Wir Tiere: Roman (German Edition)
uns auf der Treppe vorbei und streckte dem Mann die Hand hin, schüttelte sie einmal fest und sagte laut: »Morgen!«, direkt in sein Gesicht.
»Sind das deine?«
»Sagt jedenfalls meine Frau immer.«
Der Mann kauerte sich hin. Er runzelte die Stirn.
»Na, wenigstens seid ihr nur halb so hässlich wie euer Vater.«
Wir waren halb so hässlich, halb so dunkel, halb so wild. Erwachsene beugten sich andauernd vor und meinten, wir müssten dieses wohl von Ma und jenes wohl von Paps geerbt haben. Wir drei schauten über den Mann hinweg zu Paps, der einfach nur dastand. Er warf uns einen Blick zu, den wir schwer deuten konnten, aber er war ernst, sehr ernst.
»Was ist das denn alles?«, fragte der Mann und zupfte an einer Ecke meines Schlafsacks.
Ich sah Joel an, der neben mir stand; Joel sah Manny an.
»Hör mal, Mann«, sagte Paps. »Lass uns reden.«
»Hat euer Dad euch auf dem Boden schlafen lassen?«
»Ich sagte, lass uns reden.«
Der Mann erhob sich zu voller Größe.
»Reden?«
Paps griff in die Tasche, zog die Autoschlüssel heraus und legte sie auf Mannys Bündel. »Bring deine Brüder ins Auto«, sagte er leise, »und lasst nichts fallen.«
Er drehte sich zu dem Mann um und sagte: »Was denn? Du kannst mit meinen Kindern reden, aber nicht mit mir?«
Wir quetschten uns vorn in den Wagen, knieten auf dem Beifahrersitz, stellten unsere Ellbogen auf das Armaturenbrett und stützten unsere Köpfe mit den Händen. Wir linsten durch die Scheibe zu der Treppe hinüber, wo Paps und der andere Mann rauchten und gestikulierten. Paps zielte mit einem Finger auf den Mann oder auf uns im Wagen oder in den Himmel, und der Mann hielt meistens seine Hände fest, drehte die Handflächen nach oben, drückte sie an seine Brust und schob die Luft von sich fort. Rauch und Qualm stiegen aus ihren Mündern, und der Kaffeebecher stand unberührt auf der niedrigen Mauer.
»Paps knallt ihm eine, was wetten wir?«, fragte Manny.
»Schaut euch den Kerl an«, sagte Joel. »Der Mann da will keinen Kampf.«
»Er ist eingeschlafen«, sagte ich.
»Wer?«
»Paps. Er ist eingeschlafen.«
Joel und Manny hörten auf, um die beste Position zu rangeln, und besahen sich Paps genauer.
»Ist nicht unsere Schuld, oder?«, fragte Joel.
»Ein bisschen«, antwortete Manny. »Ein bisschen ist’s immer unsere Schuld.«
Paps ging zum Kaffeebecher des Mannes und haute ihn runter, holte weit aus, so als wollte er ihn weit wegschleudern. Wir sahen, wie die braune Flüssigkeit in einem Bogen herausspritzte und auf das Pflaster platschte. Der Mann sah Paps mit zusammengekniffenen Augen an, schüttelte den Kopf, spuckte auf den Boden, ließ ihn stehen und ging hinein.
Als Paps die Wagentür öffnete, waren Manny und Joel schon auf den Rücksitz geklettert und hatten sich angeschnallt, versuchten, sich unsichtbar zu machen, doch Paps drehte sich um, packte Mannys Haare und sagte: »Schlüssel!«
Manny gab ihm die Schlüssel.
»Wenn ich sage los, dann geht ihr auch los, verstanden?«
Keiner antwortete.
Er ließ Manny los, drehte sich zu mir um, kniff mich am Kinn und bohrte seine Finger in meine Wange. »Verstanden?«
»Ja, Sir.«
Wir fuhren schweigend nach Hause, und jeder von uns fuhr mit den Fingern über die beschlagenen Scheiben. Als wir fast da waren, hatte Manny den Mut zu fragen: »Wirst du jetzt gefeuert?«
Paps lachte – ein schnelles, hässliches Bellen.
Manny versuchte es noch mal.
»Was hat denn der Mann überhaupt zu dir gesagt?«
»Was glaubst du wohl?«
Paps schlug gegen das Autodach. Der Krach schreckte uns auf, und wir rechneten mit noch Schlimmerem, doch nichts geschah.
»Mann, das sagt er immer – ›Was glaubst du wohl?‹«, sagte Manny mit zu lauter, höhnischer Stimme, aber Paps schien ihn nicht zu hören; er fuhr weiter.
»Ja«, sagte ich. »Das hat er letzte Nacht auch gesagt. Bei dem Licht.«
»Was für Licht?«
»Das Licht in dem Käfig vor dem Fenster. Ich fragte, ob er es befreien kann, und er hat gesagt: ›Was glaubst du wohl?‹«
Joel dachte lange darüber nach, hatte wie ein richtiger Grübler eine Hand unter den Arm geklemmt, die andere unterm Kinn. »Und was glaubst du ?«, fragte er.
»Darum geht’s doch gar nicht«, sagte Manny.
»Ich wette, er kann es befreien«, sagte Joel zu uns beiden. Er packte die Rückenlehne des Fahrersitzes, beugte sich vor und fragte Paps: »Ich wette, du kannst das Licht befreien, oder, Paps?«
Paps räusperte sich und schluckte schwer, sagte aber
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