Wo die coolen Kerle wohnen
dann kann man das Andere auch anders sein lassen – und den Unterschied genießen.
Kapitel 2 – Was Reiseprospekte so alles versprechen
Das übliche Rollenbild und seine Wirkung auf Midlife-Männer
Das Klischee vom Zenit seines Lebens
An den Hochglanzbildern der Werbung lässt sich unschwer ablesen, unter welch hohem Erwartungsdruck Männer in der Lebensmitte stehen. Denn diese inszenierten Bilder spiegeln unsere kollektiven Sehnsüchte und Ansprüche wider – und der Midlife-Mann hat darin ganz offensichtlich die Rolle des materiellen, emotionalen und erotischen Wunsch-Erfüllers zu spielen.
So strahlt uns sein Ideal aus Zeitschriften wie Men’s Health entgegen – vorzugsweise mit nacktem, trainiertem Oberkörper. Aber er lächelt auch im schmalen Business-Anzug von den Plakaten der Optiker und sieht mit seiner Designerbrille gegen die zunehmende Altersfehlsichtigkeit keinesfalls älter, sondern nur noch interessanter, erfolgreicher, attraktiver aus.
Fürsorglich-fröhlich agiert er in den Werbespots fürs Familienauto: Entzückende Kinder fragen: »Papi, womit fahren wir am besten?«, und der Papi-Mann trifft immer die richtige Entscheidung. Für einen Kombi, Van oder Off-Roader, in den außer der Mami-Frau, den Kindern auf ultrasicheren Kindersitzen, den Picknickkörben und Klappfahrrädern auch noch ein Hund passt. Meist ist es ein großer, tapsiger Golden Retriever, dem das Siegel »familienfreundlich« in den flauschigen Pelz gebrannt scheint – eine Auszeichnung, die die Hersteller solcher Familienkutschen auch für sich reklamieren. Aus den Schaufenstern der Banken blickt er uns anspruchsvoll, kritisch und verantwortungsbewusst an. Er weiß ganz genau, was er will.
Das sagen jedenfalls die Texte, die die Werbeagenturen ihren Models in den Mund gelegt haben: Der Mann in der Lebensmitte sucht gezielt den zinsträchtigsten Fonds, die beste Ausbildungsversicherung für die Kinder, die passgenaue Altersvorsorge, eine Hinterbliebenenrente für seine Lieben, den günstigsten Kredit für die Familienkutsche (siehe oben) oder die Familienresidenz.
Für Letzteren, den Erwerber von Wohneigentum, hält dann die Immobilienbranche weitere gern präsentierte Bilder parat: Darauf sehen wir den gestandenen Mann, wie er seine Altbaueigentumswohnung ökologisch saniert, am besten aber gleich das Einfamilienhaus mit Solarstrom und Pellet-Heizung ausstattet. Denn der Eigentümer mittleren Alters denkt aus Überzeugung nachhaltig, und er kann es sich leisten. Er stellt die Mittel bereit oder legt sogar selbst Hand an.
Gestaltet seinen Garten mit Apfelbaum, Tomatenstauden und Froschteich, baut für die Kinder den Bio-Sandkasten und für die Ehefrau eine Außenküche, wo sie sich beim Ausprobieren toskanischer Rezepte entfaltet, befreundete Kleinfamilien zum Essen einlädt oder mit ihren Freundinnen Prosecco schlürft.
Sind die Kinder schon aus dem Haus, sehen wir den Midlife-Mann als wundervoll zugewandten Lebenspartner: als Feinschmecker im Pariser Restaurant, wie er seiner Frau oder Freundin den besten Rotwein empfiehlt, als empfindungsfähigen Abenteurer, der auf dem Kamelrücken mit seiner Liebsten die Sahara durchstreift oder als kulturell interessierten Studienreisenden, der neben seiner Ehefrau unter der Sonne Griechenlands den Genius loci eines antiken Amphitheaters mit allen Sinnen in sich aufsaugt …
Im Focus der Werbestrategen
Es sind diese Werbebilder, Traumbilder, Wunschbilder, die die Sehnsucht nach dem Glück der mittleren Jahre nicht nur spiegeln, sondern auch verstärken. Der Midlife-Mann soll dieses – im wahrsten Sinne des Wortes – kostbare Glück erwirtschaften und seiner Frau, seinen Kindern bereitstellen.
Ihn und seine Lieben hat die Werbung im Visier. Denn die Menschen in der Lebensmitte sind für die Wirtschaft zur attraktivsten Zielgruppe geworden: Zum ersten Mal in der Geschichte stellen sie in Deutschland den größten Bevölkerungsanteil.
War im Jahr 2000 die Altersgruppe der 40- bis 60-Jährigen mit 27,3 Prozent noch etwas kleiner als die der 20- bis 40-Jährigen mit 27,4 Prozent, so haben sich bis 2010 die Verhältnisse massiv verschoben. Heute ist der Anteil der »Etablierten«, wie die Marktforscher uns nennen, auf 33,1 Prozent der Gesamtbevölkerung angewachsen, während der Anteil der jungen »Haushaltsgründer« nurmehr 21,6 Prozent beträgt.
Wir sind 33,1 Prozent! Der Anteil, der nun die obere Hälfte der Alterspyramide unserer Gesellschaft so ausbeult, dass von
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