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Wir Tiere: Roman (German Edition)

Wir Tiere: Roman (German Edition)

Titel: Wir Tiere: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Torres
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Muskeln und Sehnen an den Unterarmen, die Adern in seinen Händen, die lockigen Haare, die sich auf seiner Brust ausbreiteten. Er war wie ein Tier, unser Vater, kräftig und körperlich und instinktiv; seine Schultern breit und kurvig, wir alle, jeder Einzelne, auch Ma, hatten schon darauf gesessen und geritten. Mas Schultern waren klein und führten von ihrem winzigen Vogelhals weg. Sie war kaum größer als eins fünfzig und so leicht, dass selbst Manny sie heben konnte, und wenn Paps sie zerbrechlich nannte, dann meinte er manchmal, dass wir besonders auf sie achtgeben sollten, und manchmal, dass sie leicht zerbrach.
    Paps stellte sich hin und pinkelte, und wir sahen seinen stämmigen, fleischigen Penis, sahen, wie dunkel seine Haut dort war, sahen den starken Urinstrahl, lang und laut und beißend. Ma drehte sich um; wir sahen, dass sie ihn beobachtete. Er zog den Reißverschluss zu, stellte sich hinter sie, schob seine Hände unter ihren BH , und Fleischhügel rollten und malmten zwischen seinen Fingern. Das machte uns ganz schwindlig, weil es Ma schwindlig machte, obwohl sie ihn davonschob. Sie spielten miteinander, und keiner wollte aus dem Bad gehen, keiner wollte kämpfen oder planschen oder den Augenblick zunichtemachen.
    Paps lehnte an der Wand und sah zu, wie Ma sich wieder in ihr Geschirr zwängte; er grinste und knurrte. Wir beobachteten ihn, wie er zuschaute, wir sahen seinen Hunger, und er wusste, dass wir das sahen und verstanden. Er zwinkerte uns zu; er wollte uns wissen lassen, dass sie ihn glücklich machte.
    »Das ist mein Mädchen«, sagte er und gab ihr einen Klaps auf den Po. »So eine gibt’s nicht noch mal.«
    »Die holen sich noch eine Lungenentzündung«, sagte Ma, also fischte Paps uns einen nach dem anderen aus der Wanne und rieb uns trocken. Er schnappte sich unsere Knöchel und rieb die Fußsohlen, und wir mussten uns zum Abstützen an seiner Schulter festhalten oder uns in eine Hand voll Afrolocken krallen. Er wischte mit dem Handtuch zwischen unseren Zehen, in unserer Poritze, unter den Armen, kitzelte uns, tat aber so, als würde er gar nicht begreifen, was denn daran so kitzlig wäre. Er rieb uns so lange die Köpfe trocken, bis sie schmerzten und uns schwindlig war.
    War Paps mit einem von uns fertig, legte er unsere Handfläche auf seine. Zu Joel und Manny sagte er nichts, aber meine Hand hielt er ein wenig länger hoch, besah sie sich genau und nickte.
    »Du bist gewachsen«, sagte er, und ich grinste, streckte den Rücken und hielt triumphierend die Schultern breit.
    Ma und Paps unterhielten sich über unsere Körper und wie schnell wir uns veränderten; sie rissen Witze, sie müssten noch ein paar Jungs machen, um uns zu ersetzen. Wir schauten zu; sie sahen einander in die Augen, neckten und lachten; ihre Worte waren warm und weich, und wir schmiegten uns an die Sanftheit ihrer Unterhaltung. Wir alle waren zusammen im Bad, in diesem Augenblick, und nichts war falsch. Meine Brüder und ich waren sauber und satt und hatten keine Angst vor dem Großwerden.
    Noch immer in Handtücher gewickelt, stiegen wir wieder in die leere Wanne, und unsere Eltern taten so, als würden sie es nicht bemerken. Wir sahen, wie sie so taten, und fanden es toll. Wir schoben den Duschvorhang zu, drückten uns aneinander und schauten uns mit weit aufgerissenen, wachen Augen an.
    »He, warte mal«, sagte Paps in gespielter Überraschung, »wo sind denn die Jungs hin?«
    Wir drückten uns die Fäuste gegen die Wangen, um nicht loszuprusten.
    »Ach herrje«, sagte Ma. »Die sind einfach verschwunden.«
    Wir drückten uns noch enger zusammen. Unsere Knie zitterten vor Anspannung. Sie würden uns finden. Vielleicht würden sie uns erschrecken, den Vorhang zurückreißen und »Hab euch!« rufen. Vielleicht würden sie uns packen und durchkitzeln; vielleicht würden sie sich anschleichen, auf den Wannenrand steigen und über den Vorhang linsen, bis wir es bemerkten. Vielleicht würden sie wie Dinosaurier brüllen, vielleicht würden sie uns verschlingen. Vielleicht würde Paps Joel unter einen und Manny unter den anderen Arm nehmen, und vielleicht würde Ma mich packen und mich im Kreis schwingen lassen, aber was auch immer, wir würden entdeckt werden, meine Brüder und ich, wie wir da zusammen kauerten; sie würden uns an sich reißen und uns hochheben und in die Arme nehmen und festhalten.
    Aber dann suchten sie gar nicht nach uns; stattdessen fanden sie sich gegenseitig. Wir hörten sie knutschen und

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