Wir vom Brunnenplatz
bestimmt Spiegeleier auf dem Pflaster braten«, sagte Hung. »Die Hitze staut sich hier richtig, weil die Häuser so dicht aneinandergebaut sind, dass fast gar kein Wind durchkommt. Außerdem wachsen hier kaum Bäume, und ohne Bäume kein Schatten.«
Das mit den Bäumen war mir noch gar nicht aufgefallen, aber er hatte recht. Um den Delfinbrunnen herum stand an jeder Seite nur jeweils eine Sitzbank mit einer Linde daneben. Die Bäume waren noch so jung, dass sie an drei Eisenstäben festgebunden waren. Manchmal saßen alte Damen dort und unterhielten sich. Jetzt war niemand da. Aber auch wir setzten uns nicht hin, weil wir sowieso nicht alle auf eine Bank passten. Und wir wollten schließlich nicht immer über den ganzen Platz brüllen, wenn einer den anderen etwas sagen wollte.
»Wollen wir das machen?«, fragte ich. »Spiegeleier auf den Steinen braten? Dann essen wir heute draußen Mittag!«
»Von eins bis drei ist aber Mittagsruhe.« Celina hatte schon wieder etwas auszusetzen.
»Du musst ja nicht mitmachen«, erwiderte Hung. Alle anderen wollten aber unbedingt, also zuckte Celina nur mit den Schultern und blieb.
»Dann geht jetzt jeder nach oben und holt ein Ei und ein bisschen Brot«, bestimmte ich. »In zehn Minuten sind wir alle wieder hier.« Ich war stolz auf meine gute Idee. Fast kam es mir ein bisschen so vor, als wäre ich jetzt mal der Boss.
Als wir zurück zum Brunnenplatz kamen, stand die Sonne so hoch über unseren Köpfen, dass nur ganz kurze Schatten an unseren Füßen klebten. Kerim schleppte einen großen Einkaufskorb an. Er hatte von seiner Mutter einen ganzen Karton mit sechs Eiern und ein rundes Fladenbrot bekommen, dazu sogar noch türkischen Kuchen zum Nachtisch für uns alle und eine Flasche Zitronenlimo. Und er hatte noch eine Überraschung mitgebracht.
»Rima!«, jubelte Emma und rannte auf Kerims kleine Schwester zu.
»Da staunst du, was?«, grinste Kerim. »Aber wir haben Glück. Gül macht gerade ihren Mittagsschlaf, und danach besucht meine Mutter mit ihr meine Tante, die auch ein Baby hat.«
Emma freute sich so sehr. Sie erzählte Rima alles, was wir in den letzten Tagen gemacht hatten, aber vor allem fragte sie sie über das Baby aus. Rima versprach ihr, dass sie bald einmal mit zu ihr kommen dürfe, um Gül zu sehen.
»Können wir mal anfangen?«, fragte Celina ungeduldig. Wir holten unsere Zutaten hervor und legten sie in unsere Mitte. Alle hatten ein Ei und ein paar Scheiben Toastbrot ergattert und Violetta hatte sogar zwei Eier geholt, weil Bennis Mutter noch bei der Arbeit war.
»Hat irgendwer von euren Eltern Fragen gestellt?«, wollte Hung wissen. Ich schüttelte den Kopf und sagte, Emma und ich hätten bloß gesagt, wir würden draußen ein Picknick machen. Da hat uns unsere Mutter an den Kühlschrank gelassen und weiter an ihrem Brief an einen Internetanbieter geschrieben, damit wir endlich einen Anschluss bekommen. Bei Violettas Mutter war es so ähnlich gewesen und Kerim hatte auch keine Probleme, weil die ganze Familie sowieso erst abends richtig zusammen isst. Celina sagte, ihre Eltern spielen gerade ein Computerspiel und hätten kaum gemerkt, dass sie nach Hause gekommen ist.
»Wo hast du denn Hammer gelassen?«, fragte Emma, und erst jetzt bemerkten wir alle, dass Celina den Hund nicht mehr dabeihatte. Celina sagte, Hammer habe sich in der Küche gleich auf seinen Wassernapf gestürzt und sich dann unter dem Esstisch zusammengerollt und sei eingeschlafen. Da hat sie es nicht übers Herz gebracht, ihn gleich wieder zu wecken und raus in die Hitze zu nehmen.
»Das ist sehr tierlieb von dir«, sagte Emma. Celina strahlte und sagte, sie habe noch extra einen Salzstreuer mitgebracht und Emma dürfe ihn zuerst benutzen.
»Sogar mit Salz!«, staunte Benni und machte so große Augen, dass ich fast Angst hatte, sie würden ihm gleich aus dem Kopf kugeln. »Das ist ja wie ein richtiges Essen!«
Wir alle konnten es kaum erwarten, endlich unsere Spiegeleier zu braten. Celina sagte, wir müssten uns einen Platz suchen, wo uns die Meckerliese nicht erwischen kann, aber trotzdem genug Sonne hinkommt, damit unsere Eier auch richtig schön brutzeln.
»Auf Autos geht es sogar noch besser«, meinte Hung. »Weil das Blech sich noch mehr aufheizt als die Steine. Aber das kann richtig Ärger geben, wenn uns der Besitzer erwischt.«
Eine ganze Weile lang liefen wir hin und her und suchten nach einer geeigneten Stelle, aber auf dem Brunnenplatz wäre es zu auffällig
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