich in die kleinen Äuglein dieses blut- und schleimverschmierten neuen Menschleins blickt. Vorausgesetzt natürlich, das Menschlein macht die verklebten und geschwollenen Äuglein überhaupt auf und man selbst kann trotz vom Pressen geplatzter Innenaugenäderchen noch gut aus denselbigen gucken. Übrigens lautet die größte Hebammenlüge dieser Welt, das Säuglingskind würde der Muttermilch gebenden Mutter beim Brustnuckeln hochzufrieden und tief gebondet in die Augen schauen. Das ist nicht nur eine anatomische Unmöglichkeit, denn das Kind guckt wenn überhaupt beim Trinken geradeaus, sprich: auf den aus seiner Sicht gigantomanischen mütterlichen Warzenhof. Meistens aber hat es sowieso die Augen zu und schläft nach drei gierigen Zügen direkt wieder ein, um dann eine halbe Stunde später grimmig aufzuwachen und sich lautstark zu beschweren, dass man es nicht in Ruhe hat zu Ende trinken lassen. Dabei hatte Mami nur gewagt, die kleine Schlafpause für ein Kamillensitzbad und eine Quark-Packung – nicht im Gesicht! – zu nutzen.
    Schwamm drüber. Außerdem – das ist einem schon beim heimlichen Belauschen der anderen Neumütter im Frühstücksraum der Wöchnerinnenstation klar geworden – geht es ab sofort nicht mehr um äußerliche Oberflächlichkeiten und oberflächliche Äußerlichkeiten. Hier, in den heiligen Hallen der unförmigen Ex-Babybäuche, der prallen Brüste in aufklappbaren Still-BHs, hier in dieser Welt der ausgewaschenen Bademäntel, der weißen Baumwollnachthemden und rosa Hausschuhe zählt nur noch eins: Man ist jetzt Mutter. Nicht Mama, Mutti, Mami, nein: Mutter. Mutter ist ein ehrwürdiges, strenges altes Wort, und der dazugehörige Verein, von dessen Existenz man bis dato noch gar nichts ahnte, ist es auch. Die Vereinssatzung ist so umfassend wie rigide und ihre Einhaltung wird noch sorgfältiger überwacht als das sonntägliche Rasenmähverbot in einer Schrebergartengemeinschaft am Stadtrand von Herne.
    Die Regeln der ersten Tage, Wochen und Monate sind noch ziemlich eingängig und gelten gleichermaßen für die gebundene wie die ungebundene Neumama: Scheiß auf Mann, Haus, Pferd, Boot – du hast jetzt ein Kind. Und nur darauf konzentrierst du dein Interesse. So sollst du zum Beispiel zu jeder Tages- und Nachtzeit wissen, wie groß und schwer dein kleiner Liebling ist (aufs Gramm genau natürlich), wie alt (Monate, Wochen, Tage, Stunden), wann seine letzte Mahlzeit und wie sein letzter Stuhlgang (Farbe und Konsistenz) war. Und du sollst dich gerne darüber unterhalten wollen. Weiterhin sollst du die beste Babymimikinterpretin werden: Hat das kleine Mäuschen gerade gelacht, gegrübelt, stirngerunzelt, sich gefreut, gefürchtet, gewundert? Dein Kind sei von nun an dein Lieblingsbuch, seine aufmerksame Lektüre und die Deutung seiner tiefsinnigen Gesten für die ignorante Außenwelt deine wichtigste Aufgabe:
    »Leon schreit, weil er Blähungen hat.«
    »Leon schreit, weil er müde ist.«
    »Leon schreit, weil er Hunger hat.«
    Später sollst du die offizielle Stellvertreterin des kindlichen Willens auf Erden werden:
    »Bitte nicht anfassen: Leon ist total überreizt.«
    »Bitte nicht anfassen: Leon fremdelt gerade ziemlich.«
    »Bitte nicht anfassen: Leon steckt sich immer so schnell mit Erkältungen an.«
    Noch später sollst du zu seiner leidenschaftlichsten Anwältin werden:
    »Tut mir Leid, dass Leon Laura gehauen hat, aber sie hätte ihm auch wirklich nicht seinen Lieblingsdinosaurier wegnehmen sollen.«
    »Tut mir Leid, dass Leon Ludwig das Gesicht zerkratzt hat, aber Ludwig hat ihn vorher wahrscheinlich irgendwie provoziert.«
    »Tut mir Leid, dass Leon Levin gebissen hat, er kompensiert damit seinen Ärger, weil er sich noch nicht so gut verbal auseinander setzen kann.«
    Doch damit ist das Regelwerk des Müttervereins noch lange nicht zu Ende. Eine Menge anderer sinnvoller Anweisungen müssen von der edlen Mutter beherzigt und befolgt werden: Du sollst stets Taschentücher bei dir tragen. Du sollst geschälte Apfelschnitze in Tupperdosen bereithalten. Du sollst deinem Kind bei

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