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Wir waren unsterblich (German Edition)

Wir waren unsterblich (German Edition)

Titel: Wir waren unsterblich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimon Weber
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wohnen, wo ein Freund von dir aufgespießt wurde?“ Sein Gesicht schimmerte grün im Licht der Instrumentenbeleuchtung. Er starrte geistesabwesend über die Kühlerhaube. Ein paar einsame Schneeflocken sanken im Licht der Scheinwerfer auf den Asphalt. Plötzlich schlug er mit der flachen Hand auf das Armaturenbrett. „Mist! Das wird mir alles zu viel! Ich wünschte, ich könnte aussteigen. Oder nochmal von vorn anfangen.“
    „Geht nicht. Wir haben es verbockt“, sagte ich und fuhr los.

    Im Schritttempo lenkte ich den Wagen in das Wohngebiet. Wir passierten zuerst einen Supermarkt und kamen dann an einer Reihe offensichtlich neuer Häuser vorbei. Alles hatte sich hier völlig verändert, nichts erinnerte mehr an die riesigen Felder, den leer stehenden Bauernhof, den verwilderten Obstgarten. Die Büsche und Bäume in den Vorgärten duckten sich noch ganz mickrig unter der Last des Schnees, doch als wir in eine schmale Seitenstraße einbogen, erkannte ich die Birken sofort wieder. Sie standen in einer schnurgeraden Linie und waren seit damals um etliche Meter gewachsen. Da, wo früher in ihrer Mitte die Hofeinfahrt gewesen war, blickten wir jetzt auf einen Kinderspielplatz. Mit Schaukeln und Klettergeräten, auf denen sich die Schneekristalle zu kleinen Kuppen häuften.
    „Sieh dir das an“, sagte Markus. „Er wohnt nicht nur in der Nähe des Bauernhofs, sein Haus steht direkt auf dem Gelände.“
    Seit Jahren war es mir gelungen, diese Gegend zu meiden. Um ihr nicht zu nahe zu kommen, hatte ich sogar große Umwege in Kauf genommen. Jetzt wieder hier zu sein, auch wenn nichts mehr außer ein paar Birken an damals erinnerte, versetzte mich einen Augenblick in Panik. Meine Finger krallten sich in das Lenkrad und ich atmete ein paar Mal konzentriert ein und aus. Markus hatte sich nach vorn gebeugt und starrte an mir vorbei auf den verwaisten Spielplatz, als befürchtete er, dass sich dort in der nächsten Sekunde unsere Vergangenheit materialisieren würde.
    Ich parkte den Wagen in einiger Entfernung. Mir war wohler dabei, wenn die Nachbarn nicht auf ihn aufmerksam wurden.
    Leos zweistöckiges Haus zeugte von Wohlstand. Unter einem Carport parkte ein großer BMW. Der Plattenweg zur Haustür war sorgfältig vom Schnee geräumt worden. Die Schaufel lehnte neben der Fußmatte mit einem aufgedruckten Marien-käfer. WILLKOMMEN! stand über seinem freundlichen Antennengesicht. Die Hausnummer stimmte, aber der Name über dem Klingelknopf war uns unbekannt und mir fiel ein, dass Leo den Familiennamen seiner Frau angenommen hatte. Leo öffnete fast augenblicklich. Er musste unser Kommen beobachtet haben. Er wirkte viel offener als bei unserem letzten Zusammentreffen auf dem Friedhof, umarmte uns sogar kurz, dann stemmte er die Arme in die Hüften. „Ihr habt euch kaum verändert.“ Leo tätschelte seinen Bauch, der deutlich über den Hosenbund ragte. „Im Gegensatz zu mir.“
    Markus und ich standen im Flur, der Schnee an unseren Schuhen schmolz und hinterließ kleine, schmutzige Pfützen auf den hellen Fliesen. Er führte uns ins Wohnzimmer. Es war riesig. Moderne, grellbunte Gemälde hingen an den Wänden, ein Aquarium blubberte leise und erinnerte mich sofort an Töffel. Aber Leo hielt sich keine Sumpfschildkröten, sondern große, farbige Fische, die im grellen Neonlicht majestätisch zwischen Korallen umherschwammen. Es gab viel Chrom und noch mehr Marmor im Raum. Alles wirkte so, als müsste Leo sich selbst und allen Gästen ständig seinen Wohlstand vor Augen führen. Ich konnte es ihm nicht verdenken, seine Jugend verbrachte er in peinlicher Geldknappheit.
    Vor dem offenen Kamin stand ein halbrundes Ledersofa. Das knisternde Feuer warf zuckende Lichtreflexe auf die Gläser und Flaschen auf dem Beistelltisch. „Macht es euch gemütlich und bedient euch.“ Leo deutete auf die Flaschen. „Ich weiß nicht, ob ihr Cognac oder irischen Whisky mögt, aber im Kühlschrank steht auch noch Bier. Leider konnte ich nichts zu Essen vorbereiten. Meine Frau ist für ein paar Stunden bei ihren Eltern und meine Kochkünste ... .“
    „Wir sind nicht zum Essen gekommen“, fiel ihm Markus heftig ins Wort. „Warum hast du ausgerechnet hier gebaut? Wie kannst du dich hier überhaupt wohl fühlen?“
    „Das Grundstück war günstig. Als Bauunternehmer kenne ich mich da schließlich aus.“ Er verstummte und goss sich einen Cognac ein. Das intensive Aroma des Alkohols schwängerte sofort die Luft. Leo trank das Glas mit einem

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