Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin
Zuchold nicht nur für die Stasi arbeitete, sondern auch für den BND.
Zuchold gab dem westdeutschen Geheimdienst die Namen von fünfzehn Mitarbeitern der Geheimdienste der UdSSR preis, die er von niemand anderem als Putin erfahren hatte. Unseren Helden rettete nur der nahende Zerfall der UdSSR. Er wurde aus Dresden abkommandiert und bekam eine offenkundig erniedrigende Tätigkeit zugewiesen – als Assistent des Prorektors Juri Moltschanow an der Leningrader Universität. Und wäre die Sowjetunion nicht zusammengebrochen und hätte es nicht Anatoli Sobtschak gegeben, wäre Putin bis heute nicht mehr als ein kleiner Bediensteter.
Dennoch ist Putins wichtigster DDR-Freund, über den es gesondert zu sprechen gilt, ein anderer: Matthias Warnig. Der 57-Jährige ist heute eine der einflussreichsten Personen nicht nur auf dem russischen Energiesektor, sondern auch in der russischen Politik im weitesten Sinne. Warnig, den nach der geläufigsten Version 1990 ausgerechnet Klaus Zuchold mit Wladimir Putin bekannt gemacht hat, ist heute Mitglied des Direktorenrats des Energieunternehmens Nord Stream. Nord Stream setzt eines der Lieblingsprojekte von Putin im Energiebereich um – die Gasleitung Nordstrom, die auf dem Grund der Ostsee verläuft. Damit kann Russland als Gasexporteur endlich seine Abhängigkeit von den Transitländern Ukraine und Belarus abschütteln, die ständig versuchen, Putin ihre zusätzlichen Bedingungen zu diktieren. Darüber hinaus ist Warnig nicht-leitendes Mitglied der Bank Rossija, nicht-leitendes Mitglied des Direktorenrats der VTB Bank, der Firma Rosneft und UC RUSAL von Oleg Deripaska(Nr. 14 auf der Forbes -Liste)sowie Aufsichtsratsvorsitzender der Transneft.
Wie die Zeitschrift Forbes schreibt, hat Matthias Warnig bei der Hauptverwaltung Aufklärung der DDR gedient, die den Ruf hatte, eine der besten der Welt zu sein. Nachdem er für das Wachregiment Feliks Dzierżyński rekrutiert worden war – in die Eliteeinheit des Ministeriums für Staatssicherheit –, hatten die Anwerber der Stasi Interesse an dem stämmigen jungen Mann aus einer gebildeten Familie gezeigt. Nach seinem Wehrdienst immatrikulierte er sich an der Hochschule für Ökonomie (daher sein Spitzname Ökonom). In seiner freigegebenen Stasi-Akte, die Journalisten des Wall Street Journal einsehen durften, steht geschrieben, er habe in einem fünfjährigen Kurs gelernt, wie man in das westliche Bankensystem eindringt.
Danach wurde er ein ausgezeichneter Anwerber, der »methodisch keine Ideologie, sondern seine Freundschaften« nutzte, um andere zur Mitarbeit zu bewegen, erklärte sein ehemaliger Vorgesetzter. Und tatsächlich, unter dem Deckmantel einer Handelsvertretung in Düsseldorf stellte Warnig schnell die nötigen Kontakte her, unter anderem zur Dresdner Bank, und machte wertvolle Dokumente zugänglich.
Warnigs Anwalt stritt ab, dass sein Mandant die Absicht gehabt habe, in die Dresdner Bank einzudringen. Doch Mitarbeiter der Stasi-Unterlagenbehörde konnten einen Teil der bei der Liquidierung des Ministeriums für Staatssicherheit gelöschten Festplatten mit seinen Berichten wiederherstellen.
Als Deutschland wiedervereinigt wurde, bekam Warnig einen Posten bei der Dresdner Bank. 1990 stellte ihn der damalige Vorstand Bernhard Walter ein, der damals für die Aktivitäten der Bank in Osteuropa zuständig war. Auf Nachfrage von Forbes verweigerte Walter eine Antwort, und im Interview mit dem Manager Magazin 2005 behauptete er, von der Geheimdienstvergangenheit des »Referenten aus dem Wirtschaftsministerium der DDR« nichts gewusst zu haben; Warnig habe sich ihm erst einige Jahre später offenbart. Als 1995 das Verfassungsgericht die ehemaligen Agenten aus der Verantwortung für ihre Spionage entließ, hatte sich die Frage endgültig erledigt.
1991 fuhr der Mitarbeiter der Dresdner Bank nach Sankt Petersburg, um die Eröffnung einer Vertretung vorzubereiten. Dafür nutzte Warnig seine Bekanntschaft mit Putin, dem Vorsitzenden des Komitees für Außenbeziehungen der Stadtverwaltung, das über die Genehmigung für die Eröffnung von Büros ausländischer Firmen zu entscheiden hatte.
Mit der Zeit verdichteten sich die Beziehungen zwischen Warnig, der Dresdner Bank und Putin und nahmen einen privateren Charakter an. Die Bankergattin Irene Pietsch, Ljudmila Putinas deutsche Freundin, erinnert sich in ihrem Buch Heikle Freundschaften. Mit den Putins Russland erleben, wie Letztere 1994 einen schweren Autounfall hatte. Sie
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