Wir sind Heldinnen: Aus dem unglaublichen Leben der Alleinerziehenden (German Edition)
Geringsten.
4. Außerdem trinken Babys sowieso nur alle vier Stunden daran.
5. Babys schlafen immer und überall.
6. Man muss sie nur hinlegen.
7. Nicht stundenlang herumtragen.
8. Schon gar nicht mit dem Auto umherfahren.
9. Damit verwöhnt man sie nur unnötig.
10. Babys machen das Glück einer glücklichen Beziehung perfekt. Deshalb …
10.1. ist es für eine glückliche Beziehung völlig unproblematisch, dass einer bzw. eine von beiden erst mal keine Lust mehr auf Sex hat, weil der verdammte Dammschnitt partout nicht heilen will.
10.2. ist es für eine glückliche Beziehung völlig unproblematisch, dass er tagsüber einer anstrengenden, aber herausfordernden Tätigkeit nachgeht, die für das ihn beschäftigende Unternehmen so unentbehrlich ist, dass sie immer bis lange in den Abend dauert – während sie seit fünf Uhr nachmittags das müde Kind mit dem üblichen »Papa kommt gleich« wach und bei Laune zu halten versucht hat.
10.3. ist es für eine glückliche Beziehung völlig unproblematisch, dass man jenseits von Babys Appetit und Verdauung – »Heute wollte er wieder kaum seinen Brei essen, fast eine halbe Stunde hab ich gebraucht, bis ich ein paar Bissen in ihm drin hatte«, »Aha« – kaum noch ein gemeinsames Thema hat. An diskussionswürdigen kulturellen Aktivitäten wie Kino, Theater, Konzert nimmt man nicht mehr teil und von seinem »Stress« im Büro will sie auch nichts hören.
10.4. ist es für eine glückliche Beziehung völlig unproblematisch, dass Mama von Tag zu Tag unzufriedener wird,
10.4.1. weil Mama immer noch keinen Kindergartenplatz hat und deshalb die Tage in öffentlichen Sandkästen totschlägt.
10.4.2. weil Papa jeden Abend später nach Hause kommt und es dann natürlich nicht mal schafft, auch nur die Spülmaschine auszuräumen.
10.4.3. weil Mama ihrer früheren Figur nachtrauert.
10.4.4. weil Papa neulich angedeutet hat, dass auch er Mamas früherer Figur nachtrauert.
10.4.5. weil Mama gerne wieder ihr eigenes Geld verdienen würde.
10.4.6. weil Papa neuerdings behauptet, Mama würde zu viel von »seinem« Geld ausgeben.
10.4.7. weil Mamas früheren Job jetzt diese ehrgeizige Ziege aus der anderen Abteilung macht, die, die sich früher schon so beim Chef eingeschleimt hat.
10.4.8. weil Papa schon wieder befördert wurde und für die 100 Euro, die er seitdem netto mehr hat, jetzt natürlich auch an den Wochenenden regelmäßig im Büro vorbeischauen muss. Das sei so üblich in leitenden Positionen, hat er ihr neulich erklärt.
10.4.9. weil, und das ist wirklich der Gipfel der Gemeinheit, das gemeinsame Wunschkind seine unerklärlichen Launen – Tobsuchtsanfall, weil Mama das Toastbrot in der Mitte durchgeschnitten hat; Tobsuchtsanfall, weil Mama das Toastbrot schräg durchgeschnitten hat; Tobsuchtsanfall, weil Mama das Toastbrot nicht durchgeschnitten hat; Tobsuchtsanfall, weil zu wenig Leberwurst auf dem Toastbrot ist; Tobsuchtsanfall, weil zu viel Leberwurst auf dem Toastbrot ist; Tobsuchtsanfall, weil keine Leberwurst auf dem Toastbrot ist – immer nur an Mama auslässt. Dabei ist es doch Mama, die jeden Tag klaglos das gemeinsame Wunschkind durch den Park fährt, damit sein Gehirn genug frische Luft bekommt. Und Mama ist es auch, die jede Nacht klaglos aufsteht, wenn das gemeinsame Wunschkind im Schlaf mal wieder seinen Schnuller verloren hat. Womit also hat diese Mama, die tagein, tagaus alles erdenklich Gute zu tun versucht, obwohl sie nicht selten den einsamen Wunsch verspürt, das gemeinsame Wunschkind aus dem Fenster zu werfen und sich selbst gleich hinterherzustürzen, so viel Undank verdient?
10.4.10. während das gemeinsame Wunschkind bei Papa, der ja wohl nur noch durch Abwesenheit und Untätigkeit glänzt, immer zuckersüß ist.
Mann, hat das wehgetan, dachte sie, als das Kind nach 23 Stunden, die ihr noch länger vorkamen als die letzten eineinhalb Wochen, endlich seinen Weg durch ihren Geburtskanal gefunden hatte. Aber das Schlimmste habe ich jetzt zumindest hinter mir. Jetzt bricht ein glückseliger Lebensabschnitt an.
Als sie drei Jahre später das gesamte Ausmaß ihres Irrtums bemerkt hatte, wurde es höchste Zeit, sich zu trennen.
Engel wie wir
W er nie des Nachts um zwei aus seinem warmen Bette stieg, um dem merkwürdig vollmundigen Ruf eines Kindes »Mama, mir ist schlecht« zu folgen, wer nie die folgenden Stunden damit verbrachte, dem Kind Mund, Hals, Haut und Haare zu waschen und es ins eigene Bett umzubetten, wer nie würgend
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