Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin
Geschäftsmann in Russland. Er kann sich alles erlauben. Als Putin Präsident war, wurde Abramowitsch 2001 formal Gouverneur des Autonomen Kreises der Tschuktschen, der nordöstlichsten Region Russlands. In der Permafrostzone mit geringer Bevölkerungsdichte beträgt das mittlere Einkommen eines Erwachsenen nicht mehr als 50 Dollar im Monat. Seine staatlichen Verpflichtungen und die mit ihnen verbundenen Rituale hielten den Magnaten nicht davon ab, in London zu leben, sich Paläste, Flugzeuge und Jachten zu kaufen und Besitzer des Fußballclubs Chelsea zu werden.
Ungeachtet des Kinderglaubens vieler Beobachter, besonders jener aus dem Westen, Putin schätze einen derartigen Lebenswandel nicht, wurde Abramowitsch vom Kreml niemals kritisiert. Er war immer ein gern gesehener Gast, sowohl auf den pompösen Sitzungen des Staatsrats im Kreml als auch bei den informellen Empfängen Wladimir Putins in seiner Residenz Nowo-Ogarjowo. Und im Herbst 2012 bat der russische Präsident Roman Abramowitsch, sich als Vermittler im Streit zwischen den Aktionären der größten Metallurgiegesellschaft Russlands, der Aktiengesellschaft Norilski Nickel, zur Verfügung zu stellen. Die beiden Haupteigner, Wladimir Potanin und Oleg Deripaska, die über etwa gleich große Aktienpakete verfügen, konnten sich fünf Jahre lang nicht darüber einig werden, wie diese zu verwalten seien.
Nun erhielt Abramowitsch die Sperrminorität der Mega-Korporation, die es ihm ermöglichte, die Partner zu versöhnen und, falls erforderlich, ein schwerwiegendes Urteil auszusprechen, wer von ihnen in menschlicher Hinsicht im Recht war. Putin selbst hatte sich nicht entschließen können, als Vermittler aufzutreten, auch wenn die an diesem Streit Beteiligten das lange Jahre gehofft hatten.
Falls Abramowitschs ausdrückliche Ergebenheit gegenüber dem Judaismus keine Erfindung ist, wird er sicher für Putin beten, denke ich. Gerüchte darüber, dass der Tyrann dem Oligarchen zürnt, verbreitet in der Regel der Oligarch selbst: damit man ihn nicht allzu sehr beneidet. Und wenn doch mal jemand wirklich neidisch wird auf seinen Lebensstil, dann ist es Putin selbst. Denn der russische Präsident ist gezwungen, die vorsätzlich verschmutzten Gewässer des Schwarzen Meeres auf dem bescheidenen staatlichen Kutter Kawkas zu überschiffen.
Abramowitsch hingegen überquert den Weltozean auf Jachten des 22. Jahrhunderts. Im Sommer 2010 kam er zur Fußballweltmeisterschaft nach Südafrika auf einem »Kahn« , der kurz zuvor in der Hamburger Werft Blohm & Voss gebaut worden war. Die Eclipse misst 170 Meter Länge, und sie hat neun Decks und fünf Ausgänge, was sie zu einem der sichersten Ozeangefährte der Menschheitsgeschichte macht. Die Jacht ist sogar für den Fall eines großen Krieges gerüstet. Es gibt ein Raketenfrühwarnsystem sowie ein U-Boot und zwei Hubschrauber, falls jemand unerwartet die Flucht ergreifen muss. Ein besonderes Feature der Eclipse ist das »Antipaparazzi-System«, das jegliches Ansinnen aufdringlicher Fotografen, Genrebilder aus dem Leben Abramowitschs, seiner Familie oder von Gästen abzulichten, im Keim erstickt. Von derartigem Luxus kann Putin nur träumen.
Bereits 2004 wurde Abramowitschs Lifestyle zu einer europäischen Legende, und zwar während der Fußballeuropameisterschaft in Portugal. Er machte dadurch von sich reden, dass er jeden Abend in fünf verschiedenen Restaurants einen Tisch bestellte, aber nur eines von ihnen aufsuchte. Und für den Blumenschmuck im bekannten Lissaboner Lokal Gambrinus gab er 1 000 Euro aus, ohne überhaupt hinzugehen. 2009 wurde in amerikanischen Zeitungen eine Rechnung veröffentlicht, die ihm ein New Yorker Restaurant ausgestellt hatte. Vier Personen hatten für 50 000 Dollar gespeist, der Löwenanteil war für einen französischen Auslesechampagner ausgegeben worden.
»Putins Bruder« kann es sich hinter dem Steuer verschiedener Raritätsautos gut gehen lassen, wie zum Beispiel eines Ferrari FXX oder eines Rolls-Royce Corniche. Putin hingegen ist gezwungen, als scheinbar eingefleischter Autoliebhaber Reklame zu machen für die russische Billigmarke Lada Kalina, mit der er in Begleitung von Leibwächtern und Journalisten im Sommer 2011 durch Sibirien kurvte. Oder er muss das nicht existierende Hybridfahrzeug ё-mobil demonstrieren, die Erfindung eines russischen Geschäftsmanns, welche noch nicht produziert wird.
Auch wenn ich kein Paparazzo bin, habe ich trotzdem eine Story festgehalten. Es war
Weitere Kostenlose Bücher