Wissen auf einen Blick - Philosophen
Camus nicht, denn er glaubte nicht an Gott.
Der italienische Renaissancemaler Tizian (1490–1576) stellt in seinem 1548–49 entstandenen Gemälde die Bestrafung des Sisyphos dar, der immer wieder einen schweren Fels den Berg hinaufschieben muss (Öl auf Leinwand, Museo del Prado, Madrid). Die Erfahrung der Absurdität des menschlichen Daseins – versinnbildlicht in der Sagengestalt – faszinierte und beschäftigte Camus ein Leben lang
.
(c) Interfoto, München
Im Reich der Zeichen
Roland Barthes (1915–1980)
Viele Denker des 20. Jahrhunderts beschäftigten sich intensiv mit einer der wichtigsten Erfindungen der Neuzeit, dem Automobil. Der französische Philosoph Roland Barthes sah darin sogar das moderne Äquivalent der Kathedrale. Er verehrte den Automobildesigner Flaminio Bertoni als modernen Kirchenbaumeister und das Citroën-Modell DS 19 als sein Meisterwerk. Die DS (gesprochen déesse, franz. „Göttin“) sei „offenkundig vom Himmel gefallen“, schrieb Barthes 1957. Dank großer, gewölbter Glasflächen wirkt der Wagen ungewöhnlich leicht und elegant. Barthes sah darin das Zeichen einer neuen, besseren Zeit.
Mythen des Alltags
Das Auto war für Barthes mehr als ein Gebrauchsgegenstand, denn unsere Welt sei eine Welt der Bedeutung. Die uns umgebenden Gegenstände erfüllen nicht nur ihren Zweck, sondern sind zugleich mit Bedeutungen aufgeladen. Ein Auto wie die DS ist nach Barthes gleichzeitig Gebrauchs- und Bedeutungsgegenstand. Sie erfüllt die Funktion der Fortbewegung und steht darüber hinaus als Zeichen für die Zukunft. In seiner Bedeutungsanalyse beschäftigt Barthes sich mit solchen Zeichen und ihrer Wirkung. Barthes versteht seine universale Zeichenlehre („Semiotik“) als Mittel zur Entschlüsselung der „Mythen des Alltags“, so der Titel einer seiner Schriften.
Ist eine Rose nur eine Rose?
Ein Beispiel für diese Analyse ist die Rose. Sie ist nicht nur eine Blume, sondern in der Sprache der Semiotik zugleich ein Signifikant, d. h. ein Element, das Bedeutung trägt. Verschenke ich zum Beispiel eine rote Rose, so zeigt sie meine Liebe zur beschenkten Person. Diese Bedeutung der roten Rose heißt in der Semiotik Signifikat. Erst die Verbindung von Bedeutendem (rote Rose) und Bedeutung (Liebe) ergibt nach Barthes das sinnhafte Zeichen. Sein Sinn entsteht aus der Verbindung von zwei Elementen, die zunächst in keinem zwingenden Verhältnis zueinander stehen; eine Rose muss schließlich nicht notwendigerweise „Liebe“ bedeuten. Dieses System nennt Barthes Objektsprache, und das Ziel seiner Zeichenanalyse ist die Entschlüsselung dieser Sprache.
Semiotik
Die Semiotik (nach griech. semeion, Zeichen) ist eine Fachrichtung an der Grenze zwischen Philosophie und Sprachwissenschaft. Sie beschäftigt sich mit der Bedeutung und Benutzung der Zeichen. Die von Roland Barthes verwendeten Begriffe „Signifikant“ (Bedeutendes) und „Signifikat“ (Bedeutung) gehen auf den Schweizer Sprachwissenschaftler Ferdinand de Saussure (1857–1913) zurück. Saussures Zeitgenosse Charles S. Peirce (1839–1914) erweiterte den Zeichenbegriff auf nichtsprachliche Symbole wie die Rose und unterschied dreierlei semiotische Beziehungen: die der Zeichen untereinander, die zwischen den Zeichen und ihrer Bedeutung sowie die zwischen den Zeichen und ihren Benutzern
.
Die rote Rose stehe nicht deswegen für die Liebe, weil der Schenkende ihr selbst diese Bedeutung gebe, und auch nicht, weil eine natürliche Verknüpfung zwischen der Rose und der Liebe bestehe, sondern aufgrund gesellschaftlicher Übereinkunft. Es könne durchaus Gesellschaften geben, in denen die verschenkte rote Rose eine andere Bedeutung habe, oder Zeichensysteme, in denen ein anderer Signifikant für das Signifikat „Liebe“ stehe. Das beste Beispiel für die Willkür der Zeichen aber ist die Sprache, denn weder die Zeichenfolge „R-O-S-E“ noch deren gesprochener Klang haben mit der Blume, die sie bezeichnen, etwas gemeinsam – außer der Bedeutung.
Der Gegenstand, der Barthes am meisten zum Nachdenken über Symbolik und die Modeerscheinungen seiner Zeit anregte, war das Modell DS 19 der französischen Automobilfirma Citroën. Ab 1955 in der Fertigung, fand das Auto schnell viele Anhänger, neben Barthes auch den ehemaligen Präsidenten Frankreichs Charles de Gaulle
.
(c) Interfoto, München
Der Begriff des Mythos
Roland Barthes (1915–1980)
Je nach Perspektive des Betrachters wird Barthes als Kritiker, Literaturwissenschaftler,
Weitere Kostenlose Bücher