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Wirrnis des Herzens

Titel: Wirrnis des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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einziges Kind.
    »Ich kenne dich jetzt schon so lange. Ich habe dich sogar schon gefühlt, als du noch im Bauch deiner Mutter warst. Ich kenne all deine Spielchen - zumindest dachte ich das bis heute. Warum nur hast du diesen Lord Beecham zum Essen eingeladen? Dieser Mann hat unzählige Gesichter, und die meisten davon sind gefährlich.«
    Helen hob die Hand und legte sie für einen Moment an die Wange ihres Vaters. »Ich habe Champagner bestellt.«
    »Nun, dann sehen wir wenigstens, ob dieser Kerl ein echter Mann ist. Wenn er lieber diesen widerlichen Weinbrand trinken will, werfe ich ihn auf der Stelle höchstpersönlich hinaus.«
    »Ich werde dir mit meinem Schuh assistieren.«
    »Du machst dich über mich lustig, mein Mädchen. Warum hast du ihn eingeladen?« Langsam durchschritt Helen den Raum. Ihr Vater war noch einen guten Kopf größer als sie. Sie konnte es kaum erwarten zu sehen, wie Lord Beecham, den Kopf in den Nacken gelegt, vor ihm stehen würde. Sie ging zu dem reizenden kleinen Bogenfenster des Salons hinüber und zog den Vorhang zurück. Der Mai war wunderbar, sogar hier in London, jedenfalls heute. So viele Leute liefen umher, und alle waren in Eile. Hoffentlich wussten sie, wo sie hin wollten, denn manchmal war das gar nicht so einfach.
    »Ich habe etwas mit ihm vor, Vater. Aber ich kenne ihn einfach noch nicht gut genug. Ich möchte wissen, was du von ihm hältst. Wenn du willst, dass ich ihn nie mehr wiedersehe, sag es mir, und ich setze ihn vor die Tür.«
    Der Baron zog die buschig weißen Augenbrauen zusammen. »Ich habe viel von Lord Beecham gehört. Er scheint ein ehrenwerter Mann zu sein. Obwohl er ebenfalls als Satyr bekannt ist. Immerhin ist er groß - und reich aber das kümmert dich ja wohl nicht. Hast du vor, ihn zu heiraten, Nell?«
    »Du weißt doch, dass ich nicht heiraten will, Vater.«
    Er schaute sie eine Weile nachdenklich an und wandte sich dann ab. Über die Schulter hinweg sagt er noch: »Ich werde zwei Flaschen Champagner bestellen.«
    Natürlich hatte er vergessen, das Essen und den Champagner zu bestellen. Sie lächelte und klingelte nach Flock, dem Butler. Flock, so klein, dass er bequem unter ihren Arm passte, verstand seine Kunst. Er hätte selbst den Prinzregenten angemessen bedienen können. »Miss Helen, mir kam zu Ohren, dass Lord Beecham ein sehr intelligenter Mann sei«, sagte er, während er die Teetassen abräumte.
    »Ja, das habe ich auch gehört, Flock.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde mich mit ihm unterhalten, während ich ihn zu Ihnen führe. Wenn er mich überzeugt, gebe ich Ihnen einen Wink. Überzeugt er mich nicht, öffne ich das Fenster, sodass Lord Prith ihn hinausschleudern kann.«
    »Das könnte ich genauso gut tun, Flock«, sagte Helen sanft.
    »Da bin ich mir ganz sicher, aber Sie wollen sich doch eines Trottels wegen nicht ihr elegantes Kleid zerknittern.«
    »Da haben Sie Recht, Flock.« Sie konnte es kaum erwarten, ob es der Wink oder das offene Fenster sein würde.
    Am Tag der Einladung verbrachte Helen mehrere Stunden damit, sich herzurichten, und als Flock Lord Beecham endlich ankündigte, war sie schon mehrmals im Salon auf und ab gegangen. Warum nur war sie so nervös? Es war absurd.
    Flock gab ihr den Wink, und das Fenster blieb geschlossen.
    Lord Beecham, in einem Abendanzug, der seine arrogante Art noch unterstrich, schlenderte in den Raum und kam auf Helen zu. Er verbeugte sich ihre Hand haltend, berührte sie dabei aber nicht weiter. Dann wandte er sich lächelnd Lord Prith zu, um auch ihm die Hand zu reichen.
    »Ich hatte bereits vor einiger Zeit einmal das Vergnügen, Sie auf einem Fest zu sehen. Darf ich nach der Größe Ihrer Frau Gattin fragen?«
    »Ach, meine süße Mathlida. Als ich sie zum ersten Mal traf, war sie noch ein zierliches, kleines Persönchen. Bei unserer Heirat ging sie mir gerade bis zu den Ellbogen. Aber mit den Jahren ist sie gewachsen, um mit unserer Helen mithalten zu können. Wie groß war deine Mutter, Helen?«
    »Meine Mutter, Lord Beecham, war noch gut drei Zentimeter größer als ich. Als junge Frau streifte sie durch England und hinterließ eine Spur von Nobelmännern, die um sie geworben hatten. Dann traf sie meinen Vater und gab das Reisen auf.«
    »Es ist wie mit dir, Nell«, sagte Lord Prith und fügte dann für Lord Beecham hinzu: »Es gibt so viele Männer, die meine Kleine heiraten wollen. Leider nur sind die meisten zu klein gewachsen. Sie sehen Helen und fallen in Ohnmacht.

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