Wissen auf einen Blick - Philosophen
zugleich seinen Respekt vor der Kunst als Alternative zur Wissenschaft und seine eigene Liebe zur Musik.
Wissenschaftstheorie
Wie unterscheidet sich die Wissenschaft von anderen Welterklärungsversuchen wie Philosophie oder Religion? Woran erkennt man ein gutes wissenschaftliches Modell? Sollen wir uns auf unsere Sinne oder lieber auf die Vernunft verlassen? Anhand solcher Fragen beschäftigt sich die Wissenschaftstheorie mit den Voraussetzungen, Prinzipien, Zielen, Methoden und nicht zuletzt auch mit dem Wahrheitsbegriff der Wissenschaft. Die Wissenschaftstheorie geht dabei weitgehend unabhängig von den Inhalten der Einzelwissenschaften vor
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In seiner Autobiographie „Killing Time“ (dt. „Zeitverschwendung“) schildert Feyerabend seinen Kindheitstraum von einer Laufbahn als Opernsänger, die der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zunichte machte.
Kreativität und Wissenschaft
Nach überstandenem Kriegsdienst stellte er seine Kreativität in den Dienst der Wissenschaftstheorie. Anders als manche seiner Anhänger wollte Feyerabend die Methoden der Wissenschaft jedoch nicht abschaffen, sondern ihren relativen Charakter hervorheben. Was heute richtig sei und weiterhelfe, könne morgen schon zur Sackgasse werden. Insofern ist sein „Anything Goes“ vor allem ein Aufruf, sich des eigenen Verstandes ohne Rücksicht auf die herrschende Meinung zu bedienen. Feyerabend ermutigt zu einem Denken, das auch Widersprüche aushält. Sein Kreativitätsbegriff umfasst den Abschied vom „Entweder-Oder“ und das Bekenntnis zum „Vielleicht“.
Feyerabend gilt als der Anarchist unter den Philo sophen. Er sah durchaus Parallelen zwischen der bewussten Abgrenzung künstlerischer Subkulturen vom kulturellen Establishment und seinem eigenen Kampf „wider den Methodenzwang“. In der Berliner East-Side-Gallery finden sich auf über einem Kilometer Länge spontane politische Graffiti – ganz im Sinne Feyerabends
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(c) dpa/Picture-Alliance, Frankfurt
Die Macht der Worte
Michel Foucault (1926–1984)
Der amerikanische Sprachwissenschaftler Benjamin Lee Whorf (1897–1941) kam aufgrund seiner vergleichenden Sprachstudien zu dem Schluss, unsere Sprache bestimme unsere Wahrnehmung und unser Denken. Der französische Philosoph Michel Foucault geht einen Schritt weiter und behauptet, unser Sprechen, unser „Diskurs“, bestimme nicht nur unser Denken, sondern auch unser Handeln.
Wahnsinn als Studienobjekt
Der von Foucault geprägte Begriff „Diskurs“ (nach lat.
discursus
, Rede) bezeichnet das sprachliche Ganze der Begriffe und Äußerungen in einem bestimmten Bereich. In seiner Doktorarbeit „Wahnsinn und Gesellschaft“ (1961) beschäftigt sich Foucault zum Beispiel damit, wie verschiedene historische Epochen mit dem Phänomen Geisteskrankheit umgegangen sind. Er kommt zu dem Schluss, dass die jeweilige Art, über Wahnsinn zu sprechen und zu schreiben, direkt mit der Behandlung der Wahnsinnigen verknüpft ist. So stellt Foucault unter anderem fest, dass der Wahnsinn zeitweilig als etwas betrachtet wurde, über das sich eigentlich gar nichts sagen lasse. Das Verhältnis gesunder Menschen zu geistig Behinderten sei folglich durch betretenes Schweigen und Wegschauen geprägt gewesen. Eine solche Prüfung der Sprache auf ihre Folgen für das Handeln nennt Foucault „Diskursanalyse“. Die diskursive Praktik, z. B. die Aussagen über den Wahnsinn, stehen nach Foucault in direkter Beziehung zu den nichtdiskursiven Praktiken, z. B. dem Umgang mit den Wahnsinnigen in der Nervenheilanstalt.
Diskurs als Sprachregelung
Der Diskurs ist nach Foucault das in der Sprache erscheinende Wirklichkeitsverständnis einer Gesellschaft oder Gruppe. Die Regeln des Diskurses bestimmen, so Foucault, was man sagen kann und darf, was man nicht sagen soll und von wem es wie gesagt werden soll. Foucault unterscheidet thematische Diskurse wie das Sprechen über Wahnsinn von institutionellen Diskursen wie dem kollektiven Sprechen einer Behörde oder Bürokratie. Darüber hinaus könne auch die Expertensprache eines Berufsstands oder einer wissenschaftlichen Fachrichtung als Diskurs bezeichnet werden. Die Diskursanalyse zeige, dass Diskurse niemals rein sprachliche Phänomene seien, denn ein Diskurs sei niemals neutral. Einerseits sei er ein Produkt der bestehenden Herrschaftsverhältnisse, präge andererseits aber auch unsere Vorstellungen und fördere dadurch bestimmte Interessen. Die Realität selbst werde durch den Diskurs erzeugt und strukturiert.
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