Witwe für ein Jahr (German Edition)
zurück, wie sie es sich gewünscht hatte. Arthur Havelock landete als Lehrer irgendwo in Schottland, in dem Land, in dem er und Anna sich kennengelernt hatten. Doch auch wenn Eddie mit Kaffee und Dounuts , ohne es zu wollen, ein Happy-End für die Havelocks herbeigeführt hatte, bedankten sie sich bei ihm nie für dieses peinliche Buch; tatsächlich sprachen sie nie wieder ein Wort mit ihm.
So ziemlich die einzige Person, die an Kaffee und Dounuts Gefallen fand, war ein Mensch, der sich als Robert Anderson, Jahrgang 1935, ausgab; der vorgebliche Autor von Tea and Sympathy schickte Eddie einen geschliffenen Brief, in dem er zum Ausdruck brachte, daß er sowohl die beabsichtigte Hommage als auch die beabsichtigte Komik verstanden habe. (Für Eddie war es vernichtend, daß der Hochstapler hinter Robert Andersons Namen in Klammern »Nur Spaß!« geschrieben hatte.)
Eddie war schlechter Laune, als er an jenem Samstag neben dem Muschellasterfahrer auf dem Oberdeck der Fähre den Long Island Sound überquerte. Fast als könnte er nicht nur seine sommerliche Affäre mit Penny Pierce voraussehen, sondern auch den erbitterten Brief, mit dem sie auf Ferienjob reagieren sollte. Die Marion-Figur, die sie als Penny-Figur mißverstand, mißfiel ihr gründlich.
Fairerweise muß man sagen, daß Mrs. Pierce schon lange vor der Lektüre von Ferienjob von Eddie enttäuscht war. Im Sommer 1960 schlief sie drei Monate lang mit ihm, also fast doppelt so lang wie Marion, aber bei ihr brachte es Eddie nicht annähernd auf sechzigmal.
»Weißt du, was mir gerade einfällt?« fragte der Lasterfahrer. Damit Eddie ihm auch wirklich zuhörte, hielt er seine Bierflasche über die schützende Wand des Brückenhauses hinaus; der Wind in der Flasche hörte sich an wie ein tutendes Signalhorn.
»Nein, was denn?« fragte Eddie.
»Das Frauenzimmer, das dich abgeholt hat«, sagte der Fahrer. »Die in dem rosa Pullover. Die dich mit diesem schnuckligen kleinen Mercedes abgeholt hat. Du warst doch nicht der ihr Assistent, oder?«
Eddie zögerte. »Nein, der von ihrem Mann«, sagte er. »Ihr Mann ist der Schriftsteller.«
»Na, der hat’s gut!« meinte der Fahrer. »Aber versteh mich recht. Ich schau andere Frauen nur an, rummachen tu ich nicht. Ich bin fast fünfunddreißig Jahre verheiratet, mit meinem Schatz von der High-School. Wir sind ganz glücklich, denk ich mal. Sie sieht nicht toll aus, aber sie ist meine Frau. Das ist wie mit den Muscheln.«
»Ich verstehe nicht ganz …«, sagte Eddie.
»Die Frau, die Muscheln … ich meine, ist vielleicht nicht besonders aufregend, aber es haut hin«, erklärte der Mann. »Ich wollte meine eigene Transportfirma, wenigstens meinen eigenen Laster. Für einen anderen Kerl fahren, das ist nichts für mich. Früher mal hab ich alles mögliche durch die Gegend gekarrt. Aber das war ganz schön happig. Wie ich gesehen hab, daß ich mit den Muscheln allein auch über die Runden komm, war es leichter. Ich bin sozusagen in die Muscheln abgerutscht.«
»Verstehe«, sagte Eddie. Die Frau, die Muscheln … Eine gequälte Analogie, egal, wie man sie formulierte, dachte der zukünftige Romanautor. Es wäre unfair zu behaupten, daß Eddie O’Hare als Schriftsteller auch »in die Muscheln abgerutscht« war. So schlecht war er auch wieder nicht.
Wieder hielt der Lasterfahrer seine Bierflasche aus dem Windschatten des Brückenhauses; jetzt, wo sie leer war, klang das Tuten tiefer als zuvor. Die Fähre, die sich dem Anleger näherte, verlangsamte ihre Fahrt.
Eddie und der Muschellasterfahrer gingen ans vordere Ende des Oberdecks, wo ihnen der Wind ins Gesicht blies. Eddies Eltern winkten wie verrückt vom Pier; ihr Sohn winkte pflichtschuldig zurück. Sowohl Minty als auch Dot weinten. Sie umarmten einander und wischten sich die tränennassen Gesichter ab, als wäre Eddie wohlbehalten aus einem Krieg zurückgekehrt. Statt wie üblich peinlich berührt zu sein oder sich wegen des hysterischen Verhaltens seiner Eltern zumindest ein bißchen zu schämen, erkannte Eddie, wie sehr er sie liebte und was für ein Glück es war, solche Eltern zu haben, Eltern, wie Ruth Cole sie nie erleben würde.
Dann setzte das übliche knirschende Mahlen der Ketten ein, an denen die Landungsbrücke der Fähre heruntergelassen wurde; die Schauerleute verständigten sich schreiend über den Krach hinweg. »War nett, mit dir zu reden, Junge!« rief der Lasterfahrer.
Eddie warf einen, wie er glaubte, letzten Blick zurück auf das
Weitere Kostenlose Bücher