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Wir tun es für Geld

Wir tun es für Geld

Titel: Wir tun es für Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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Laufunruhe?«
    »Selbstverständlich, Ines. Der Transrotor muss sich erst mal eine Stunde drehen, damit er in perfektem Gleichlauf ist. Was glaubst du, was der für ein Trägheitsmoment hat?«
    »Ich kann es kaum erwarten.«
    »Und wenn sich die Boxen erst richtig warmgespielt haben…«
    »HUATSCHA!«
    »Oh, hörst du? Selbst dein Niesen klingt anders, seit die Resonatorschalen an der Wand sind. Die Bässe, viel akzentuierter.«
    Mir ist nicht so wichtig, was wir tun. Ich will nur in Ines’ Nähe sein und mich um sie kümmern. Was für ein Schlag muss das für sie gewesen sein. Und je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr packt mich die Wut. Vanessa. Alles klar. Sie verfolgt ein großes Ziel: Ines am Boden. Warum? Was hat sie ihr getan? Ich werde sie zur Rede stellen. Noch heute.
    »Ich hab jetzt den einen Gold-Resonator ein bisschen tiefer gehängt. Wenn du noch mal niesen musst, werden wir gleich hören, dass…«
    »Ähm, was ganz anderes, habt ihr nicht langsam Hunger?«
    »Oh ja, stimmt.«
    »Ich auch.«
    »Macht ruhig weiter, ich kümmere mich drum.«
    Heute rufe ich den Pizza-Service. Die beiden sind eh nicht vom Sofa wegzubekommen, und da ist das noch die sauberste Lösung. Während ich auf das Klingeln warte, wandert weiter eine audiophile Kostbarkeit nach der anderen auf die Luxusbohrinsel. Unser Wohnzimmer erstickt in Harmonie, aber die beiden haben immer noch nicht genug. Alle möglichen Kombinationen aus Ines’ und Ekkeharts Hifi-Schätzen werden zusammengestöpselt. Es ist, als würden die beiden Anlagen Hochzeit feiern. Und natürlich werden auch die Resonatorschalen an den Wänden weiter in alle möglichen Positionen umgehängt, und jedes Mal verbessert sich der Raumklang angeblich noch ein bisschen mehr. Das Ergebnis aller Tests wird am Ende natürlich sein, dass Ekkeharts Anlage mit Ekkeharts Plattenspieler am allerbesten klingt, aber das müssen sie sich jetzt erst einmal hart erarbeiten. Sie probieren, mit einem Forscherdrang wie zwei kleine Kinder, immer wieder von vorne los. Manchmal glaube ich, dass ich, wenn ich genau hinhöre, auch kleine Unterschiede im Klang erlausche, aber wahrscheinlich ist das nur Einbildung.
    Als die Pizzas da sind, muss ich Ekkehart und Ines fast füttern, damit sie überhaupt was in den Bauch bekommen. Wenigstens den Kaffee danach nehmen sie halbwegs selbständig zu sich. Ich weiß immer noch nicht, was in Ines vorgeht. Ist sie wirklich so hart im Nehmen? Lenkt sie sich nur ab? Und wenn ja, wie lange hält sie das noch durch? Ich will nichts lieber, als endlich mit ihr allein sein und reden. Ekkehart, elender Nerd, hau ab!
    Und Vanessa, Schlange! Ich fange an, sie zu hassen. Alle, die jemals schlecht über sie geredet haben, waren noch viel zu nett. Und ich finde und finde keine Erklärung. Was treibt sie an? Dass sie mich früher nicht abgeben wollte, okay. So einen wunderbaren Dummkopf findet man ja schließlich nicht alle Tage. Aber warum jetzt das? Es kann ihr nicht um Bernd gegangen sein. Das glaube ich nie und nimmer. Und wenn es nicht um Bernd gegangen ist, dann bleibt nur noch Ines. Wie eiskalt und gemein. Und wie sie mich eben auch noch angelächelt hat. Ich sehe es noch vor mir. Ich richte mich auf, sehe sie mit Bernd… sie mit Bernd… sie mit Bernd… Moment.
    Moment!
    In meinem Gedächtnis läuft ein kurzer Schwarzweißfilm ab. Der Ton ist schlecht, aber die Worte sind deutlich zu verstehen.
    »Du hast irgendwas vor, Vanessa?«
    »Kümmer dich nicht drum.«
    Nein!
    Sie hat es für mich getan.
     
    * * *
     
    Je mehr wir uns dem Abend nähern, umso mehr ist es nur noch Ekkehart, der sich in endlosen Elogen über den transrotoralen Klangzauber verliert. Ines hat sich inzwischen die blaue Decke genommen und zu mir gekuschelt. Normalerweise versteht Ekkehart solche Zeichen, aber heute ist er zu sehr im Ausnahmezustand.
    Ich bin immer noch wie gelähmt. Vanessa wollte mir also eine letzte Chance verschaffen, meine große Liebe zurückzugewinnen. Und dieser unglaubliche Zufall heute Morgen hat das Ganze ungeplant beschleunigt. Natürlich wollte sie Ines nicht demütigen. Sie wollte nur, dass sie und Bernd ihre kranke Moderne-Zeiten-Beziehung in die Tonne treten. Und dafür hat sie eben ihre klassischen Vanessa-Werkzeuge eingesetzt.
    »Hört ihr, wie sich die oberen Mitten nun noch mehr in die Höhe ausbreiten? Und wie die Tiefen gleichzeitig an Kontur gewinnen? Wenn ich jetzt noch eine goldene Resonatorschale…«
    »Sag mal, Ekkehart, willst du nicht

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