Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin
Steuervergünstigungen, es gibt einfach niemanden, dem man den gebauten Wohnraum verkaufen könnte – die Preise sind exorbitant, und Arbeit gibt es in Sotschi nicht einmal für diejenigen, die dort schon lange leben. Auf den Baustellen wurden alle von Gastarbeitern verdrängt. Viele Gebäude wurden immer noch nicht fertig gebaut.
Mehr noch: Wie sich »plötzlich herausstellte« (was in der Oeconomia putina oft vorkommt, weil eine strategische Planung auf allen Beinen hinkt oder völlig fehlt), wird es in der Stadt während der Olympiade keinen Strom geben. Dazu sagte der ehemalige Minister Boris Nemzow, der in Sotschi geboren, aber nicht Bürgermeister der Stadt wurde:
In der Stadt fällt schon seit vielen Jahre ständig der Strom aus … Die Gründe dafür sind mangelnde Kapazitäten, alte Leitungen und ständige Einstürze auf dem Gebirgspass Drushba-Sotschi.
Im Wissen darum wollte die Regierung in Adler ein Wärmekraftwerk mit einer Kapazität von 360 Megawatt bauen, das Wärmekraftwerk von Sotschi modernisieren und dabei seine Kapazität auf 160 Megawatt erhöhen und in Kudepsta ein Wärmekraftwerk mit 360 Megawatt bauen. Die ersten beiden wurden gebaut … Also liegt die Kapazität jetzt bei 540 Megawatt.
Die Stadt verbraucht zu Spitzenzeiten ungefähr 500 Megawatt. Im Prinzip sind die beiden Kraftwerke für die Stadt ausreichend. Aber nur, wenn man die olympischen Objekte nicht mit einrechnet. Die olympischen Objekte sind wahnsinnige Energiefresser. Sie verbrauchen über 650 Megawatt, also mehr als die gesamte Stadt mit ihren 500 000 Einwohnern. Auf diese Weise wird man während der Olympiade und auch danach über 1100 Megawatt verbrauchen. Die eigenen Kapazitäten reichen nicht einmal für die Hälfte.
Selbst wenn ein Wunder geschieht und man das Wärmekraftwerk von Kudepsta bauen sollte, wogegen sich Umweltschützer und die Bewohner der Stadt aussprechen, reicht das System nicht aus, und man wird Strom von außen über den Gebirgspass Drushba–Sotschi benötigen. Im Februar gibt es wegen der starken Winde und Vereisungen auf dem Gebirgspass ständig Einstürze – das ist der Grund für den regelmäßigen Stromausfall.
Damit ist folgendes Szenario am wahrscheinlichsten: Wegen der fehlenden Kapazitäten wird man in der Stadt während der Olympiade im Dunklen bei Kerzenlicht sitzen, während die Wärmekraftwerke von Sotschi und Adler die Olympiade ausleuchten. Aber Sotschi ist noch nicht einmal die größte Finanzkatastrophe in Putins Russland. 2007 vereinbarten der damalige russische Präsident Dmitri Medwedew und der Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow ein Programm für die Neubewaffnung der russischen Armee – zu Kosten von 23 Trilliarden Rubel, also fast 600 Milliarden Euro. Worin das Programm bestehen soll, wurde bisher nicht verlautbart. Aber eines ist klar: Das hehre Ziel, den militärisch-industriellen Komplex des untergegangenen Imperiums zu erneuern, kann nicht erreicht werden, weil die russische Rüstungsindustrie hoffnungslos veraltet ist und keine moderne Technik herstellen kann. Beispiel dafür sind die zahlreichen glücklosen Starts von brandneuen Weltraumsputniks, welche die sowjetische Technologie in einer unverhohlen parodistischen Variante beerbt haben, sowie der skandalösen Rakete Bulawa, über die man nur gleichzeitig lachen und weinen kann.
Alternativlos werden die 600 Milliarden Euro also für den Import von Waffen ausgegeben, die man in den USA und den EU-Ländern kaufen wird, vor allem in Deutschland und Frankreich.
2010 hat Russland bereits für einen solchen Präzedenzfall gesorgt. Es kaufte von Frankreich vier Mistral -Korvetten. Nach einer der Versionen, die Licht ins Dunkel bringen sollen, wollte Dmitri Medwedew Nicolas Sarkozy damit helfen, die Wahlen in Frankreich 2011 zu gewinnen – der französische Präsident sollte die Werft in Nanterre, wo Mistral hergestellt wird, mit Arbeit überhäufen. 2012 stellte sich dann heraus, dass es in Russland für die Mistral -Korvette schlicht an Brennstoff fehlt. Dieser kann nur in Frankreich gekauft werden, wo mittlerweile Sarkozys ehemaliger Konkurrent, der Sozialist François Hollande, Präsident ist.
Vor diesem Hintergrund wirkt der Versuch des Beauftragten für die Rechte Minderjähriger in Russland, Pawel Astachow, einem ehemaligen Anwalt vieler Popstars, an die 20 Milliarden Dollar für die Umsetzung eines Verbots der Adoption russischer Waisen durch Ausländer zu erhalten, nicht mehr ganz so seltsam.
Bei alldem
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