Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin
Pressekonferenzen als auch außerhalb – hat uns Putin zu verstehen gegeben: Ja, ich bin ein einfacher Mensch, aber immerhin hatte ich Russland beim Übergang vom 20. zum 21. Jahrhundert vor dem Zerfall zu retten! Das war ich, klein und still, und nicht der gewaltige und laute Recke Jelzin! Und ist es nicht dieser spontane, zeitweise aufkommende und dann wieder auf ebenso rätselhafte Weise verschwindende Glaube an die Vorsehung, die Putin einflüsterte, 2012 an die Macht zurückzukehren, was den Interessen vieler einflussreicher Eliten widersprach und unseren Helden für den aktiven Teil des russischen Volkes in eine unannehmbare Figur verwandelte, in einen »langweiligen Ehemann«?
Kapitel 3: Die KGB-Legende – James Bond oder der Schneider von Panama?
Nach der offiziellen Version, die gleichzeitig eine Legende ist (in der russischen Politik waren diese zwei Wörter schon immer Synonyme), wird behauptet, Putin habe seit seiner Kindheit vom KGB geträumt, und zwar nachdem er die Spionage-Kultserie Siebzehn Augenblicke des Frühlings gesehen und eine Vorstellung von den allmächtigen Geheimdiensten entwickelt habe.
Die zwölf Folgen der Serie wurden erstmals 1978 im sowjetischen Fernsehen ausgestrahlt. Der Protagonist ist ein Maulwurf, ein sowjetischer Spion, der sich als Standartenführer Stierlitz ausgibt, jedoch nach seinem sowjetischen Pass, den er tief in einem Moskauer Safe verbirgt, Maxim Maximowitsch Issajew heißt und den Rang eines Obersts trägt. Julian Semjonow, der Autor dieser Geschichte, war ein einflussreicher sowjetischer Journalist, der Gerüchten zufolge in enger Verbindung mit dem KGB der UdSSR stand.
In Wirklichkeit konnte Stierlitz-Issajew mit dem Komitee für Staatssicherheit gar nichts zu tun haben. Als Maulwurf, das heißt als nomineller Deutscher und Diener des Dritten Reichs, hätte er für die sowjetische Aufklärung arbeiten müssen. Dennoch hielt die Mehrheit der sowjetischen Fernsehzuschauer, die sich nicht allzu gut mit den Nuancen des Aufbaus und der Organisation der Geheimdienste auskannten, Stierlitz traditionell für einen KGB-Mann.
Die Schwarz-Weiß-Serie wurde unglaublich aufwendig gedreht – besonders was die nationalsozialistische Symbolik und die Uniformen betraf. Nach der Erstausstrahlung von Siebzehn Augenblicke des Frühlings fanden in den großen sowjetischen Städten Fanclubs der Hitler’schen Symbolik zusammen, die im Bann des Stylings à la Hugo Boss standen. Das altersschwache sowjetische Regime bekam davon jedoch nicht allzu viel mit. In dieser Periode der sowjetischen Geschichte litt das Regime an einer krankhaften Unterschätzung der Ästhetik und weigerte sich beharrlich, deren mögliche Überlegenheit über die Ethik in Betracht zu ziehen, ganz zu schweigen von den Vorteilen der Schönheit gegenüber einem System sowjetischer ideologischer Dogmen, die so trist waren wie das Novemberwetter.
Eine besondere Augenweide war der Protagonist selbst – Stierlitz in der Darstellung des legendären sowjetischen Schauspielers Wjatscheslaw Tichonow. Hunderttausende von Frauen in der gesamten Sowjetunion verliebten sich nach Siebzehn Augenblicke in Tichonow. Man überschüttete ihn mit romantischen Briefen. Nach offiziellen biografischen Angaben machte die Serie auf Putin den größten und unauslöschlichen Eindruck. Angeblich diente sich WWP sogar aus eigener Initiative bei den Sicherheitsorganen an. Dann kam er in die angesehene Erste Hauptabteilung des KGB der UdSSR (Außenabwehr) und wurde nach Dresden gesandt, als Direktor des sowjetischen Kulturhauses auf der Radeberger Straße.
Es gibt übrigens auch andere Versionen, die nicht weniger überzeugend wirken. Putin hat nie unmittelbar in der Aufklärung gedient – er war der sogenannten Fünften Hauptabteilung des KGB der UdSSR zugeordnet, die sich dem Kampf gegen Andersdenkende und der politischen Fahndung verschrieben hatte. Und Putins Hauptfunktion in Dresden war die Bespitzelung von sowjetischen Dienstreisenden und Studenten.
Ein schönes Märchen erzählt, dass Putin nach dem Fall der Berliner Mauer angeblich das Sowjetische Kulturhaus in Dresden vor Pogromen und Plünderungen bewahrt hat. Aber das ist wohl tatsächlich nur ein Märchen. Der KGB-Karriere des 37-jährigen Majors drohte Ende der 1980er-Jahre das Aus, als er sich mit einem DDR-Bürger namens Klaus Zuchold anfreundete. Sie tranken zusammen Bier, trieben Sport, plauderten über dies und jenes. Und dann stellte sich Ende 1989 heraus, dass
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