Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin
Polina, die Tochter von Jelzins Schwiegersohn Walentin Jumaschew, der grauen Eminenz im Kreml. Man nannte ihn daraufhin verdientermaßen »Chefschwiegersohn« und »doppelter Schwiegersohn«. Doch zum Ende des letzten Jahrzehnts wurde offenbar, dass die elitäre Ehe bröckelt. 2011 wurde die Frage nach einer Scheidung von Oleg und Polina hochaktuell. Umso mehr, als Jumaschews Tochter schon einen neuen Freund hatte – Dmitri Rasumow, Top-Manager der Firma ONEKSIM, die von Michail Prochorow kontrolliert wird, einem Minderheitenaktionär von UC Rusal und Deripaskas Gegner. In diesem Fall brauchte man Warnig als Schutzschild und als direkten Kommunikationskanal zu Putin.
Aber das ist alles nur Geschäftemacherei, wenn auch in großem Maßstab. Von einer Wiedergeburt sowjetischer Geheimdienste auf russischem Territorium kann auf keinen Fall die Rede sein. Damit erinnert der amtierende Präsident der Russischen Föderation mit seiner KGB-Geschichte eher an Harry Pendel aus John le Carrés bekanntem Roman Der Schneider von Panama als an James Bond, den Geheimdienst-Superman Ihrer Royal Highness.
Bekanntlich wird Harry Pendel, ein Schneider, der Anzüge für den Präsidenten der zentralamerikanischen Republik Panama näht, von der britischen Aufklärung angeworben, die ihm mit kompromittierendem Material konfrontiert: dem Beweis, dass der Schneider entgegen eigener Aussagen nie ein Atelier in der Londoner Savile Row betrieben habe – dem Gral der Schneiderkunst. Lange Zeit gibt sich Pendel als Spion aus, der scheinbar vertrauliche Informationen bezüglich des Präsidenten von Panama liefern kann, tatsächlich aber nur seine Kleidergröße kennt. Schließlich gelingt es Pendel, seinen Anwerber davon zu überzeugen, er kontrolliere ein Netz von Aufständischen, die den Verkaufsvertrag des Panamakanals an China zunichtemachen und durch die Organisation der Verschwörung viel Geld bekommen könnten. Nur durch ein Wunder schlägt die Situation nicht in einen Krieg um.
Zur Außenaufklärung hatte Putin immer ein vorsichtiges, argwöhnisches, zeitweise auch herablassendes Verhältnis. Vermutlich ging er sogar davon aus, der russische Auslandsnachrichtendienst (Nachfolger des PGU im KGB der UdSSR) habe Artjom Borowik die Papiere über seine Kindheit ausgehändigt. Denn eine der ersten großen Kaderentscheidungen Putins als Präsident war im Mai 2000 die Auswechslung des Direktors für Außenaufklärung Wjatscheslaw Trubnikow (eine Kreatur von Jewgeni Primakow) gegen Sergei Lebedew (ehemaliger sowjetischer Resident in der DDR). Und 2007 machte Putin den Ex-Ministerpräsidenten Michail Fradkow (genannt Winnie Pooh) zum Chef der Aufklärung – für die Veteranen im Ruhestand war das nur ein schlechter Witz.
Unter Fradkow erreichte die Degradierung der russischen Außenaufklärung endgültig einen skandalösen Zustand: Es kam zum »Chapmangate« (benannt nach der lockeren Frauenperson und Spionin russischer Staatszugehörigkeit Anna Chapman), als einige Menschen, die in keinerlei Verbindung zur Außenaufklärung standen, von amerikanischen Geheimdiensten als russische Spione verhaftet wurden. Danach stellte sich heraus, dass man auf ihre Namen einfach nur große Summen abgeschrieben hatte, jedoch keiner von ihnen einer ernsthaften Spionagetätigkeit nachgegangen war. Die Mittel waren also einfach gestohlen worden. Ungeachtet dessen haben Moskau und Washington den Fall vertuscht, und Fradkow durfte absurderweise seinen Posten behalten.
Putin ist der Totengräber des echten sowjetischen KGB, er ist der schwarze Rächer, den die Geschichte auserkoren hat, den Geheimdienst mit all seinem totalitären Glanz zu Fall zu bringen. Wer das nicht versteht, kann weder Putins Vergangenheit noch seine Gegenwart oder Zukunft angemessen analysieren.
Kapitel 4: Auf der Suche nach einem Vater Teil 1 – Anatoli Sobtschak
Putin kehrte Anfang 1990 aus Dresden nach Leningrad zurück. Sein Arbeitsplatz war nun ein schmaler Tisch in einem kleinen Zimmer für drei Personen an der Leningrader Universität. Mit ihm im Raum saßen ebenfalls rangniedere und halb verabschiedete Offiziere des Geheimdiensts. Wie bereits dargelegt, war entgegen den offiziellen biografischen Darstellungen Putins unmittelbarer Vorgesetzter nicht der Rektor der Leningrader Universität, sondern der Prorektor für internationale Beziehungen Juri Moltschanow.
Unter Putins Präsidentschaft wurden Juri Moltschanow und sein Adoptivsohn Andrei zu einflussreichen Politikern und
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